Respekt
Ich habe einen Nachbarn aus Daenemark, der erzaehlte mir gerade letzte Woche, wie er einmal einen Kongress als Gastgeber auszurichten hatte.
Es war in Lausanne und er lud seine drei Assistentinnen nach erfolgreicher Arbeit zum Dank am Vorabend des Kongresses zum Essen ein. Das Restaurant des Hotels, in dem sich auch das besagte Grossereignis abspielen sollte, strahlte an jenem Abend eine seltsame Leere aus.
Nur ein paar dunkle Gestalten lungerten herum, deren Funktion mein Nachbar mit einer einfachen Geste abbildete: er steckte die rechte Hand unter das linke Revers seines Jacketts und liess den ausgestreckten Zeigefinger sich deutlich durch den Stoff hindurch abzeichnen, gleichzeitig zog er die Augenbrauen zusammen, den Kopf in ruckartigen Etappen von links nach rechts schwenkend.
Mein Nachbar und die drei Assistentinnen nahmen damals dennoch Platz; immerhin konnte ihnen als so guten Kunden - ca. 250 Gaeste fuer mehrere Tage sollten auf ihre Rechnung gehen - niemand den Service verweigern.
Ploetzlich oeffnete sich die Tuer des Restaurants und es erschien Mobutu, genau, Joseph-Desire Mobutu, alias Mobutu Sese Seko Kuku Ngbendu wa za Banga, der Haeuptling von ehemals Kongoland, in Begleitung seiner drei Frauen (oder drei seiner Frauen).
Auch diese Vierergruppe nahm Platz.
Da geschah es, dass sich Praesident Mobutu, der konterrevolutionaere, eingeborene Statthalter der imperialistischen Interessen des Westens in Zentralafrika, zuruecklehnte und meinem Nachbarn seinen herrschaftlichen Blick schenkte.
Und hier glaube ich diesem volle Pulle, wenn er behauptet, dass dabei durch die Brille des Diktators eine seltene Mischung aus interessierter Verwunderung und kollegialer Anerkennung ihm entgegenleuchtete, ja gar Respekt.
(Beitrag wurde von elle otto am 28.02.2001 um 16:46 Uhr bearbeitet.)
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