Chuck Berry in Wettingen, Kanton Aargau: 'Hello Germany'. Damals hatte ich noch keinen Schweizer Pass und fühlte mich natürlich angesprochen.
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Ultra posse nemo tenetur
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Chuck Berry in Wettingen, Kanton Aargau: 'Hello Germany'. Damals hatte ich noch keinen Schweizer Pass und fühlte mich natürlich angesprochen.
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Ultra posse nemo tenetur
Ich will auch eine Schweizerin heiraten.
Was stand unter anderem auf dem Bauhaus Tour T-Shirt?
Porto Spain
Leuwen Germany
Vienna Australia
Ich musste es mir DESWEGEN kaufen, und als ich dem Verkäufer sagte, ich kaufe es DESWEGEN, sagte er, ich sei nicht der einzige, der es DESWEGEN kauft
agA
June Carter Cash ist gestorben, ausserdem ist Freitag.
rron!
Mist, Cookiefehler.
Kacke, gedoppelt.
R.I.P.
Oh! Während der letzten Woche verstorben: Johnny Cash, Leni Riefenstahl und mein Opa. Ansonsten keine Gemeinsamkeiten.
Johnny Cash habe ich nie persönlich gesehen, nicht mal auf einem Konzert. Nur seine Musik höre ich seit Jahrzehnten, und besonders in den Wochen nach seinem Tod. Dabei sind mir wieder die etwas skurrilen Umstände eingefallen, unter denen mir sein Name zum erstenmal begegnet ist, vor fast 30 Jahren. Und ich muß noch heute darüber grinsen, obwohl ein gemischtes Gefühl vielleicht angebrachter wäre.
Es war in der 8. oder 9. Klasse des Gymnasiums. Wir bekamen einen neuen Erdkundelehrer, den ich hier „Meier“ nenne. Er war vielleicht 30 oder knapp darunter, etwas beleibt, hatte eine angenehm beruhigende Bariton-Onkelstimme. Sein stets peinlich genau sitzendes Jackett harmonierte tadellos mit der exakten Symmetrie seines Schnauzers.
Meier war kein übler Typ. Er wußte viel, auch über sein Fachgebiet hinaus. Er gab sich sachlich und aufgeräumt, hatte aber Humor und nahm fadenscheinige Ausreden, wenn mal wieder die Hausaufgaben nicht gemacht waren, schlagfertig auseinander, jedoch ohne Bosheit. In gewisser Weise paßte er sich uns an, kannte unsere Sprüche und setzte gerne noch einen drauf. Dabei war er stets ruhig und maßvoll. Und wenn wieder mal blaue Briefe ins Haus standen, erkundigte er sich, ob jemand von uns davon betroffen sei und bot Hilfe im Umgang mit den Eltern an. Ich glaube, daß es ihm damit ernst war. Er verstand es, sich in unsere Welt zu versetzen, was man keineswegs von jedem Lehrer sagen konnte.
Nur einmal ging ihm das gründlich daneben. Einen Vorgeschmack erhielten wir, als er mit uns einen Lesebuchtext über afrikanische Stämme durchnahm.
„In diesem Text leistet sich der Schreiber eine Riesenunverschämtheit“, meinte Meier. „Seht mal genau hin, findet ihr sie?“
Es ging um Sitten und Gebräuche der Pygmäen. Keinem fiel was auf.
„Na, da ist doch die Rede von „Pygmäenhorden““, machte Meier uns aufmerksam.
Stimmt. Da stand in der Tat das Wort. Pygmäenhorden durchwandern Afrika, oder so. Na gut. Das Wort „Pygmäenhorden“ ist schlimm, das darf man nicht sagen. Wir schrieben es uns hinter die Ohren.
Richtig in Fahrt geriet Meier, als er kurze Zeit später auf Indianer zu sprechen kam. Er erklärte, wie die Weißen sie immer wieder um ihr Land betrogen und in Reservate sperrten. Zur Unterstützung seiner Worte schleppte er in der nächsten Stunde einen Plattenspieler an und ließ uns ein Lied hören: „Ballad of Ira Hayes“. Gesungen von einem, der sich Johnny Cash nannte.
„Das Lied handelt von einem Indianer, der für die Weißen kämpft, von ihnen aber danach genauso verachtet wird wie vorher, weil er ein Roter ist, und am Alkohol zugrundegeht“, verkündete Meier und setzte den Tonarm auf.
Eine dunkle, mahnende Stimme, und die mehr gesprochenen als gesungenen Worte
Ira Hayes, Ira Hayes
Dann, zu einsetzendem Rhythmus, der Refrain, dessen auf- und abschwingende Melodie mir sofort ins Ohr ging:
Call him drunken Ira Hayes, he won't answer anymore
Not the whisky drinkin' Indian nor the marine that went to war
Und da war noch mehr. Eine Stimme, die nicht „schön“ klang, aber warm, menschlich, und ehrlich. Die ganz unaufgeregt und ohne Verrenkungen ihr Anliegen vortrug, mit minimalem musikalischem Aufwand. Irgendwie anders als Gary Glitter.
Meier dudelte uns die Nummer drei-, viermal hintereinander. Vergaß auch nicht, reinzuquatschen, um uns rechtzeitig auf wichtige Dinge hinzuweisen:
„Jetzt kommt die Stelle, wo er in den Krieg zieht“
„Gleich fängt er an zu trinken“.
Und dann das Ganze nochmal und nochmal...es war zuviel des Guten. Gerade weil mich das Lied und die Stimme dieses Unbekannten sofort beeindruckten, kamen mir Meiers Betroffenheitsgehabe und seine penetrante Art, uns seine Ansicht einzuhämmern, nur peinlich vor.
Etwas mußte geschehen, und es geschah auch, schneller und auf andere Weise als ich dachte.
Wie ich vor der folgenden Erdkundestunde das Klassenzimmer betrat, standen fünf sechs Leute an der Tafel und schmierten sie mit den abartigsten Sprüchen zu. „Alle Indianer ab ins Reservat!“ “Amerika den Weißen!“ „Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer!“ Die anderen, auch ich, standen drumherum, lachten, feuerten die Täter an, bis die Tafel von oben bis unten voll war. Wenn das verabredet gewesen war, hatte ich nichts mitbekommen. Mir kam es fast so vor, als würden sie instinktiv handeln und das tun, was unbedingt getan werden mußte.
Meier kam rein. Blickte auf die Tafel. Und das muß man ihm lassen, er hatte sich in der Gewalt. Machte einfach den normalen Unterricht. Erwähnte unser Manifest mit keinem Wort, ließ es nicht mal wegwischen. Es kam auch nicht zu einem Nachspiel von seiner Seite oder zumindest zu einer Predigt. Ein bißchen war ich enttäuscht - einen ausrastenden Meier hätte ich gerne mal erlebt. Aber ich hatte ihn unterschätzt.
Das war meine erste Begegnung mit Johnny Cash, zu einer Zeit, als er noch lange nicht „cool“ war, und erst recht kein Kultstar. Niemand in meiner Klasse mochte Countrymusik.
Ich dagegen kaufte von da an seine Platten, soweit es meine Ersparnisse erlaubten, und lernte auch andere Countrymusiker kennen und schätzen: Johnny Horton, Hank Williams, Merle Haggard, Bill Monroe, die Statler Brothers.
Und bitte: es gibt nichts, was ich mehr verabscheue als Rassismus. Aber damals, das müßt ihr verstehen, das war reine Notwehr.
Ich höre Cash ja auch sehr gerne, musste aber neulich doch schon ziemlich lachen, als ich mir "When we were kings" erstmals ansah (im Kino hatte ich ihn verpasst), und zwar die Szene, in der der in diesem Film wirklich umwerfende, gottgleiche, das Konzept Charisma wie kein Zweiter auf diesem Planeten verkörpernde Muhamad Ali darüber doziert, warum er die weiße Musik nicht mag. Da klänge jedes Lied gleich, und zwar (und dann singt er zu einer erfundenen Melodie): "There's a train coming round the mountain, at Folsom prison, at Folsom prison." Er zumindest mochte Johnny Cash also nicht.