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lieber hermes,
ich denke, der prominente ist deshalb ein uns besonders beschaeftigendes thema, da der prominente fuer etwas steht, das uns ansonsten auch taeglich begegnet, leider nur vollkommen unbemerkt: der promi ist eine art knoten in der zeit, eine akkumulation von aufmerksamkeit, eine aufhaeufung. er symbolisiert die energie, die menschen entwickeln, wenn viele von ihnen auf einen punkt starren.
ich denke, das passiert staendig, verpufft aber dauernd, weils niemand bemerkt. wenn aber nur lange genug genug leute auf einen punkt starren, materialisiert sich dort ein prominenter.
ich weiss, du kannst mir folgen, die anderen bitte ich fuer etwaige unverstaendlichkeit um verzeihung.
das war das 1. schnipsel einer theorie des prominententums und des gehobenen paparazzismus.
so long, anko
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Sie nützen uns mehr, als wir ihnen dienen.
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Die einzigen Fremdwörter, die sich in Island behauptet haben, sind 'taxi' und 'pizza'. Besonders 'pizza' ist deshalb interessant, weil 1972 durch das nördlichste Parlament der Welt das 'z' für immer aus der isländischen Sprache getilgt wurde. Da 's' und 'z' genau gleich klingen bzw. klangen, war diese Klangähnlichkeit ständige Fehlerquelle. Alle 'z's wurden durch 's' ersetzt, aus Thyzkaland (Deutschland) wurde Thyskaland. Hätte man damals das zweiteinzigste Fremdwort auch seiner 'z's beraubt und sie durch 's' ersetzt, wäre aus 'pizza' 'pissa' geworden. Und das bedeutet übersetzt 'pissen', womit ich beim Harnstrang angekommen bin.
Der Chef der Sprachkommission Baldur J—nsson versicherte mir, dass in der geschriebenen Sprache das Wort 'pizza' gelegentlich auch als 'pidsa' vorkommt. Viltu pissa? (Willst du pissen?) Viltu pizza? (Willst du Pizza?)
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Im Leben habe ich noch keine treffendere Definition des Prominenten gehört, Anko.
Darf ich daher folgern, daß der Prominente aus dem übereinstimmenden Bedürfnis der Menschen nach kollektiver Selbsthypnose entsteht? Das gibt ein Paar Schuh.
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hallo angelika maisch,
selbsthypnose auch, aber ich denke, es geht drueber raus. grundannahme meines gedankengangs ist, dass menschen durch ihre aufmerksamkeit in der lage sind, etwas entstehen zu lassen. aufmerksamkeit verstehe ich als eine art energie (in dem moment, da ich das hinschreibe, beginnt in berlin eben ein wolkenbruch, das nenne ich unterstuetzung einer verwegenen these :-)).
also: diese aufmerksamkeit laesst z.b. apparate wie den TV-apparat gross und maechtig werden, weil ja alle draufstarren.
der prominente wiederum ist als person vielleicht gar nicht anwesend, vielmehr als eine art enegier-batterie aller unserer sehnsuechtige & projektionen.
man kann an menschen, denen die aufmerksamkeit entzogene wird (ex-promis) ansehen, dass sie richtiggehend verschrumpeln. ihnen geht die energie aus. bei ex-promis sieht man das haeufig. matthieu carrier ist so jemand (der ist mittlerweile so weg, dass ich nichtmal mehr weiss, wie man ihn schreibt).
das was schnipsel 2.
jetzt du, anko
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Ich eben schnell dazischen, pardon:
Der Prominente sei ein Zeitknoten und Aufmerksamkeitshaufen, gebongt. Aber etwas passiert auch mit dem gedankenschweren Zellhaufen Promi, oder wie erklaeren wir Paparazzi dem Nichtpaparazzi das Gefuehl leichter Atemlosigkeit, das sich einstellt, wenn wir dem Prominenten nicht im angestarrten TV, sondern in echt begegnen?
Oder passiert was mit uns waehrend der Prominentwerdung des Promis?
Das sind nur allererste Frage an eine Theorie des Prominententums.
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Wo etwas schrumpeln kann, muss vorher Masse gewesen sein.
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Ich meine mit Selbsthypnose auch nicht das, was man absichtlich herbeiführen kann. Sondern den unvermeidlichen Vorgang der ununterbrochenen Projektion bzw. Auschickung der eigenen Energie. Die durch permanente und massenhafte Anhäufung gewisse, real erscheinende Ergebnisse zeitigt. Ich gehe davon aus, wir meinen den selben Vorgang.
Was die Promis angeht, Truthahn, ich denke es geschieht großenteils folgendes: Der Promi gewöhnt sich daran, von der Energie der Vielen ernährt zu werden. Fehlt die Energiezufuhr plötzlich, muß er wieder auf Handbetrieb umstellen. Die meisten schätzen das gar nicht. Sind schließlich süchtig.
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Ich uebergehe einmal Herrn Phettbergs Einwand (Vergebung, Hermes!).
Nach dem Energieerhaltungsgesetz aendert sich ja nichts an der Energie in summa. Wenn der Prominente also aus der fokussierten Energie des Publikums entsteht und sich mit ihr plustert, muss es auch einen Energierueckfluss geben, der das Publikum entstehen laesst (ohne Promi kein Publikum!). Das deckt sich mit der Beobachtung, dass wir in der Gegenwart von Prominenten zu schwitzen und ventilieren beginnen, Unterwaesche ablegen und auf die Buehne werfen, schreien und ohnmaechtig werden. Zuviel Rueckfluss.
Andererseits irritiert mich der Gedanke, dass wir gar nicht existieren ohne Promis.
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truthahn, natuerlich existieren wir auch OHNE den promi - aber nicht in der spezifischen paparazzi-form. die hast du sehr schoen beobachtet und beschrieben.
also, schnipsel 3 der theoriewerdung: wir bekommen vom promi die energetische anweisung, wie wir idealerweise zu sein haetten. paradoxerweise ist das kein verdienst des promis, sondern unsere projektion. das heisst: wir brauchen ein weit entferntes objekt, auf das wir was werfen koennen (unterwaesche, aber auch idealbilder) - und von dort strahlt es dann unerreichbar zurueck.
der promi ist eine strahlende leinwand, die wir niemals nicht erreichen koennen. und wenn doch, verpufft alles.
ich habe einmal einen wirklichen promi dabei beobachtet, wie er uns ein SCHNITZEL briet. das hat - ja, es hat mich beeindruckt. was meine theorie sofort durchlaessig macht. hmm. noch ein wenig nachdenken.
anko
(Beitrag wurde von anko am 20.03.2001 um 18:06 Uhr bearbeitet.)
(Beitrag wurde von anko am 22.03.2001 um 00:05 Uhr bearbeitet.)
(Beitrag wurde von anko am 22.03.2001 um 00:28 Uhr bearbeitet.)
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anko! Vor jeder Theoriearbeit steht die Neugier, und die befiehlt: schreib die Schnitzelgeschichte auf, um Himmels willen! Die Suchmaschine findet sie nicht.