Rudnik, Barbara

Schülerschwarm

Wir waren jeden Donnerstag im Tattersall. Daniel, Max, Flo, Gerst, Abi und der Rest. Ich war der einzige, der in jenem Jahr noch nicht in der Kollegstufe war, weil ich die elfte Klasse wiederholen musste. Der Tattersall war eine kleine Bar, die Wände rot, große Bilder an den Wänden, ein gemütlicher Ort für den donnerstäglichen Bierkonsum. An der Theke stand fast immer Hugo und unterhielt sich mit den älteren Stammgästen über Pferderennen, Wetten und Champagner, während wir die Tische in Beschlag nahmen und über Lehrer, Mitschülerinnen, Musik und Parties redeten.

Manchmal, wenn sehr viel los war, setzten sich anderen Gäste an die Tische neben uns und wir kamen ins Gespräch. So kannten wir mit der Zeit alle Gäste, den Besitzer und Hugo sehr gut. Wir feierten unsere Geburtstage im Tattersall, kamen vor und nach Festen hierher. Der Tattersall wurde unser Wohnzimmer.

Ich weiß nicht, ob sie den anderen auch auffiel, aber ab und an stand eine Frau an der Theke, die mich faszinierte. Damals konnte ich sie nicht einordnen, wußte nicht genau, um wen es sich bei ihr handelte. Ich hielt sie aber für eine Schauspielerin, war mir auch sicher, sie schon im Fernsehen erlebt zu haben. Sie war um einiges älter als ich, und ich hätte mich nie getraut, sie anzusprechen. So begnügte ich mich damit, sie anzusehen. Sie trug meistens eine Barboujacke, die sie auch nicht ablegte. Zumindest hat sich das Bild von ihr in dieser Jacke bei mir eingeprägt. Über den Kragen fielen ihre langen, blonden, strähnigen Haare, die sie immer offen trug. Und sie blickte immer ernst. Ich kann mich nicht an ein Lachen in ihrem sanften, aber strengen Gesicht erinnern.

Aber ein Lächeln von ihr hat sich in meine Erinnerung gebrannt. Ich hatte sie wieder angesehen, einige Minuten lang, als sie plötzlich zu mir schaute. Peinlich berührt, wendete ich meinen Blick sofort von ihr, fühlte mich erwischt und spürte, wie sich kleine Schweißperlen auf meiner Stirn bildeten. Aber natürlich musste ich nochmal zu ihr sehen, um zu wissen, ob sie bemerkt hatte, dass ich sie so intensiv beobachtet hatte. Und unsere Augen trafen sich. Für den Bruchteil einer Sekunde durchbrach ich ihre Intimsphäre und sie duldete es, denn sie schenkte mir ein Lächeln. Was für eine Frau.

Es ist eine herrlich kleine Situationsbeschreibung, bitte Herr Clausen korrigieren Sie schnell noch den kleinen Tippfehler im letzten Absatz, bevor die Gemeinde abtrifftet

Oh, warum? Der ist doch toll! Aber besser, ich mache das weg. ja.

Für die Spätkommer

Ich hatte bei den Schweißperlen das "w" vergessen. Dumm, das.

Hier noch ein Bild von Barabra Rudnik.

http://www.cueni.ch/images/film/mond3x.jpg

Ah, jetzt....ja. Danke für das Bild.

Und sie war immer alleine da im Tattersall? Wo ist das eigentlich?

Was scheren schon Tippfehler, wenn so schoen geschwaermt wird?

Die gewogene Wortwahl und Detailliebe straft die Überschrift Lügen: Barbara Rudnik ist mitnichten MC's Schülerschwarm, leise und gelegentlich schwärmt er noch heute für sie. Sie hat in "Müller's Büro" mitgespielt, ein Film, der damals wichtig war - für mich heute unbegreiflich.

Das war hübsch, wenngleich es befangen macht, daß Murmel in letzter Zeit viel über die Schullzeit schreibt. D.h. nicht der Inhalt, sondern das Faktum. Wenn ich viel an meine Schulzeit zurückdenke, fühle ich mich morbide und verloren.
Gerade eben habe ich bei us.imbd.com nachgeschaut, wo die edel aussehende Barbara Ruttnig mitgespielt hat und welche Freude: Es war u.a. in dem bezaubernden Meisterstreich "Komm, Süßer Tod.".

Und warum ist die Brille von Klaus Löwitsch jetzt im Besitz von Ignaz Wrobel?

Herr Clausen, ich lese Sie sehr gerne.

Elpenor, meine Schulzeiterinnerungsphase beginnt immer kurz vor Weihnachten. Ich bereite mich so auf meine Familie und das Wiedersehen mit alten Freunden vor. Morgen fahre ich los...
Der Tattersall war übrigens in München, Nordendstr., glaube ich. Ob es die Bar noch gibt, weiß ich gar nicht.

schulzeiterinnerungszeit: hach, das ist fein, bei den eltern sich vollfressen und von party zu party ziehen - zuhause zu weihnachten!

Das Bild von ihr in einer Barbourjacke prägt sich bei ihm ein, und dann auch noch positiv ? Diese Münchner...

Gerade lief der Film, der zweifelsohne das Prägungsmoment für Murmels Rudnik-Schwärmerei darstellt: Flammen der Liebe!

Ach ja, die Rudnik.

Und, Müllers Büro finde ich heute auch noch klasse. Bei den Filmfestspielen in Berlin, als dieser Beitrag vorgestellt wurde ('86? '87?), löschte der Hauptdarsteller noch in der Filmkunst 66 im Kinosaal das Licht, als der Film begann.

Tempi passati.

o gott, müllers büro! ich sag nur: männer sind wie marzipan.

jetzt fällt mir akut der rest vom text nicht ein, doch er wird mich gewiß den rest des tages quälen.

Ächz, hier.

himmel! danke.

trällernd ab

Jetzt standen wieder alle vor der kleinen Dorfkirche in Alberndorf. Hochzeit und Taufe waren vorbei, es wurde wieder Spritzer gereicht, um etwas Flüssigkeit im Körper zu haben, die man ausschwitzen konnte. Der Triumphzug zur Festwiese stand bevor, etwas eine viertel Stunde durch die unmenschliche Hitze. Außerdem war J. da und ich hatte Angst vor dem Abend. Wir haben uns vor zwei Wochen getrennt, sie sich von mir, und seitdem haben wir uns nur einmal gesehen, um uns vor der Hochzeit noch auszusprechen.

Ich stand mit meinem Wein in der Hand neben meiner Schwester, die mich anstieß, auf eine Dame deutete und fragte, wer denn die Schauspielerin da vorne sei. Barbara Rudnik, antwortete ich, und erwischte mich, dass ich sie anstarrte wie damals im Tattersall.

Später saß sie zwei Bänke weit von mir entfernt, ich konnte nur auf ihren Rücken sehen. Sie saß dort mit zwei männlichen Begleitern, einen kannte ich. Wohl ein Produzent. Sie aß, trank Wein, lachte und blickt immer wieder glücklich um sich.

Ein paar Minuten vor Mitternacht stand sie alleine am Ausschank und ich sprach sie an. Ich erzählte ihr, dass ich sie mit 17 im Tattersall angestarrt hätte. Sie lächelte, erinnerte sich auch an ihre damalige Barbourjacke, erzählte, dass Hugo nun in der Schaubühne eine Bar hätte und der Besitzer des Tattersalls wegen Koks im Gefängnis säße. Dann wurde sie von einem Mann fortgezogen, zu ihren beiden männlichen Begleitern, die "Happy Birthday, liebe Barbara" sangen.

Ich verschwand dann mit J. im Weinberg, blickte mir ihr in den Himmel, und merkte nach der fünften Sternschnuppe, dass mein Wunsch, den ich nun fünfmal in mich hineingemurmelt hatte, in Erfüllung gehen würde. Zumindest für einen Augenblick.

Es gibt übrigens auch ein oder einen Tattersall in Berlin, das heisst da aber in voller Länge "Franz Diener Tattersall", das ist ein Homolokal, an den Wänden hängen vergilbte Fotos von Boxern, ich saß dort mal mit der Sängerin Ulla Meinecke, 7 Stunden, in diesen 7 Stunden hatte ich einen Gesprächsanteil von 5 Minuten, den Rest übernahm sie, am Ende summte es in meinem Kopf wie in einem Bienenkorb

Du warst hoffentlich der von dem sie sang "und er sagt leise, ich Dich nicht..."

Quatsch, ich sang gar nicht, ich war doch völlig betrunken.

Ich glaube, ich bin ganz froh, das musikalische Ouevre dieser Dame nicht zu kennen.

(Murmel, ich glaub Dreas Beitrag bezog sich auf Ulla Meinecke)

Ich glaube, ich hatte den Eindruck beim ersten Lesen auch schon. Damals kannte ich Murmel noch kaum. Jetzt, wo ich ihn kenne, ist es noch stärker. Wenn man das erste Posting liest, wird einem Murmel ganz fremd.

Dieses Forum steckt voller Romantiker. Das war mir nicht immer bewußt. Jetzt schäme ich mich ein bißchen dafür.

das ist eine sehr feine geschichte, murmel, also beide meine ich.

bingo!

Ich weiß auch, warum ich immer wieder so fasziniert von Barbara Rudnik bin. Sie trägt eine Traurigkeit in sich, die man ihr ansehen kann. Ihr Blick ist gekennzeichnet, leuchtet nur selten, doch dann mit einer Intensität, die ich so fast nie erlebt habe. Sie strahlt ein stolzes Gescheitertsein aus, das Mut macht.

Sie wußte übrigens, wer ich bin, als ich sie ansprach. Dass ich mit dem Bräutigam gemeisam schreibe. Und sie war dabei, als mir bei meiner Fürbitte die Freude über das Glück des Brautpaars den Hals zuschnürte und Tränen in meine Augen brachte, so dass ich vor den zweihundert Gästen stand und für ein paar Sekunden unfähig war, zu lesen, was ich für sie geschrieben hatte.

Die Fürbitte für meinen Paten hat der Pfarrer dann nach den ersten zwei Worten unbeabsichtigt unterbrochen. Er dachte, ich hätte sie schon gelesen und einfach die Zeremonie fortgesetzt. Vielleicht war es auch besser so, da ich vor Rührung so oder so wieder nur geschluckt und dann die Worte aus meiner zugeschnürten Kehle herausgestoßen hätte.

köstlich, einfach köstlich ihre begegungen herr murmel!

obschon ich gestehen muss, dass ich zumindest bei zweiter nicht so ganz durchblicke. gut, wer der von ihnen angedeutete produzent ist meine ich mit ziemlicher sicherheit zu wissen. da würde ich glatt meinen letzten 'kreuzer' darauf verwetten. die identität des zweiten männliche begleiter würde mich da schon weitaus mehr interessieren...

doch was war das überhaupt für ein anlass? beide, also frau rudnik und sie waren zu dieser hochzeit und taufe(?) geladen? wie kam's dazu? gemeinsame bekannte? der bräutigam etwa auch aus dem showgeschäft? oder wie kommt es dass sie anlässlich einer hochzeit zwei bänke hinter frau rudnik sitzen, die auch gleich noch geburtstag hat? tzöss, sachen gibts......

ich brenne förmlich darauf, dass sie mich aufklären und ich somit einen weiteren köstlichen schwank aus ihren begegnungen mit frau rudnik erfahre.

es grüsst sie höflichst,
k-phü

Wenn jemand nach anderthalb Jahren aufmerksamen Mitlesens endlich zum ersten mal schreibt, kommt dabei naturgemäss ein Spitzenposting heraus. Hiermit ist es bewiesen.

...

Ihre Faszination für Frau Rudnik kann ich verstehen, Murmel: Ich begegnete, nein, sah sie, im Biosupermarkt am Hackeschen Markt, Berlin. Zuerst striff mein Blick über eine hochgewachsene Frau im trenchcoatartigen Mantel, die vor dem Kühlregal grübelte. Dann drehte sie sich um, und fiel sofort in Gedanken auf die Knie - nicht weil ich sie sofort erkannt hätte, ich wusste nur, es ist eine Schauspielerin - sondern, weil ihre Ausstrahlung mich auf der Stelle packte. Mit einem Mal sah sie mir direkt in die Augen, sehr prüfend, sehr ernst. Und mir erging es wie Ihnen: Schweißausbruch, verschnellter Puls - sie hatte mich erwischt!

[Ergänzung]...und wenn es ihre Doppelgängerin gewesen sein sollte, so war sie es. r.i.p.