"Voll lustiger Kunstprofessor"
Nun, meine liebe Freundin Delia Keller hatte mir schon monatelang angeraten endlich mal ein Buch von einem gewissen Kapielski zu lesen, die hätten da in Braunschweig so einen "voll lustigen Kunstprofessor". "Lustige Kunstprofessoren" gab es meines Wissens an der Berliner Universität der Künste nicht, bis auf F.W. Bernstein, den ich aber eher als freundlichen gepflegten und amüsant-verschmitzen älteren Herren bezeichnen wollte, aber keineswegs als "voll lustigen Kunstprofessor". Georg Baselitz ist nicht so lustig, auch Frau Sieverding oder Rebecca Horn sind auch nicht gerade berühmt für ihren sprühenden Sinn für feinen Humor!
Ich lehnte die Lektüre ab und interessierte mich auch nicht sonderlich für irgendwelche Lese-Termine an denen Frl. Keller mich dem achso witzigen Herren vorstellen wollte - "Delia, ich bitte Dich, geh mir fort mit deinem "lustigen Professor" - in der Annahme, es würde sich mit Sicherheit um eine unerträgliche Ulknudel handeln, war Frl. Keller bisher nicht als Expertin oder Sachverständige in Humor-Fragen auffällig geworden. In fast unverzeihlicher Verkennung ihrer doch recht feinen Auffassunggabe rief ich aus: "Es gibt keine lustigen Kunstproffesoren! Humorvolle schon gar nicht! Nur, weil alles was vielleicht bestenfalls ein Witz ist gleich Humor heissen will! Jeder, der er nur einen Funken Verstand besäße, wrde sich sicher weigern seine kostbare Zeit an Deutschen Kunsthochschulen zu vergeuden, basta! Und jetzt frag mich nicht wie Herr Weigle da hingeraten ist, die werden ihn schon ordentlich bezahlt haben!"
"Pah, lies doch erst mal sein Buch!" Und ich Blödi ging dieser Aufforderung nicht nach!
Delia gab nicht auf und an irgendeinem Sommertag lies ich mich erweichen, wollte ihre eine Freude machen und geleitete sie "großzügig" ins Podewill. Ich war ganz begeistert, wie entgegenkommend und kompromisbereit ich mich zeigen konnte, war ja nicht so, dass ich nichts anderes zu tun gewusst hätte!
Heute weiß, ich wie über alle Maßen großzügig es hingegen von Frau Keller war keine Nachsicht mit einem doofen Sturrkopf wie mir zu haben!
Ich war sofort vom überzeugt: Da saß ein Mann mit etlichen Bieren, zeigte sonderbare Dias und gab dazu erstaunlich angemessene Kommentare ab, äußerte sich verächtlich über dies und jenes, so deutlich und forsch, dass es eine helle Freude war!
Einige Wochen davor war ich bei Michael Mittermeier, eine scheußlich Veranstaltung, rundum!
Nach der Vorstellung wurde ich Herrn Kapielski vorgestellt, er begrüsste Delia freudig und man trank Bier und Bier und noch mehr Bier und Herr Kapielski rief nachdem die Bar schließen wollte:" Ey, wir wollen noch ein Bier! Noch ein Bier für den Mann, des Abends!!!!"
Man schimpfte einvernehmlich über Anselm Kiefer, Kunsthochschulen und Lehrer, erfand köstliche Schmähungen hinlänglich des Ehebundes, aber lobte die Ramones!
Frl. Tochter Kapielski war auch zugegen und die deutlich Alkoholisierteste in der ganzen Runde, ganz der Herr Papa!
Ihr mitgebrachter Spezi war wohl augenscheinlich ein großer Verehrer ihres Vaters und Frl. Kapielski beschwerte sich, dass die Familie nie wüsste, wann der Vatter mal auf der Bühne zu sehen sei! "Ich mag nicht, wenn die kommen. Was wollter denn da, ihr kennt doch mein Gequatsche" raunzte Kapielski.
Ich fühlte mich wohl bei dem seltenen Gefühl, einen autarken, souveränen und weitinformierten Menschen vor mir sitzen zu haben, der seinen Abend augenscheinlich genoß, dabei zur Unterhaltung aller feine Ansichten wohlformuliert und scharfpoiniert dabei zum Besten geben konnte! "Literatur soll einem Trost schenken" ein Satz den ich irgendwo mal gelesen hatte, der sich mir eingebrannt hat, obwohl ich ihn für sausausausausaublöd und kitschig befand und den ich nie recht nachvollziehen konnte. Dauerleider Hesse hat mich nie zum Beispiel nie getröstet. Aber hier wurde mir für Augenblicke zumindest warm ums Herz! Ähnlich manchmal, wie wenn man was von Henscheid liest! Polt kann auch Trost spenden!
Mein Vater mag Henscheid nicht! Der sei ihm zu bitter, meint er.
Ich mag Henscheid trotzdem und möchte mich meinem Vater darüber keine Diskussion mehr führen, weil dann gibt es Gezanke!
Man verabschiedete sich und Frau Keller "Der ist nicht so..." wollte unsern Kontakt erhalten und riet mir Wochen über Wochen Herrn K. Arbeiten von mir zu schicken, was ich entrüstet ablehnte.
Ein wildfremder Mensch und dann dieses alberne Getue, als sei man auf alle Zeit superbefreundet, nachdem man sich einmal gesehen hatte, unkleidsam in jeder Hinsicht!
Und Delia lies mir ausrichten, Kapielski möchte etwas zugesandt bekommen und nachdem ich weitere Wochen zögerte, schickte ich ihm eben was! Zack, was soll´s?
Im Nachhinein stellte sich heraus, dass er mich zu dem Zeitpunkt mit einer, ebenfalls mit D.Keller befreundeten Studentin, die er mal in einem Braunschweiger Biergarten kennengelernt hatte verwechselte und sich an den Abend im Podewill nur noch in auszugsweise erinnern konnte! Und diese Studentin hätte er jetzt wohl gerne wiedergetroffen, aber eben nicht mich!
Ich klärte das Missverständniss auf, Kapielski war`s denn och schon ejal, dass ja die Falsche war und wir verabredeten uns trotzdem zum Schweinebraten.
Mein Freund äußerte sich missmutig: "Pah, wer issn der schon, sonen geilen ollen Sack da, nä..."
Wir tranken einige viele Biere, also ich ca. 3 in einer Zeit in der Herr Kapielski an die 5 oder 7 bestellte und das war recht lustig, sprachen über den ollen Nietzsche, Stirner, lästerten unfein über Schauspieler, Prominente der blöden Art, Satanisten und weissdergeier, klar, natürlich wieder Kunsthochschulen " Alles Volldioten, lauter Pfeiffen, Trottel, allesamt", tönte Kapielski und schob sich freudig ein Stück Schweinsbraten in den Mund.
Danach zogen wir noch in das "voll angesagte" "White Trash" in der Torstrasse, trafen dort "Rocker" Alex Hacke und Herr Kapielski gestand mir bei einem der ersten Konzerte der "Neubauten" behauptet zu haben: "Aus den beiden Deppen da vorne auf der Bühne, wird wohl auch nie was werden!"
"Tja, so famos kann man sich doch irren" erklärte er!
Eine bisher erfreuliche Begegnung!
So famos kann man sich irren!
Anonyme Grüße: Frau Vergnügen!
Übrigens werfe ich in den Ring den Satz:
"Nach der Vorstellung wurde ich Herrn Kapielski vorgestellt, er begrüsste Delia freudig und man trank Bier und Bier und noch mehr Bier und Herr Kapielski rief nachdem die Bar schließen wollte:'Ey, wir wollen noch ein Bier! Noch ein Bier für den Mann, des Abends!!!!'"
An diesem Satz kann ich nix Verwerfliches finden.