Klingelton spricht einen wichtigen Punkt an:
Auch ein Punkt, warum mir Lottmann-Texte so auf den Sack gehen - das intellektuelle Bemühen um "Welt", an der der Erzähler teilhaben möchte.
Mit jedem Wort aber tropft es aus dem Text: Der Autor hat keinen blassen Schimmer von Boulevardkultur, Jugendkultur, Hipness (Ariane S. war z.B. eigentlich schon komplett vergessen, zumindest aber seit ihrem "Wetten, Dass..."-Auftritt "mega-out", um in der Terminologie zu bleiben).
Ahnungslosigkeit allein wäre überhaupt nicht so schlimm, wenn man entweder die Finger von entsprechenden Themen ließe oder aus einer beobachtenden Distanz schreiben würde, die z.B. die eigene Ratlosigkeit thematisieren würde. Wie oben schon gesagt: Eine eigene Haltung dazu entwickeln würde.
Selbst eine oszillierende Nichthaltung (wie die angestrebte) zwischen Anziehung und Abneigung, Wahrheit und Fiktion, flottierenden Signifikanten und hingeworfenen Sinnhäppchen könnte ich akzeptieren.
Was ich nicht akzeptieren kann, ist diese aus Verlegenheit enstandene Nicht-Haltung. Weil man eindeutig nichts zur Populärkultur (nennen wir die Welt der BILD-Zeitung und das Universum junger Mädchen ruhig einmal so) zu sagen hat, nähert man sich ihr in einer devot-notgeilen Stimmung, die originell sein soll. In Wirklichkeit ist sie aber peinlich und zeugt von einem Selbstverständnis eines Menschen, dem diese Welt noch "Glamour" und "Sex" verheißt.
Solche Leute (zugegenermaßen weniger "articulated" als J.Lottmann) stehen nämlich an den Hinterausgängen der Produktionen, für die ich zu arbeiten pflag.
Weil sie dazugehören wollen. Wozu auch immer.
Dabei ist diese Welt, inclusive einer Ariane Sommer (ja, Frau Caldenberg, noch einmal: es geht in diesem Text nur metaphorisch um Ariane Sommer, ich habe das schon verstanden - so verklebt sind meine Synapsen nicht), so glamourös wie das Postscheckamt. Das ist nicht negativ gemeint, es ist ja immerhin meine Welt; eher ein Plädoyer für Selbstverständlichkeit.
Und mit einer dementsprechenden Selbstverständlichkeit sollte man Boulevard-Themen dann auch behandeln.
Jede andere Haltung zeugt mit jedem Satz von der völligen Kenntnisfreiheit zumindest des Erzählers.
Es sei denn, man schickt einen notgeilen alten Erzähler vor, bei dem es ganz wörtlich darum geht, junge Mädchen zu ficken. Aber auch hier sagte ich es oben schon: Dann interessiert mich das Thema nicht.