Gestern Abend war ich mit meinem Freund verabredet, um in der „Passage“, in der Hamburger Mönckebergstraße den Film „Die Royal Tenenbaums“ anzuschauen. Wir hatten Karten vorbestellt, und waren deshalb schon um 19.30 Uhr da, um sie abzuholen. Also standen wir noch eine ganze Weile lang im Foyer rum und lasen, was dort so rumlag. Netterweise traf ich dann noch einen guten Freund, der mit einer Freundin in denselben Film wollte. Wie fast alle anderen auch, gingen die beiden schon eine Viertelstunde vor Filmbeginn in den Saal während wir noch weiter draußen standen. Als ich von meiner Lektüre einmal kurz hochschaute, war mir als sei gerade unser ehemaliger Bundeskulturminister Michael Naumann an uns vorbeigelaufen, mit einer Dame an seiner Seite. Dieser Mann allerdings war mit seiner Lederjacke so wenig michaelnaumannhaft gekleidet, dass ich nicht ganz sicher war. Von Harald Schmidt wurde er zu Amtszeiten ja auch stets (englisch ausgesprochen) Michael „Champagne“ Naumann genannt, aufgrund seiner teuren Anzüge und seines etwas elitären Habitus. Ich machte also meinen Freund darauf aufmerksam, der aber nur meinte „Na und, der muss ja auch mal ins Kino gehen.“
Kurz vor Filmbeginn gingen wir dann in den Saal und setzten uns zu den Freunden, denen ich gleich davon berichtete. Allerdings nicht sehr laut und ich erwähnte auch, dass ich nicht 100%ig sicher sein könne. Während ich das tat, wurde ich eines Pärchens gewahr, das von freien Stühlen flankiert genau hinter uns saß, aber nur so aus dem Augenwinkel für den Bruchteil einer Sekunde. Ich nahm aber dann einfach an, dass es sich um Michael Naumann und seine Begleitung handeln musste, denn sonst wäre es ja nicht peinlich gewesen. Dann schämte ich mich ein bisschen, rutschte tiefer in den Kinosessel und hoffte, dass sie nichts gehört hatten.
Beim Rausgehen konnte ich dann feststellen, dass es sich erstens tatsächlich um Michael Naumann handelte und dass er auch zweitens die ganze Zeit direkt hinter uns gesessen hatte.
Was ich aus der Zwischenzeit berichten kann: Michael Naumann kommentiert gerne lustig Werbung. Bei der Vodafone-Werbung, wo dieses Mädchen im Taxi sitzt und ihr Freund ihr per Handy einen Heiratsantrag macht, sagte er: „Also den würde ich nicht heiraten!“ Das fand ich in Ordnung, weil ich das auch schon mal gedacht habe.
Der Film selbst hat ihm wohl ziemlich große Freude bereitet. Er lachte oft und auch an Stellen, an denen sonst keiner gelacht hat und dann immer besonders laut. Einmal klatschte er sich vor Vergnügen sogar in die Hände. Er lachte z.B. auch laut (und als einziger) an der Stelle als Richie Tenenbaum seiner Schwester seine mit Rasierklingen enorm aufgeschnittenen blutigen Unterarme vor die Nase hält. Seine Begleiterin fing jedes Mal wenn eine dieser Dalmatiner-Mäuse durchs Bild lief an zu kichern, meinen Freund nervte das.
Als der Abspann zur Hälfte vorbei war, hörte ich ihn zu seiner Begleitung sagen: „Okay. Should we go?” Wer nun Michael Naumann googelt, stößt an vierter Stelle auf eine Rede (die ersten beiden Absätze kann man auch jetzt mal schnell lesen,
http://www.goethe.de/z/30/biblkonf/denaum.htm) von ihm, aus der klar wird, dass er gerne mal so ein paar Anglizismen einstreut.
Ob die Frau an seiner Seite allerdings Bibliothekarin war, kann ich nicht sagen. Unter seiner Lederjacke trug der Mann einen beigen Strickpullover mit Zopfmuster.
Den Film fand ich okay aber keinen Knaller. Einige Szenen waren bemerkenswert gut choreografiert.
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