James, Richard D. kuesst mit Freundin
Hallo, nachdem ich hier schon so einige schoene Geschichten gelesen habe, wuerde ich auch mal gerne zu Wort kommen. Dies ist also mein erstes Posting, gehen Sie daher bitte nicht allzu hart mit mir ins Gericht.
Es war letzten Samstag, in der Royal Festival Hall, die am Suedufer der Themse gelegen ist, schraeg gegenueber den Houses of Parliament ein kleines Stueck flussabwaerts vom Millenium Eye (das Riesenrad). In diesen Wochen findet in der RFH das Ether Festival statt, eine Reihe von Konzerten mit elektronischer Musik, darunter auch Kollaborationen von Elektronik-Musikern mit Orchestern. An diesem Tag wurden einige Vortraege ueber Musikproduktion gehalten und es galt verschiedene Live- und Dj-Darbietungen zu goutieren. Aufgrund meiner Neigung mich in den fruehen Morgenstunden schlafen zu legen, kam ich erst nachmittags an, obwohl der erste interessante Vortrag bereits um 12.00 gehalten wurde. Ich begab mich also schnellstmoeglich in den entsprechenden Raum, um nicht noch mehr zu verpassen.
Die Anwesenden, groesstenteils junge Maenner von Anfang 20 bis Mitte 30, lauschten gespannt den Ausfuehrungen des Vortragshaltenden, seinerseits ein junger Herr, mit osteuropaeischem Akzent namens Roman Belavkin. Ich nahm in der der letzten Reihe Platz, um als Zuspaetkommer nicht unnoetig Aufmerksamkeit zu erregen, direkt hinter einem langhaarigen Zuhoerer, der waehrend des Vortrags immer wieder wissend nickte. Wenige Minuten, nachdem ich Platz genommen hatte, sah ich eine junge Frau mit schwarzem knielangem Kleid, einer grossen roten Umhaengetasche und einer mich irgendwie an die 50er Jahre ermahnende Frisur (schwarze Haare, die oben glatt und unten lockig sind... ich kann nicht wirklich sagen, ob diese Frisur spezifisch 50er Jahre Stil ist, allerdings schoss mir bei deren Anblick das Wort "retro" durch den Kopf) mit energischen Schritten an den Stuhlreihen nach vorne und hinter die "Buehne" laufen. Einige Augenblicke spaeter kam sie mit ebenso energischen Schritten zurueck, um den Raum zu verlassen. Die ganze Zeit umschwebte sie leicht eine Aura des Nicht-Gluecklichseins.
Nachdem die Vortraege zu Ende waren und ich mittlerweile meinen Begleiter getroffen hatte, mit dem ich schon eine Stunde zuvor verabretet war, gingen wir zusammen nach unten in den sogenannten Ballroom, wo verschiedene Menschen hinter Laptops und Plattentellern das einerseits auf dem Boden des Ballrooms sitzende, andererseits das sich im Cafebereich, der den Ballroom umgiebt, aufhaltende Publikum mit elektronischem Geblubber und Geknackse unterhielten.
Wir setzen uns ebenfalls auf den Boden, lauschten der Musik und schauten uns die anwesenden Mitmenschen an. Einige Male lief auch wieder das besagte Maedchen mit schnellen Schritten und einem immer noch nicht wirklich froehlichen Ausdruck auf dem Gesicht durch den Raum. Die Stunden vergingen, wir wurden muede auf dem harten Boden zu sitzen und entschlossen uns, langsam den Rueckweg anzutreten. In diesem Moment sah ich das Maedchen mit der roten Tasche mit - moeglichweise - ihrer Freundin reden. Diese zeigte auf einen Punkt hinter mir, das Maedchen formte mit einem leicht verwirrten Blick das Wort "where" bis sie im selben Moment sah, auf was oder wen ihre Freundin deutete. Ihr Gesicht erstrahlte schlagartig und sie lief schnell in die entsprechende Richtung. Ich war interessiert, wie die Person wohl aussah, die offensichtlich den Tag dieses Maedchens retten konnte, aber auch nicht so sehr, als dass ich mich im selben Moment, an dem sie an mir vorbeilief, ihr neugierig, altweibermaessig hinterher stieren wollte.
Mein Begleiter und ich machten uns auf den Weg zum Ausgang, als ich sie auf einer Empore mit jemanden sitzen und kuessen sah. Ich schaute beim Vorbeilaufen hoch und sah einen Mann mit roten langen Haaren, Bart und dunkelgruener Jacke sitzen als ich mir dachte "der sieht ja fast aus wie Aphex Twin",
dann als er sie anlaechelte, "das ist Aphex Twin!"
Er hatte fast genau dasselbe Laecheln wie am Anfang des Windowlicker Videos, als sich das Fenster der Limousine oeffnet. Ich sagte zu meinem Begleiter:"Schau mal, da ist Aphex Twin!", er war sich aber noch nicht sicher, ob er es wirklich war, so dass wir den Weg zum Ausgang ungefaehf drei Mal auf- und abschritten, um sicherzugehen, dass wir wirklich richtig lagen. Ich hatte allerdings das Gefuehl, dass sich Herr James beobachtet fuehlte, so dass ich ihn beim Hin- und Herlaufen nicht mehr anschaute, sondern mich stattdessen an der Ambivalenz zwischen seiner schoenen Freundin und seinen Musikvideos mit ausgesprochenem Hang zur Haesslichkeit erquickte.
Wir ueberlegten dann noch kurz, ob wir ihm irgendeine schlaue Frage zu seiner Musik stellen sollten, da uns aber keine einfiel hielten wir es fuer besser, ihn nicht unnoetig zu belaestigen.
