Kaiser, Roland - Mein Nachmittag mit R.K.
1994 arbeitete ich in der Fotoabteilung eines großen Kaufhauses in einer deutschen Kleinstadt. Die Geschäftsleitung dachte sich immer wieder tolle Aktionen aus, um neue Kundschaft ins Kaufhaus zu locken. So war für den Sommer ein CD Sonderverkauf geplant. Dazu war eine Karaokeanlage mit DJ gebucht. Jeder war zum Karaokesingen eingeladen. Als Höhepunkt des Tages sollte Roland Kaiser eine Autogrammstunde geben. Ich wurde von meinem Abteilungsleiter beauftragt, den ganzen Tagesablauf mit schönen Fotos zu dokumentieren – intern für die Geschäftsleitung und ggf. auch für die Zeitung.
Mein Chef war wie immer spät dran – wir rasten zu dem kleinen Privatflughafen. Dort sollten wir Herrn Kaiser um 14 Uhr abholen, der extra von Sylt mit seinem Privatjet anreiste. Weil mein Abteilungsleiter und ich keine Schlagerfreaks sind, schauten wir uns vorher noch schnell ein paar CD Cover an, damit wir auch wussten, um wen es geht.
14:20 Uhr: Roland Kaiser sah schlimm aus. Alt, unrasiert, unausgeschlafen und verlebt. Er raucht und steht vor dem Flughafengebäude. Mein Chef rennt fast an ihm vorbei. Dann bleibt er stehen und fragt Roland Kaiser, ob er zufällig Roland Kaiser gesehen hätte. Der solle hier landen und nun wolle er ihn abholen, sei aber spät dran. Ich habe sofort gecheckt was los ist, konnte aber nicht mehr eingreifen. Ich wurde rot und fing an zu schwitzen. Peinlich!
Aber das war sicher nicht der Grund für die extrem schlechte Laune und das rüpelhafte Benehmen, das der Schlagerstar den restlichen Tag zum besten gab. Er rauchte Kette, soff Kaffee und telefonierte die ganze Zeit mobil. Wir boten ihm leckeren Kuchen an, er rümpfte nur die Nase. Sein Gesichtsausdruck sagte zu uns – „ihr widert mich an, ihr unbedeutenden Loser“. Meine Fotoreportage umfasste übrigens nur sehr wenige Fotos, Roland Kaiser untersagte es mir streng, von ihm weitere Fotos zu machen. Dank sehr magerer Besucherzahlen wurde die ganze Veranstaltung zum Flop. Ich hatte kein Mitleid.
