Schöneberger, Barbara

Liebe Barbara Schöneberger,

ich sehe Dich auf der Strasse, auf der Rosenthaler Strasse, die zweitmitteste Strasse nach der Neuen Schönhauser. Ich kenne Dich nicht aus Deinen Fernsehsendungen, sondern nur von Artikeln über Deine Sendungen. Schwierige Ausgangslage zur Meinungsbildung.

Du stehst vor einem Bagellädchen und bist ganz in sandbeige gekleidet. Bluse, Hose, Schuhe, grosseLederhandtasche, wobei das Leder, das ist allenfalls notbeige. Die Richtung zählt, man versteht schon, was Du meinst. Deine Haare trägst Du offen, lang und wallend, wie man es von Dir erwartet, wenn man diese metageifernden Artikel über Dich gelesen hat. Man fand Dich dann scheisse, obwohl man eigentlich den Autor scheisse fand; im Nachhinein besehen etwas ungerecht, aber Gerechtigkeit kostet so viel Zeit und die wollte ich mir nie nehmen.

Als ich vorbeigehe, machst Du ein grosses Gesicht, leicht verwirrt durch den halbgeöffneten Mund, blaue Killerkulleraugen, jetzt weiss ich bescheid, was dieses Gift dauernd sollte, das Dir unterstellt wird und dann sagst Du noch etwas.

„...prätentiöse Scheisse...“.

Ich weiss nicht, worüber Du geredet hast, ich gehe weiter, und untersuche das Bild von Dir, das mir noch in der Netzhaut nachhängt. Du bist nicht so hübsch wie auf den Fotos, aber man sieht, dass Du ein dankbares Schminkpüppchengesicht hast, gar nicht böse gemeint, man kann Dich eben in alle denkbaren Rollen hineinschminken.
Deine zwei Wörter hängen mir auch noch im Ohr, zusammen mit den Killerkulleraugen, und dann begreife ich, warum Du im Fernsehen bist. Finde ich aber nicht schlimm, Barbara, wirklich nicht.

Sie wird diesen Brief vorausgeahnt haben.

nix gegen die schöneberger!