Goodman, John (kauft ein)
Folgen Sie einfach der Strasse dort bis zur naechsten Ampel, dann links, dann wurschteln Sie sich durch, dann wieder links und dann sehen Sie den Walmart schon. So hatte Tante Emma vom Desert Sands Motel das gesagt, und so sollte es auch geschehen. Der maechtige Umzugswagen mit unserer ganzen Habe drin bog brav bei der Ampel links ab, als ich entsprechend an seinen Organen rummachte, dort wurde es dann rasant rabenschwarz, weil wir die Hauptstrasse verliessen. Ein paarmal umsicher ueber eine Abzweigung gekrochen, und schon haben wir uns sauber verfahren. Links in der Dunkelheit blueht eine Lichtoase, grelles Licht von Scheinwerferpfaehlen, zweifellos unser Ziel. Leider fuehrt die Strasse im konstanten Abstand daran vorbei, an der ersten Abzweigung liegt der Walmart schon weit links hinter uns. Brav biegt das Auto um die Kurve.
Der Lichtfleck liegt nun abermals zu unserer linken, und abermals aendert sich der Abstand nicht. An der naechsten Abzweigung also wieder links, oder vielmehr erstmal rechts, wegen Verwirrung, dann ein illegales Wendemanoever versuchen und minutenlang (Fuehlzeit) die Fahrbahn mit einem Stueck unbeweglichen Granits auf Raedern blockieren. Dann sind wir endlich am Walmart, der sich als Gebrauchtwagenhaendler entpuppt, keine hundert Meter vom Desert Sands Motel entfernt, wir haben einen sauberen Kreis in die Wueste hineingefahren. Vielmehr ein Viereck.
"We have a Walmart", hatte Emma indigniert gesagt, mit Betonung auf dem "have", als ich sie nach einem Supermarkt gefragt hatte, so wie man vor hundert Jahren mit indigniertem Stolz "Wir have a train station" murrte, wenn ein baertiger Fremder vage nach Transportmoeglichkeiten in den Westen fragte. Stell ich mir so vor. Den zweiten Anlauf, beim Einkaufsteufel Webzehrung zu fassen und Zensurkampagnen und Bigotterie mitzufinanzieren, gehen wir amerikanischer an, fahren auf die Autobahn, rumpeln die naechste Abfahrt wieder runter, und da ist er dann, riesig strahlt er in der Schwaerze wie ein gelandetes Raumschiff von einem Planeten voller Regale. Oder wie irgendeine andere doofe Metapher.
Ich parke den U-Haul, wie wir das Umzugsmonster zaertlich nennen, mitten im Parkplatz, weit entfernt von allen anderen Autos, durch die unwirkliche Helligkeit gehen wir zum Eingang, dicke amerikanische Menschen kommen uns entgegen, muede starre ich einen an, in meinem Kopf gaert es, er guckt zurueck, nickt kurz in einer Mischung aus Indignation und Ergebenheit, und ist vorbei. Es dauert noch ein paar Sekunden, dann weiss ich: das war John Goodman. Mitternacht, Anfang April, im Wal Mart in El Reno, Oklahoma. Goodman, soso. Ich dachte, der wohnt in Kalifornien. Aber vielleicht zieht er ja nach Kanada.