Verhoeven, Michael

Eben war ich was essen. Faul, wie ich bin, hier gleich um die Ecke. Der gleiche Laden, in dem ich einst Palmen verschacherte und Heiner Lauterbach paparazzte. Es war voll, sehr voll. Der TIP hatte meine Kneipe auf Platz 1 der Geheimtips gesetzt. Danke.
Wenig später tauchte Michael Verhoeven auf. Mein Jugendheld. Was Rolf Giesen ('Kino wie es keiner mag') für Special Effects war, das war Verhoeven für Kino Allgemein, immer im SFB, mein Berliner Kino-Held. Alt genug, um seriös zu wirken, jung genug, um cool zu sein. Aus Berlin. Im SFB. Ich verehrte ihn früher, bis sein selbstreferentielles Geschwätz in der Berliner Enklave selbst mich nervte. Aber immerhin.
Verhoeven teilt sein Schicksal mit vielen Berliner Promis. Mir fällt immer das Wort 'Kiezgröße' ein: Juhnke, Handtke (Edith natürlich), Pfitzmann etc., alles Leute, die sich und uns vormachten: Wir könnten noch viel größer sein, national, international, aber wir bleiben hier, hier im (Frontstadt!) subventionierten Berlin. Ewig unterfordert. Aber wir machen hier unsern Stiefel. Für Euch. Wenn ich nur an die 'Jederman'-Inzsenierung von Brigitte Grothum denke. Mit Wolfgang Gruhner als Mephisto. In der Gedächtniskirche, meiner Taufkirche. Ich dachte immer, das Stück kann man nicht verhunzen, das nicht. Weit gefehlt. Das merkte sogar ich als junger unbeleckter Student.
Naja, so einer ist Verhoeven für mich. Man hat sich etabliert, eingelebt in der Schicki-Gesellschaft West-Berlins, Mitte interessiert einen schon nicht mehr, warum auch. Als er eintrat, begrüsste ihn jemand, an der Tür auf einem Hocker sitzend mit einem vierfachen(!) 'Michael, Michael, Michael, Michael' - der Mensch bekam seine Streicheleinheiten und ein Küsschen. Verhoeven strebte zu einer Geburtstagsfeier weiter hinten. Er fühlt sich wohl dabei, so er nur. Ein zufriedener Mensch.
Währenddessen setzte sich an den Nebentisch ein einsamer, unscheinbarer Mann, den ich im Folgenden 'FDP-Man' nennen möchte. Denn so sah er aus. Ende 50, leicht ergraut, schlank, gelb-blaue Kravatte, teurer Anzug, aber - goldfarbene Knöpfe am Jacket. Also, Geld da, Geschmack nicht. Ich war mir sicher, das ist ein FDP-Bezirksvorsitzender, der zur Wahl nach Berlin gekommen ist. Er bestellte Riccola als Vorspeise und ein Wiener Schnitzel. Dann zog er eine Ansichtskarte raus und beschrieb sie. Vermutlich an Mutti.
Dann passierten viele Kleinigkeiten. Er war höflich. Er war leise. Er lächelte. Es störte ihn nicht, daß wir rauchten. Er zuckte nur unmerklich, als ich lauthals meiner Begleitung eröffnete, ich habe heute erfahren, mit Frank Steffel 2 Jahre die Schule geteilt zu haben. Er wartete auf sein Essen, bis wir mit unserer Nachspeise fertig waren. Er hielt sich am Tisch fest wie an einem Rednerpult, er trommelte nervös wartend auf dem Tisch, weil ALLES zuspät kam, er lächelte, als die Wirtin ihm erklärte, die Vorspeise verzögert sich noch etwas, er blickte entsetzt auf das Entschuldigungs-Amuse-Gueule, weil er keine Meeresfrüchte vertrug, er freute sich über mein 'Gottchen, sie haben aber wirklich Pech heute!', er lächelte und antwortete 'Ach, das macht nichts, ich könnte hier ewig sitzen.'.
FDP-Man hatte sich in einen liebenswürdigen und interessanten Tischnachbarn verwandelt, ganz ungekünstelt, 3 Mal holte er sein Handy raus, nicht, weil es bimmelte, nein, weil er SMSte, er war dezent, ruhig unspektakulär, ein Segen. Nebenan amüsierte sich Verhoeven, in seiner 'crowd'.
Wir scherzten mit den Wirtsleuten, FDP-Man scherzte mit uns und seinem anderen Nebentisch, er stürzte sich in die Linguini, danach das Wiener Schnitzel, schaffte die Hälfte und fragte dann die Wirtin, ob er am Tisch seine Cigarre rauchen dürfe oder ob er dafür an die Bar müßte. Ein Schatz. Er war vermutlich der Vorsitzende der Kugellagerproduzierenden Industrie Nord-Baadens und garnicht in der FDP. Aber ich glaubte das immer noch. Er holte eine zusammengedrehte, blaue Gefriertüte aus der Jackeninnentasche, in der eine teure Cigarre lag. Während er die teure Cigarre auspackte, lächelte er zu uns rüber und sagt leise 'Mein Melitta-Humidor'. Ich wurde rot vor so viel Größe.
Er rauchte. Wir gingen. Verhoeven feierte. Meine Interessen hatten sich verschoben. Ich traute mich nicht zu Fragen, wer das war. Ich mochte diesen Mann.
Sorry, keine Pointe.
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'd'oh!'

Rock.

Schön. Das ist schon nicht mehr höfliches Paparazzen, das ist höfliches Absnobben. Erster Preis in der Kategorie 'Doofe Prominente - gute Statisten'.
Die ist bei uns im verschnarchten Kiez, die Kneipe? Ich frage ja nicht, welche das ist, nein das frage ich nicht.

Sehr gut abgemischt, diese Geschichte. Erst der Grundbeat aus der Westberliner Provinz. Dann sampelt sich jäh Verhoeven ein, wird ins Hinterzimmer ausgephased, worauf erst verhalten, dann aber mächtig der Schlechte-Geschmack-FDP-Loop aus der Provinz eindringt und anschwellend mit Goldknopf-Akkorden, Zigarren-Zitaten und unbrutaler Dezenz alles linde wegbläst.
Hitverdächtig.

Danke.
Ignaz - Leipnizstr., Europa.
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'd'oh!'

Käptn, wie sagt man noch gleich? Wir haben zu danken.

Werte Mutter, der war nur für Sie. Ich freu mich auf Weihnachten.
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'd'oh!'

vermelde Lesevergnuegen, grosses.

genau, der captain weiss wo's lang geht!

Volldampf vorraus. Groß.

Ein Luxusliner. Ahoi, Käpt«n!

Doch Pointe, 'Melitta - Humidor', mußte laut schmunzeln.

Der arme Capitain! Jetzt ist er schon so weit, daß er noch nicht mal mehr seine eigenen Pointen erkennt, aber nicht nur die Pointe, auch der Rest ist äußerst lesbar, vornehm und dezent dazu äußerst plastisch, lebhaft, nur um ein paar Adjektive loszuwerden.

Wenn Edith und Peter heiraten würden, dann könnten sie praktischerweise Handcke heissen, wenn das aber nicht ginge, müsste ihre arme Tochter Anke Handke Hancke heissen. Auch gut finde ich Riccola, ich nehme an, das ist Ricotta mit Ruccola, das wollte ich nur dazu sagen, und:
Grosses Aufatmen, bei der Geschichte!

Nein, Riccola, sind das nicht schweizer Kräuterbonbons? Ist ein Schweizer im Haus? Dr Virchow, übernehmen Sie!

Wrobels Eindruck vom doofen Prominenten kann ich nicht so ganz teilen. Die 1A Kapitänsgeschichte behandelt ihn doch gebührend liebe- und respektvoll, so daß vermutlich Verhoeven selbst mit der Beschreibung einverstanden wäre.
War der nicht mit Senta Berger verheiratet?

Verhoeven hat mit 'De vierde Man' einen ziemlich guten Film gemacht. http://us.imdb.com/Title?[postid]3

oh. Ich hab da was verwechselt. Naja.

Ich verwechsel auch immer Paul mit Michael, wer ist jetzt nochmal der Holländer, der Rutker Hauer entdeckt hat? Michael oder Paul? Und wer ist dann der andere?

Jetzt gehts aber ab. Der größte Verwechsler bin nämlich ich. Merkt denn das keiner? SFB? Verhoeven?
Ich hab Herrn Verhoeven mit Herrn Strauven verwechselt. Durch die ganze Geschichte durch. Gott, wie peinlich. Da ist 'Riccula' ja noch harmlos für. Meine Güte.
Michel Strauven:
http://www.sfb.de/gfx/fernsehen/mode...rauven_XXL.jpg
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'd'oh!'

Beruhigend, zeigt doch wieder mal, daß die Geschichte das Wichtige ist und nicht der Paparazzte. Der Senta-Berger-Ehemann und Strauven spielen doch irgendwie auch in einer Liga, Prominenzmäßig, oder? Ich hätte weder den einen noch den anderen erkannt.

und wer ist jetz der Verhoeven mit dem schrecklichen Mädchen? Und gibts da nicht noch einen Hollywoodregisseur, der hat doch Basic Instinct gedreht

Capt, komme bitte AUF KEINEN FALL auf die Idee, Verhoeven, Riccola und Handcke zu korrigieren, nur so bekommt das ganze eine neue Schmunzeldimension, ich hab jedenfalls sehr gelacht eben

Warum sollte ich? Ich lach mich ja hier selber schlapp. Ich glaub langsam, die ganze Geschichte ist so nicht passiert. Sagt zumindest Edith Hancke.
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'd'oh!'

Hübsche Geschichte, auch wenn sie gar nicht wirklich passiert sein sollte. Da ich weder Herrn Verhoeven noch Herrn Strauven kenne, ist es ja gar nicht so wichtig, welcher es denn war. Über Riccola (wäär hat's erfunden.... ja, genau!) statt Rucola musste ich auch ein wenig schmunzeln.

Wenn mir jetzt noch jemand erklärt, wie ich auf 'Verhoeven' kam, hör ich auch schon auf. Danke.
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'd'oh!'

Vermutlich, weil Du ihn mit Günter Verheugen verwechselt hast. Oder mit Eddie van Halen.

Captain, ungeahnt findet Deine Geschichte durch Verwechslung eine Fortsetzung... und was für eine... als Neu-Poster hüllte ich mich in nachdenkliches Schweigen, als ich über Riccola und Verhoeven stolperte: Das eine aus der Schweiz, der andere ein Münchner. Aber dann, so der nächste Gedankengang, verwechsel ich diese Verhoevens oder kenne nicht alle, so wie es viele gibt - wie mich - die bei Cave Cage Cale wahllos nicken, um nicht durch Unwissenhet aufzufallen. Und nun nick ich wieder artig und lächel mir eins und denke an geraspelte Riccola auf Rucola an Ricotta zum Porno-Muwie mit Handke.

Und dann spielt das Ganze noch in der Leibnizstraße! Das kann doch kein Zufall sein. Nebenan eine Geschichte über den Philosophen und Bibliothekar und untendran das Bekenntnis Wrobels, mit ihm verwandt zu sein.
Ich finde Bartholmy hat schon großartig beschrieben, was an dieser Geschichte gefällt: die Mischung.
Leider sagt mir Strauven selbst nach fünf Jahren Berlin noch nichts. Gibt«s den auch als Link?
(Beitrag wurde von Goodwill am 24.10.2001 um 12:12 Uhr bearbeitet.)

Ja, seit dem 23.10.2001 um 14:59 Uhr zum Kopier- und Einfügen.

Ich bin nicht mit Leibniz verwandt, sondern mit seinem Vorgänger! Aber Leibnizstrasse, stimmt. Cap, wohnst du in der Weimarer? Ich in der Sesenheimer ('Sesenheimer Lieder'), wir sind verbunden durch Goethe. Schneller dürfte es über die Schiller gehen. Kennst Du das 'Kabale'? Garantiert Promifrei.

Wrobelchen, alte Makrele, wie hast Du denn das schon wieder rausgefunden? Ich dachte mir schon, daß Du da in der Ecke Dein Refugium hast. Anderswo schriebst Du mal über den trommelnden Buddhisten in der Wilmersdorfer, über den ich auch immer stolpere. Dann können wir ja jetzt mit dem Hausmeister eine Kiezgruppe gründen.
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'd'oh!'