Berlin - diverse

Irre ich, oder hat sich bei den Berliner Pappen ein gewisser Schlendrian eingeschlichen? Vielleicht sind sie sich der historischen Bedeutung ihrer Berichterstattung auch einfach nicht bewusst. Ich jedenfalls stolpere, wenn ich in B. bin, bei Schritt und Tritt über Berühmtheiten, und will das auch nicht so einfach unter den Tisch fallen lassen.
So sah ich im Oktober Heike Makatsch auf dem Winterfeldplatz-Markt beim Einkaufen. Die Begegnung fand an einem Samstag Nachmittag vor einem Stand mit verschiedenen Teesorten statt. Mehr gibt es nicht zu sagen, aber ich gehe trotzdem davon aus, dass diese Hinweise für den Einen oder Anderen unter uns von einigem Wert sein könnten.
Keine Stunde später dann beobachtete ich aus der wartenden Tram Johnathan Meese am Hackeschen Markt, in einem Hauseingang, über dem „Panasia“ stand. Er schien zu zögern, ob er auf die Strasse treten soll, und erinnerte mich an einen grossen Hasen, wie er mit in die Luft gestreckter Nase ein paar mal schnüffelte, als nähme er Witterung auf. Schliesslich fasste er MUT, schwang in einer einzigen fliesenden Bewegung die Umhängetasche von der linken zur rechten Schulter während er gleichzeitig das lange Haar zurück warf, und hüpfte los.

Felix Ensslin bei der RAF-Austellung zu begegnen liegt nahe, aber seit letzten Sonntag zerbreche ich mir den Kopf, wem er da mit weit ausholender Geste das Bild „Schlachtfeld Deutschland“ erklärt hat. Erst dachte ich es sei Peter Weibel, aber er sah ihm nur ähnlich und wohnt mit ihm zusammen in meinem Kopf bei den Kunstschaffenden. Gebe ich knubbliger, viriler mit Halbglatze bei der Bildersuche ein, findet Google leider auch nichts. „Heute würde man es Telekom-Rosa nennen“, so jedenfalls sein statement zur Farbgebung der Kollegin Katharina Sieverding
Nachts lande ich in einem kleinem Club um die Ecke vom Savignyplatz, der irgendwas mit „Zug“ heisst. Sich bei Filmparties einzuschmuggeln, für die man keine Einladung hat, ist eine während Festivals beliebte Sportart, für die ich mich nicht so recht erwärmen kann. Das liegt wohl daran, dass ich selbst bei Empfängen zu denen ich offiziell eingeladen war, schon mal 40 Minuten in einer Schlange vor der Tür gewartet habe. Dann lieber irgendwo um die Ecke mit Freunden auf ein Bier. Hier wartete jedoch ein Freund, dessen voller Stundenplan nur dieses eine Treffen zuliess, und dessen Name dann auch verlässlich die Tür öffnete. Grundsätzlich habe ich ja nichts gegen umsonst trinken.
Spät nachts bittet der Pianist des Jazztrios einen Sänger auf die Bühne, der sich mit der liebenswerten Floskel „are you crazy, you stupid crack-addict,“ erst mal etwas ziert. Kevin Spacey singt dann aber doch, „Beyond the sea“, klar, was sonst. Ich hätte ihn nicht erkannt, er trägt einen Vollbart und eine Schiebermütze. Die Bewegungen seines Körpers sind die eines amerikanischen Entertainers aus den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts, auch die Stimme passt. Auf den swingenden Schultern aber sitzt der Kopf eines irischen Arbeiters aus den Dreissigern, was lustig aussieht. Vielleicht dreht er ja zur Zeit gerade einen Film mit Daniel Day-Lewis.

Es mag an Betriebsblindheit liegen oder daran, dass man die x-te Ben-Becker-Sichtung nicht melden mag - dazu gibt's ja auch wirklich nichts zu sagen.

Was die von Dir gesichteten Personen angeht: Heike Makatsch würde ich wahrscheinlich erkennen. Dass Kevin Spacey ein Schauspieler ist, weiß ich zwar, aber wie der aussieht? Und wer Johnathan Meese und die anderen Leute sind, weiß ich gar nicht.

Wenn ich ungefähr einmal pro Woche an Filmdreharbeiten vorbeilaufe, schaue ich, ohne anzuhalten, kurz aus dem Augenwinkel, was da gemacht wird. Sehe aber immer nur die Ton- und sonstigen Technikmänner beim Rauchen und Herumstehen und die Regieassistenz- und sonstwie Orga-Frauen ins Handy schreien und herumflitzen. Die Stars sitzen entweder im Wohnwagen. Oder werden überhaupt erst nachträglich digital einmontiert.