Pfaff, Dieter & Hofer, Jan (mit und ohne Stress)

Am Tag vor dem Heiligen Abend muß ich nochmal in die eigentlich von mir gehasste Einkaufsmeile Mundsburg, ein letztes Geschenk kaufen. Es soll eine sogenannte 'Dreingabe' werden, also ein Geschenk, welches als Hauptgeschenk nichts taugt, weil zu unpersönlich oder im Preis zu niedrig. In diesem Fall wird es später ein (wenn auch gewünschter) Wärmflaschenüberzug mit dem (nicht extra gewünschten) Aufrdruck „Schatz-Ersatz“.

Beim Eintritt in die vorweihnachtliche Einkaufswelt falle ich nicht nur über ”19%-nicht-mit-uns-Schilder“ sondern fast auch über Herrn Hofer, der mit fliegendem Seideschal um den Hals, in einen schicken grauen Zwirn gehüllt, 20 Einkaufstüten in der linken und ein Handy in der rechten Hand den Schutz einer Sparda-Filiale aufsuchend meinen Weg kreuzt, um in Ruhe telefonieren zu können. Wieder alles auf den letzten Drücker, mein lieber Sprecher, denke ich und ziehe weiter.

Auf dem Weg zum anderen Ende der Mall kommt mir ein riesiger, zersauster Berg Kleidung entgegen und ich wühle schon nach Kleingeldern, um dem armen Kerl zu einem gesegneten Weihnachtsfest zu verhelfen. Ich erstaune, als ich Dieter Pfaff erkenne. Ich überlege einen kurzen Moment, meine angedachte Gabe von zwei Euro aufgrund der Bekanntheit des Obdachlosen auf einen Zwannie zu erhöhen und verzichte dann aber ganz. So sieht also der Dieter aus: ausgetretene Schuhe, diverse labberige, ehemals weiße Shirts übereinander, eine Strickjacke für deren Entstehung mindestens sechzig Schafe ihre Wolle lassen mußten und ein Gesicht, bei dem ich sofort auf zu hohe Cholesterinwerte, Leberschaden, verharzte Lunge, mangelnden Schlaf und eine Hauch Suizid schließe. Alles Eigenschaften, die mir nicht fremd sind.

Ich kaufe meinen „Schatz-Ersatz“ und überlege, ob ich auf dem Rückweg einen großen Bogen um das Innere der Kaufhalle machen sollte, um nicht auf ein befreundetes Paar zu treffen, deren Lebensinhalt darin besteht, immer auf dem selben Platz, im selben Café, Berge von Zigaretten zu rauchen, Macciatos literweise zu trinken, um dabei zu sehen und gesehen zu werden. Natürlich treffe ich sie, natürlich setze ich mich dazu und natürlich treffen sich zum lockeren Plaudern beim Espresso am Nachbartisch Herr Hofer und Herr Pfaff, der eine bepackt mit einem Berg Tüten, der andere bepackt mit Körper.

Immerhin rauche ich seit dem 23.sten nicht mehr ...