Arafat und Roger Willemsen und ich
Also, um es gleich ehrlich zu sagen, Arafat hab' ich eher mittelbar getroffen. Genauer gesagt war ich mal wo, wo mir einer, der ihn getroffen hatte erzählte, wie und wo er ihn traf. Ich musste sogar dafür bezahlen, dass dieser (nicht Arafat selber) mir (und anderen) diese Geschichte erzählt hat. Dieser, der sich dafür von mir (und anderen) bezahlen ließ war jedoch ein Promi (ansonsten würde ja auch keiner dafür bezahlen, ihn Geschichten erzählen zu hören), auch wenn er dieses Attribut eloquent missbilligen würde. Hm, etwas verwirrend bisher oder? Ihr müsst etwas nachsichtig mit mir sein, ist mein erstes Posting (sagt man das so, Posting?). Ich denke aber, es gehört einfach hier rein.
Es war eine Lesung von Roger Willemsen in Kiel. Damit ist jetzt klar, dass ich leider nur den getroffen habe, aber ich finde Arafat als Aufhänger macht einfach mehr her, ist auch älter, wenn auch weniger umstritten.
Roger also, hat uns an diesem Abend mit wirklich gut erzählten Geschichten aus seinem reichhaltigen Fundus an Erlebtem teilhaben lassen. Auge in Auge mit Maggy Thatcher, Klaus Kinkel (zu dem sogar Verbindungen mit Flipper dem klugen Delphin geschaffen wurden; dergestalt, dass nach einem Gespräch mit dem ehem. Außenminister genau wie nach dem Auftauchen des Tieres, das zumeist einen Heidenwirbel an der Wasseroberfläche machte und ein echoloterzeugendes Geräusch von sich gab, die umstehenden Personen sich ansahen und bedeutungsvoll sagten "Ich glaube, er will uns etwas mitteilen") und weiteren tragenden Säulen unseres jetzigen Wohlstandes, ist mir jedoch die Geschichte um Jasir Arafat am gegenwärtigsten.
Roger war also in Palästina unterwegs, um den 33,33-prozentigen Nobelpreisträger (der er damals, als das Gespräch stattfand, noch gar nicht war; nur um hier dem Verdacht des Anachronismus vorzubeugen) eines seiner gefürchteten verständnisvollen Interviews zu unterziehen. Dazu begab er sich unter strenger Bewachung einiger martialischer Wächter in die geheimen Unterstände der PLO. Ob hier nun das Hauptquartier oder eine provisorische Zeltstadt den Hintergrund stellt, erinnere ich nicht mehr so ganz, spielt auch für den Plot (ja, auch diese Geschichte hat einen) eine eher untergeordnete Rolle. Nun ja, wie Roger da nun so etwas herum wundert und auf den Gründer der Bewegung zur Befreiung Palästinas wartet, kommt er vor einer großen Wand mit einer Landkarte zum stehen. Hierauf sind nun Landesgrenzen, (sowohl wie sie sind, als auch wie sie sein sollten), Stellungen, Gräben, Tunnel, und weiteres militärisch Geheimes vermerkt. Sekunden später wird der milde Lockenkopf von einigen jegliche Kultur vermissenden potenziellen Selbstmördern aufs Gröbste beschimpft, bedrängt und unter Androhung von Waffengewalt von dieser Karte entfernt. Verstört und etwas beängstigt lässt Roger nun die weiteren Beschimpfungen über sich ergehen und befürchtet schon, das Arafat sich nun das Interview mit ihm sparen würde, hat er doch aufs Hinterhältigste die Gastfreundschaft der Palästinenser mit Füßen getreten. Arafat hatte allerdings von dieser ganzen misslichen Sache gar nichts mitbekommen und begrüßte den Deutschen aufs Herzlichste. Das Interview verlief wohl ohne nennenswerte Höhepunkte, denn hierüber erinnere ich keine Details. Allein die Begebenheit im Anschluss an das Gespräch ist Veranlassung für die Geschichte erzählt zu werden. Dem Wunsch des Musil-Experten, dem Besuch durch ein gemeinsames Foto eine gewisse Unsterblichkeit zu verleihen, kam Arafat gerne nach. Er bugsierte sich und Roger gewissenhaft an eine halbwegs fotogene Stelle der sonst sehr kargen Behausung, stellte sich in Pose, lächelte, griff sich beide Hände des Deutschen und der Fotograf drückte ab. Das Foto zeigt die beiden freundlich lächelnd vor der Landkarte.
Na, wie war ich? Open fire on traget!