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Oh Ignac! Gar und ganc nicht vergurct, Dein Vormittag.
Der K-Solletterismus hat seine grimmigen Wurzeln in der Unfähigkeit der Teutonen runde Buchstaben in Steine und Bretter zu ritzen. Im Grunde ihres wölfischen Wurzelwerks haben die Hannovers wohl immer schon latinisch gepinselt anstatt germanisch zu runen. Mit einem höfischen Schreiberpinsel lassen sich nämlich vortrefflich runde Lettern malen. All die schönen o's und u's und c's und q's, die die romanischen Sprachen so lecker in Gedichte und 'romanische' Prosa füllen lassen.
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Leibniz, mehr als ein Plätzchen.
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Der große Wrobel wächst jetzt über sich hinaus, von 1,96 auf 2 Meter zehn.
Kein Wunder verbreitetr er Angst und Schrecken unter den neuen Zarten und Erfurcht unter den kampferproblten Recken, wer kann schon Vorfahren vorweisen, die den dreißigjährigen Krieg überlebt haben, geschweige denn sich Gedanlen über bärtiges Gewissen gemacht haben.
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Apropos 30-jähriger Krieg. Ein genetischer Vorfahr von mir, ist in Prag aus dem Fenster geworfen worden. Und zwar nicht aus irgendeinem. Und das ging so:
Am 23. Mai 1618 erschienen bewaffnete böhmische Herren mit einer großen Anhängerschar auf der königlichen Prager Burg, dem Hradschin, um ihre Standpunkte zur Auslegung eines kaiserlichen Briefes zu 'erläutern'. Ihre Wortführer drängten sich durh den Wenzelsaal in den kleinen Raum, in dem die vom Kaiser ernannten Statthalter saßen. Ihre Kostümierung war martialisch und keiner der Anwesenden, weder die Aufrührer, noch das kaiserliche Kanzleiperonal, zweifelte daran, das ihnen die letzte Stunde geschlagen habe. Mein genetischer Vorfahr war sofort entmutigt und schwurbelte zu seinem Kollegen:
'O Martinitz, wäre ich doch, wie ich wollte, hinweggeeilt. Aber Du hast mir den Weggang widerraten und jetzt müssen wir verderben.'
Martinitz soll ebenso schmuck geantwortet haben:
'Es ist sehr gut, daß Du hier geblieben bist. Denn hättst Du jetzt trotz Deiner Amtspflicht das Land in dieser höchsten Gefahr und Not verlassen, so wärest Du für einen eidbrüchigen und ehrlosen Mann gehalten worden. Jetzt leiden und sterben wir als redliche treue Diener und Märtyrer Gottes und des Kaisers. Empfehlen wir uns nur Gott dem Herrn.'
Ob dies ihre tasächlichen Worte waren oder der Wortlaut der offiziellen Schilderung an den Kaiser, mag dahingestellt sein, aber beide hatten allen Grund, sich Gott zu empfehlen, denn beide waren bei ihren böhmischen Landsleuten gleichermaßen unbeliebt.
Die Stimmung im Zimmer war gereizt wie überheizt und näherte sich auch mikroklimatisch ihrem Höhepunkt. Die wütenden Abgeordneten beschuldigten meinen genetischen Vorfahren und seinen Habibi Martinitz, auf Teilnehmer protestantischer Gottesdienste flämische Pudel und burgundische Doggen gehetzt und durch Verweigerung der Taufe, von Hochzeiten und Beerdigungen den katholischen Glauben erzwungen zu haben. Mein genetischer Ahn war verschüchtert und antwortete nicht auf die Vorwürfe, Martinitz hingegen brachte das Faß zum Überlaufen, indem er tourettierte.
Daraufhin ließ der Anführer der böhmischen Gesandtschaft die Guten von den Schlechten sortieren und freundlich gesinnte Kanzlisten in die sogenannte grüne Stube bringen. In dem sich anschließenden Handgemenge wurden mein genetischer Vorfahr, der polternede Martinitz und der Schreiber Fabricius kurzerhand aus dem Fenster geworfen.
Dieses, als 'Prager Fenstersturz' bekannte Ereignis, hatte nur lokale Bedeutung, wird aber aus anekdotischen Gründen als Beginn beziehungsweise Auslöser des 30jährigen Krieges gehalten.
Der Vorgang des Fenstersturzes scheint heute lächerlich, denn kaiserliche Beamte aus dem Fenster zu werfen, hatte in Böhmen Tradition und geradezu ein Symbol böhmischen Widerstands. Damals symbolisierte er aber einen Staatsstreich.
Alle drei kaiserlichen Beamten überlebten den Sturz aus 17 Metern Höhe. Während der Schreiber sofort entkommen konnte, versuchte Martinitz meinen betäubten Ahn zum Gehen aufzurichten. Ein großer Haufen Mist hatte das Schlimmste verhindert, und so konnten sich beide, obwohl nach ihnen geschossen wurde, stinkend in das Haus des Oberstkanzlers Lobkowitz flüchten.
Martinitz stellte sich todkrank, ließ unter großem propagandistischen Aufwand einen radikalkatholischen Priester für die Beichte und die letzte Ölung bestellen und täuschte damit seine Gegner derart, daß ihnen auch nicht der bartlose, schmutzige Stallknecht auffiel, der aus dem umstellten Haus der Lobkowitz einem Barbier die Instrumente nachtrug. Dieser Stallknecht Martinitz' flüchtete nach München und wurde dort mit seiner Familie vom Bayernherzog Maximilian 'huldvoll aufgenommen' und mit dem Titel 'Fabritz, Edler von Freyfall' geadelt.
Mein genetischer Verwandter war kopfüber in den Schloßgraben gefallen und hatte sich an einem Fenstersims die Birne angehauen; er brauchte tatsächlich ärztliche Hilfe, und ihn bewachten die Böhmen besonders scharf. Erst nachdem seine Gattin einen gigantischen Fußfall vor ihrer Todfeindin, der Gräfin von Thurn getan hatte und mein genetischer Vorfahr das schriftliche Versprechen abgegeben hatte, daß er sich nicht für den erlittenen Fensterflug rächen werde, wurde er am 28. Mai nach Hause entlassen und konnte seinen verbeulten Kopf behandeln lassen. Nach einem langen Jahr des kopfschemerzenden Hausarrests erhielt er die Freiheit zurück, die er sofort nutzte, um ausgiebige Kuraufenthalte in Teplitz und Sachsen zu absolvieren.
Erst 1621 kam er nach Prag zurück. Zum Andenken an seine glückliche Landung von den Folgen des 17 Meter-Sturzes errichtete er an seiner einstigen Einschlagstelle, der östlichen Seite des Hradschins einen Gedenkstein in Form einer in den Boden gebohrten kleinen Pyramide; einen ähnlichen Gedenkstein errichtete auch sein Flugbegleiter Martinitz.
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True Story
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Genetisches Paparazzen!
Sehr schöne Geschichte, so plastisch habe ich mir den Prager Fenstersturz noch nie vorgestellt. Das Zimmer wurde hier doch schon mal irgendwo beschrieben, oder? Aber wo? Und warum? Und verrat doch bitte noch den Namen des Genüberträgers! Vielleicht sollten wir die Szene mal nachstellen, Du kannst tourettieren und ein Heer aufständischer Jungpappen darf Dich symbolisch aus dem Fenster auf einen Misthaufen werfen. Naja, vielleicht doch keine so gute Idee.
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honz, 1,67, um genau zu sein. Und die Tante mit den Zetteln hätte jeden hier auf Karl den Großen zurückgeführt. Zumindest aber auf Adam und Eva, und die waren ja auch schon recht prominent.
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Der Name des Ahns ist doch vollkommen klar, er hatte ja solch einen Dusl.
duckt sich, ab
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Fabritz, Edler von Freyfall?
Andrea, Du flunkerst doch nicht, oder?
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Der Fliegeahn hiess Wilhelm Slavata. Nichts ist geflunkert. Der Name Fabritz, Edler von Freyfall allerdings schon. Denn solch tolle Adelprädikate verliehen nur die letzten regierenden Habsburger. Der lezte regierende Kaiser, Karl, erhob allen ernstes sämtliche Untertanen, die sich 1918 auf seiner Exilfahrt nach Budapest auf den Perrons eingefunden hatten um sentimental mit Hüten und Schirmen zu wedeln zu 'Edlen von Karltreu'. Die Dekrete wurden zugestellt, als die Monarchie schon aufgehört hatte, zu existieren.
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Sehr schön erzählte Fussnote zur deutschen Geschichte. Vielleicht könnte man Frau Merkel, die sich schon seit längerer Zeit im freyen Fall befindet, adeln und nachher oder vorher aus dem Fenster werfen.
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In meinem Geschichtsbuch heißt es, damals in Prag seien zwei böhmische Gesandte und ihr Geheimschreiber aus dem Fenster gestürzt worden. Es dürfte uns allen klar sein, wer von den dreien der genetische Vorfahr von Andrea Maria ist. Erstaunlich, wie die Erbanlagen bis ins 21. Jahrhunderts durchschlagen.
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ich möchte gerne sabeta slavata heissen.
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Goodwill, Dein Geschichtsbuch ist Makulatur. Der Schreiber hiess Fabricius. Die Flieger waren als im wahrsten Sinne des Wortes Gesandte, den man sandte sie vom Fenstersims.
Sie waren Beamte des Kaisers und eigentlich war die Burg sowas wie ihr Büro. Von Geheimschiftstellerei keine Spur. Die beiden Fensterstürzer hiessen Martinitz und Slawata. Genetisch steht mir letzter am nächsten (wenn man unbedingt will, denn ich will nicht.) Die ganze Angelegenheit ist skuril, aber aus meiner Sicht absolut in Ordnung, denn ich bin antikatholisch, antimonarchistisch, proletarisch und proslawisch. Ich hätte die beiden Anpassler jedoch etwas präziser geworfen, so dass sie keine Pyramidchen mehr stiften hätten können.