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Vor ca. vier Jahren spie das Schicksal mich in die zweite Etage des sogenannten ARTOTEL in Berlin-Mitte. Das Artotel ist ein stinknormales Hotel, dessen Übernachtungspreise gegenüber Standardhotels mit dem 2.3-fachen Satz abgerechnet werden, weil überall Kunst aushängt bzw. am Bau praktiziert wird und wurde.
Eigentlich wollte ich in der zweiten Etage einen Geliebten aufsuchen, der dort aufgrund einer hastigen Computermesse weilte. Während ich aber so über den Flur stroff, traf ich auf einen vor einer offenen Hotelzimmertür bleich hin- und heroszillierenden Drafi Deutscher. Dieser hatte just zuvor ein neues Album herausgebracht, das sich durch besonders erbarmungslosen Einsatz sogenannter Orchester Hit-Samples auszeichnete. Drafi empfing im Hotelzimmer offensichtlich Interviewgäste. Und: Huch! Er sprach mich an: Sie sind wahrscheinlich Juliane Adam von Spreeradio. Ja, log ich geistesgegenwärtig.
Ich durfte eintreten. Im Hotelzimmer war ein Buffett aufgebaut, das hauptsächlich aus Obst in verschiedenen Darreichungsformen bestand. Ich war beeindruckt. Doch dann fiel mir ein, dass ich gerade einen großen Fehler beging.
Denn a) würde die richtige Juliane Adam (die sog. MORGENFEE, wie ich später recherchierte) bald kommen und b) hatte ich weder Schreibblock noch Diktiergerät mit. Das würde sehr bald sehr dumm werden.
Höflich entbot ich Äh, ich hab meinen Dat-Rekorder im Auto vergessen, ich komm gleich wieder. Machen Sie schnell, wir haben einen engen Plan, tadelte mich der inzwischen herbeigeeilte Manager, während Drafi kraftlos auf einen Stuhl sank und das Siegel einer Kiwi erbrach.
Ich ging dann doch lieber vögeln.
(Beitrag wurde von Marina Rennhack am 25.10.2001 um 15:47 Uhr bearbeitet.)
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Ich hätte auch so gehandelt, Marina!
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Mein Lieblingswort in dieser Geschichte ist 'stroff' !
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Drafi Deutscher, ist das nicht der Mann, der mal - vor langer Zeit - am offenen Fenster onaniert hat, dabei von einer jungen Paparazzi beobachtet wurde und in der Folge einen jähen Karrieresturz erlebte?
(Beitrag wurde von Wolfgang Mueller am 25.10.2001 um 16:08 Uhr bearbeitet.)
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Wunderbar. Rund und wuchtig.
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Oh, ein neuer Rennhack. Mit einer wundervollen Pointe. Die Lebenskurve des Forums zeigt wieder nach oben.
Ich mag solche Design/Kunsthotels auch gar nicht. Ließ mich im Frühjahr von meiner damaligen Reisebegleitung auf Mallorca in eben solch eins schleppen. Es hat alleine Ewigkeiten gedauert, bis wir die Funktionsweise der Dusche ergründet hatten und die Fernbedienung des Bang&Olofsen Fernsehers glich einem Baseballschläger und war ebenso handlich zu bedienen. Die Betten hatten so eine Stahlstrebe am Kopf und waren unerträglich weich, was dazu führte, das diese Strebe bei der leisten Bewegung gegen die Wand donnerte. Verschieben konnte man es nicht. Morgens gab es dann Frühstück in einer Art Krankenhaus/Bauhaus Atmosphäre. Selbst die Augenbrauen der Kellnerin waren gerade gezupft.
Sind die denn wenigstens die Betten in dem angesprochenen Berliner Hotel empfehlenswert?
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Weine nicht, wenn der Regen fällt..
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Was für eine wunderbare Geschichte. Die von ihnen gewählte Alternativa war natürlich gut und richtig, aber: Man stelle sich vor, was Sie Drafi Deutscher alles hätten fragen können! Und er hätte geantwortet... Vergessen Sie das Tonbandgerät, richtig gute Journalisten benutzen so was ohnehin nicht. Naja, bei Spreeradio vielleicht schon.
Im übrigen finde ich das Artotel gar nicht so schlimm.
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Lieber Don,
zu den Betten kann ich leider nichts sagen. Der Fußboden ist aber sehr sauber.
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Die Geschichte war schon gut - 'von schlichter Eleganz' (oder wie man hier neuestens Lob entbietet).
Aber Jockel gibt mir den Rest!
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'...und das Siegel einer Kiwi erbrach' hat mir am besten gefallen, das ist doch die Pointe, oder? Was aber hält das Siegel zusammen? Was versiegelt es? Und warum schwitzt Gummifingerjockel?