Unsere Familie ist beim Thema 'höfliche Paparazzi' quasi erblich vorbelastet:
Während meine Oma bei jeder Gelegenheit erwähnte, sie habe damals 'im besten Schuhgeschäft von Kattowitz' gearbeitet, in dem die gesamte Prominenz der oberschlesischen Kohlenmetropole verkehrt habe (deren Namen unsereins natürlich nichts mehr sagen), erfreute mich mein Vater nahezu jeden Sonntag mit der Geschichte, wie Peter Alexander ihm sein teuerstes Schuhwerk versaut habe.
Ich möchte diese liebgewonnene Erinnerung aus meiner Kindheit daher gerne dem geneigten Publikum zur Kenntnis geben (wenn auch die Wächter der reinen Paparazzilehre bemängeln mögen, dass die Begegnung mit dem beliebten österreichischen Unterhalter nicht rein zufällig vonstatten gegangen sei):
Jeden Sonntag morgen gab es in unserer Familie das fußfetischistische Äquivalent zum Kirchgang: Mein Vater sammelte sämtliche Schuhe der Abstammungsgemeinschaft ein, um sie im heimischen Keller einer Säuberung zu unterziehen. Ich durfte ihm dabei stets assistieren. Beim Anblick eines bestimmten Paar Herrenschuhe hob er dann stets mit den Worten 'Diese Schuhe hat mir der Peter Alexander versaut!' an, die deutlich sichtbare Schramme von ca. 5 cm Länge auf dem rechten der beiden schwarzen Schuhe zu erläuteren. Ein Onkel, der über weitreichende Kontakte ins Schaugeschäft verfügte, hatte meinen Vater mit einer Freikarte für das Peter-Alexander-Konzert in die Düsseldorfer Philippshalle gelockt, wo die beiden Herren offensichtlich angetan der bunten Revue des Peter A. lauschten. Nach dem Konzert enpuppte sich das Paparazzi-Gen in meinem Vater als dominant, denn er stürmte auf die Bühne, wo Herr Alexander huldvoll Autogramme schrieb. Der Andrang der Verehrer und - innen war indes wohl so groß, das sich ein großes Hauen, Stechen, Knuffen und Puffen erhob. In diesem Tohuwabohu soll Herr Alexander nach den Worten meines Vaters ihm derart heftigst auf den rechten Schuh getreten haben, dass oben beschriebene lederne Narbe zurückblieb.
Ich habe mich immer gefragt, was der Herr Alexander wohl für Schuhwerk getragen haben muß, um solche deutlichen Spuren zu hinterlassen. Meinen Vater allerdings fragte ich nur, ob er denn schlußendlich ein Autogramm ergattert habe, was er immer bejahte, mit aber nie den Beweis vorlegte. In seinen Augen schien die Spur, die Peterchen auf seinem Schuh hinterließ, die weit anbetungswürdigere Reliquie zu sein als ein hastig hingekritzelter Namenszug.
Leider weiß ich nicht, wo der fragliche Schuh geblieben ist, denn nur allzu gerne hätte ich meine Kinder&Enkel jeden Sonntag mit dieser Geschichte zu verzückten 'Da Capo'-Rufen getrieben.
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