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Thema: Huber, Lotti, Rosa von Praunheim und Helmut Berger

  1. #1
    der hausm Avatar von anko
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    Bis Anfang der 80er Jahre war ich aus meiner engeren Heimat, der Oststeiermark im Süden Österreichs, nie wirklich hinausgekommen. Ich studierte lustlos an der Grazer Universität Kunstgeschichte & Geschichte, arbeitete als Statist im Schauspielhaus und schrieb nebenbei für die 'Kleine Zeitung' - zwanzigzeilige Rezensionen über Performances in der Innenstadt, bei denen jemand mit der Motorsäge Äste von verkehrt herum aufgehängten Bäumen sägte und nachher sagte, es habe sich um das Stück 'Presents for Graz' gehandelt, im übrigen eine Uraufführung.
    Die Rettung kam in Gestalt eines engen Freundes (Martin). Er übersiedelte nach Hamburg, weil seine Frau Sängerin werden wollte und dort eine Lehrerin gefunden hatte. Der Freund redete ein halbes Jahr auf mich ein nachzukommen, bis ich schließlich im Wintersemester 1981 an die Alster zog.
    Als ich endlich in Hamburg eintraf, war der Freund von seiner Frau verlassen worden (wegen eines Braunschweiger Opernsängers). Deprimiert und unrasiert war er mit einem Kollegen (Bernd) zusammengezogen - beide arbeiteten als Kulturjournalisten beim Hamburger Abendblatt. Ich zog auch in die Wohnung.
    Um mir ein bißchen Geld zu verdienen, beschloß ich - nach langen Beratungen mit Bernd - im Februar 1982 nach Berlin zu den Filmfestspielen zu fahren, um von dort aus auf eigene Rechnung ein paar Haikus für die 'Kleine Zeitung' zu schreiben. Bernd versprach, mir zu helfen und mich in Berlin 'irgendwo unterzubringen'.
    Der Februar kam und wir fuhren mit dem Zug nach Berlin. Dort angekommen setzte mich Bernd in ein Taxi und meinte: 'Du wohnst die Woche über in der Leibnizstraße bei einer Freundin.' Als wir dort ankamen, empfing uns eine sehr kleine, lispelnde, ein pompöses Abendkleid (es war 12 Uhr mittags) tragende, überaus liebenswürdige alte Dame. Ihr Name, der mir damals nichts sagte, lautete: Lotti Huber.
    Bernd lud mich ab und verschwand. Von da an wußte ich nicht mehr, wie mir geschah und stolperte mit großen Augen durch die Woche. Erst mal durch die absurd riesige Altbauwohnung von Lotti Huber, in deren Zentrum sich ein Ballettsaal befand: ein riesengroßer, mit selbstgeschneiderten Kostümen von Lotti Huber vollgeräumter Ballettsaal, in dem sie manchmal einer Schülerin Unterricht gab. Alle in allem war die Wohnung wohl 300 Qudratmeter groß, verwinkelt und verwunschen und in einem völlig unaufgeräumten Zustand.
    Da mein Staunen über sie und ihre Wohnung unübersehbar waren, sagte Lotti Huber bald 'Na, mein Landei' zu mir. Dazu lächelte sie und begann lispelnd, eine von ihren unzähligen Geschichten über ihren verstorbenen Mann, den britischen Leutnant Huber, zu erzählen, mit gemeinsam sie in Zypern eine Bar geführt hatte. Manchmal lud sie mich zum Essen ein. Die Küche, ca. 30 Quadratmeter groß, war dunkel, überall stand ungewaschenes Geschirr herum. Wenn sie eine Tasse brauchte zog Lotti Huber eine aus einem Stapel und spülte sie ein wenig unter kaltem Wasser. Das Spiegelei aß ich mit äußerster Vorsicht, ohne die Gabel mit den Lippen zu berühren; stattdessen versuchte ich, das Ei mit den Zähnen vom Besteck zu bekommen, als würde das irgendwas gegen Salmonellen nützen.
    Lotti Huber bewohnte viele Zimmer - nur eines, das gleich bei der Eingangstür, hatte sie an Helmut Berger vermietet - nein nicht an DEN Helmut Berger sondern an DEN - also den österreichischen Theaterschauspieler, er damals bei Boy Gobert am Schillertheater den Amadeus in dem gleichnamigen Stück von Herrn Schaeffer spielte. Ich machte ein Interview mit ihm, von dem ich die Cassette noch besitze. Ich kann mich nicht mehr erinnern, worüber wir sprachen.
    Am ersten oder zweiten Abend meines Aufenthalts in der leibnizstraße tauchte ein gutaussehender Deutscher in Begleitung eines sehr gut aussehenden Amerikaners mit Sonnenbrille auf. Er sei Rosa, sagte man mir. Die drei interessierten sich überhaupt nicht für mich und beachteten mich nicht weiter; in ihrem Gespräch ging es, soweit ich folgen konnte, um irgendeinen Film, den sie miteinander machen wollten und um die Sexualprobleme von Rosa, der - wie Lotti Huber mir am nächsten Morgen beim Frühstück erklärte - irgendwie 'nicht spritzen' könne, weil was mit einer seiner Schwanzadern nicht stimme. 'Na, mein kleines Landei?', sagte Lotti Huber dann und schaufelte mir was vom Ei auf den schillernden Teller. Bei Rosa handelte es sich um den mir damals vollkommen unbekannten Rosa von Praunheim, wie man leicht erraten kann.
    Das einzige, in dem ich der Außergewöhnlichkeit meiner Umgebung etwas einigermaßen Adäquates entgegensetzen konnte, war meine Heiligkeit: Ich hatte damals dem Weltlichen abgeschworen und meditierte jeden Tag zwei Mal - morgens und abends je 20 Minuten. Als ich Lotti Huber sagte, ich wolle zu den beiden Zeiten nicht gestört werden, sah sie mich das erste Mal an, als sehe sie da einen Erwachsenen vor sich.
    Anko Ankowitsch

  2. #2
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    Beide Helmut Bergers sind Oesterreicher, sowohl der als auch DER.
    Aber sprich, kennst Du nicht jemanden, der Witta Pohl kennt?
    Und schaue mal an, was unterm Bernhard hängt, unterm Bernhardbeitrag meine ich, den 2. Beitrag.
    http://www.alles-bonanza.net/forum/s...threadid=10061

    (Beitrag wurde von tex am 10.01.2001 um 18:37 Uhr bearbeitet.)

  3. #3
    der hausm Avatar von anko
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    als ich 1981/82 in hamburg war, nahm mich mein freund martin zu einer nachbarin und deren beiden kindern mit, die er kennengelernt hatte und die in derselben strasse wohnten wie wir.
    der nachbarin haus war klein, verwunschen und vor dem wohnzimmerfenster schipperten winzige ausflugsdampfer vorbei, die sich da durchs gestruepp eines alsternebenarms pfluegten.
    martin, mein freund, stellte mich der nachbarin vor - wir verstanden uns sehr gut, und zwar so gut, dass ich als gelegenheitsaushilfsbabysitter fuer die beiden pubertierenden zwillinge eingesetzt wurde, waehrend meine nachbarin oefter weg war - auf dreh, auf tournee.
    abgeloest wurde ich durch ein aupair-maedchen, das ich mit dem auto der nachbarin vom hamburger hauptbahnhof abholte. ich war bereits auf dem parkplatz des bahnhofs derart ins gespraech mit ihr vertieft, dass ich beim zuruecksetzen die fahrertuere eines dicken mercedes einquetschte, der hinter uns stand (die nachbarin fuhr einen citroen, wenn ich mich recht entsinne). aufregung, krisen, telefonate auf flughaefen bzw. in theatergaredroben.
    wie immer in situationen absoluter unschuld, stolperte ich in hamburg (und berlin - siehe 1. posting) durch die gegend, traf bekannte persoenlichkeiten und bekam nichts mit.
    der name der nachbarin: witta pohl.
    von intimen dingen, die tex anspricht, weiss ich nichts zu berichten.
    anko
    (Beitrag wurde von anko am 10.01.2001 um 12:33 Uhr bearbeitet.)

  4. #4
    der hausm Avatar von anko
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    nachtrag zu lotti huber:
    einmal nahm mich lotti huber mit zum einkaufen. dazu kleidete sie sich in ein bodenlanges abendkleid, legte schweres makeup auf, schlang sich einen turban um den kopf und warf irgendwas mit pailletten besticktes fledermausartiges um (die klamotten stammten aus ihrer eigenen schneiderwerkstatt).
    hinter sich zog sie einen roten hackenporsche, also so ein kleines waegelchen, das zum gotterbarmen quietschte. mit der anderen hand hakte sie sich bei mir unter.
    da gingen wir also, lotti huber, sehr klein, ich, sehr gross, eine primadonna und ein landei - ich schaemte mich sehr, dachte ich doch, alle wuerden mich fuer den enkel der spekatulaeren dame halten. so kam es, dass ich mich an den rest des einkaufs nicht mehr erinnern kann.
    so long, anko

  5. #5
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    Turban!
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    Wieso macht mich dieses Textil so melancholisch?
    Man muss es sich nur oft genug, fuenfmal vielleicht, vorsagen, dann entwickelt es seinen ganz eigenen zaubrischen Reiz.
    Genauso uebrigens wie der Satz, den der Punk gesagt hat, als ich die Milch auf dem Parkplatz in Kassel verschuettet habe.
    Siehe Werner Buettner Kolumne, Beitrag 10 oder so, der mit der dokumenta-Frevlerei.
    Ist eigentlich irgendwo eine Turban-Renaissance in Sicht? Ich meine in unseren Breiten?
    Turban!
    TURBAN!
    TURBAN!

  6. #6
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    letztens hab ich eine Frau mit Turban gesehen, die sehr 'in' gewirkt hat. Vielleicht hast du Glück. Er war sogar rosa!!

  7. #7
    Member Avatar von Zazie
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    Anko oh Anko... ich beneide dich grenzenlos bis in alle Ewigkeit! Du hast tatsächlich bei Lotti wohnen dürfen... hast Lottis heilige Hallen von innen gesehen... hast mit Lotti essen dürfen... was hätte ich gegeben, um mich nur ein einziges Mal ausgiebig mit ihr unterhalten zu dürfen! Aber nein, mir war es lediglich vergönnt, Lotti dreimal live zu erleben, mit ihr an einem Tisch zu setzen, von ihr eine Fluppe geschenkt zu bekommen, mich mit ihr fotografieren zu lassen... und jetzt isse ja nich mehr...
    Gerne hätte ich einen ihrer Fummel ersteigert, aber zu der Zeit war ich ja nicht in Berlin. Also musste ich mich mit ein paar kleinen Schmuckstücken zufrieden geben (ist aber besser wie nischt).
    Ich bin keine Star-Anbeterin. Aber Lotti - sie war mein erstes und einziges Idol. Lotti lives!
    Zazie

  8. #8
    Embedded Senator Avatar von DerCaptain
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    Eine ganz großartige Perle, dankeswerterweise hochgewuchtet. Anko, ich sag nie wieder was über die neue Forumssoftware. Versprochen.
    ------------------
    'PROTECT ME FROM WHAT I WANT'


    (Beitrag wurde von DerCaptain am 12.07.2001 um 15:17 Uhr bearbeitet.)

  9. #9
    Member Avatar von Zazie
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    Ich hab schon immer gewusst, dass zwischen Lotti und mir eine Seelenverwandtschaft besteht. Anko, du hast es mir als Augenzeuge nochmal bestätigt. Meine Wohnung ist zwar kleiner, aber auch ziemlich chaotisch. Genies beherrschen halt das Chaos. Meine Küche ist wahrscheinlich nur ein Bruchteil derer von Lotti, aber meine unabgewaschenen Geschirrberge können sich durchaus mit ihren messen. 'Brauchte sie eine Tasse, spülte sie sie schnell ab'... oh ja, das kenne ich sehr gut!
    Warst du denn auch in dem berühmten Kabuff neben der Küche, in dem ihr letztes Buch entstanden ist?
    Ansonsten hätte ich mich 'mächtich jebumfidelt' (O-Ton Lotti) gefühlt, wenn ich mit ihr hätte einkaufen gehen dürfen und hätte man mich für ihre Enkelin gehalten. Insofern hoffe ich, dass Lotti, mittlerweile wahrscheinlich mit Engeleinsflügeln, sich mir irgendwann einmal als Geist mitteilt. Vielleicht fällt ja eines Tages ihr gerahmtes Autogramm von der Wand oder ihre Bücher fliegen aus dem Regal...
    Affengeil, affengeil, affengeil ist das Leben!
    Viele Grüße
    Zazie, Lottis legitime Nachfolgerin (doch doch, ganz bestimmt!)

  10. #10

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    Eigentlich bin ich gar kein Freund von Lotti Huber. Aber dank dieser Geschichte (die mein Liebling hier im Pap-Forum ist) muss ich mein Verhältnis zu ihr noch mal überdenken. Außerdem gehört dieser Faden an die Pole Position - und nicht der unsägliche Henscheid-Strang. So.

  11. #11
    Moderatorin Avatar von Frau H aus B
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    Ist Strangbeschimpfung die neue, pauschale Absnobmethode? - Ach so, 'unsäglich' bezieht sich auf den gereizten Tonfall im Henscheidstrang. Oder?
    (Beitrag wurde von Frau H aus B am 13.07.2001 um 15:04 Uhr bearbeitet.)

  12. #12

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    So isses, Frau H. aus B. Und wieder ist dieser Strang oben. Hurra!

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