Schwan, Gesine (Fussball um 6)

Als ich ungefähr 11 war, hatten mein Bruder und ich unseren Eltern einmal die Erlaubnis abgerungen, an einem Sonntag um 5.00 Uhr früh aufzustehen und gemeinsam mit einem gleichaltrigen Brüderpaar aus der Nachbarschaft im Morgentau durch Berlin-Nikolassee zu streifen – selbstverständlich verbunden mit dem Gelöbnis, keinen Unsinn zu machen.
Nach einer Stunde war uns langweilig und kalt, weshalb wir beschlossen, in flexibler Auslegung unseres Gelöbnisses gaaaaaaanz leise Fußball zu spielen. Unser Spielfeld lag in einer stillen Wohnstraße; das Tor war die Gartenpforte eines mächtigen Mehrfamilienhauses.
Recht bald nach dem Anstoß, beim Stande von ca. 12:8, erschien eine zornige Frau im Morgenrock an der Gartenpforte, deren Attraktivität wir der angespannten Situation und unseres Alters wegen nicht zu würdigen vermochten. Es war Gesine Schwan, die ihren Nachtschlaf fortzusetzen wünschte. Um uns in moralphilosophisch einwandfreier und pädagogisch unmittelbar einleuchtender Weise vor Augen zu führen, dass ihr und ihres Mannes Schlaf nicht weniger wert sei als der anderer Menschen, wünschte sie, die Eltern der Ruhestörer umgehend und persönlich und in frischem Zorn von der Beeinträchtigung ihrer Nachtruhe in Kenntnis zu setzen. Zum Glück wählte sie den Klingelknopf des Brüderpaares, so dass meine Eltern erst zum Frühstück gegen 10.00 und in zensierter Fassung von der Bedrohung erfuhren, der wir ihren Morgenschlummer ausgesetzt hatten.
Als ich später Politologie am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin studierte, mied ich die Veranstaltungen von Gesine Schwan – vordergründig, weil der linkspubertäre Herdentrieb verlangte, sie für die damals als reaktionär betrachteten Auffassungen ihres Mannes zum diktatorischen Charakter der Diktaturen Osteuropas in Sippenhaft zu nehmen; eigentlich aber doch wohl aus einer eher irrationalen Furcht vor der erneuten Konfrontation mit der Rächerin im Morgenrock.
Viel später bin ich Gesine Schwan dann aber doch wiederbegegnet und habe sie als sehr klug und liebenswert kennengelernt. Die Sonntag-Morgen-Episode hatte sie natürlich vergessen.
Als Bundespräsidentin würde sie sich aber sicher für das gegenseitige Respektieren der Nachtruhe einsetzen.

Wir sind auch für Respekt vor der Nachtruhe. Andererseits ist Fußball im Stillen, am Übergang von Nacht zu Tag eine wirklich gute Idee und echte Alternative zu Döneressen oder Gesprächen. (Ich schlage uns vor, das demnächst einmal nachzustellen.) Interessant wäre vielleicht noch: hatte Frau Schwan frühmorgens ihre Frisur verlassen? Ach, doch nicht interessant. Ein wenig kleinlich und wenig respektvoll das Elternklingeln.

Da ist eine sehr schöne Geschichte drin. Vorn kann man sie erkennen, weiter hinten säuft sie dann ab. Bitte noch mehr Infos zu der Frisur.