Joop, Wolfgang trägt Mahagoni oder Plastik
Wir sitzen im „Reh“ in Altona und sind alle schon ein bisschen „bläuchen“, wie Isabel treffend bemerkt. Ins „Reh“ geht Frau wegen des Barkeepers, einem blondgelockten Gott, der aussieht wie der Typ aus „die blaue Lagune“ mit Brook Shields, nur ohne Brook Shields und mit Muskeln und unrasiert. Im „Reh“ gibt es außerdem Caipirina in zwei Größen, groß und klein. Die Ladys nehmen immer klein und öfter und bewundern das Muskelspiel von Christopher Atkins, wenn er die unschuldigen Limetten mit groben Stößen entsaftet.
Dann stört mein alter Freund Holger. Holger handelt mit „Tee & Coffein“. Das flüstert er immer in einem Tonfall wie „Schweinkram & Drogen“, dabei hebt er bedeutungsvoll die Augenbrauen. Ich stelle Holger Isabel vor, er macht die Augenbrauen-Flüster-Nummer und gerade als ich denke, prima den hab ich von der Backe, ist er schon wieder da: “Caipi, Kopfwasser?“.
Holger erzählt gerne Geschichten aus der aufregenden Welt des Tee & Coffein-Handels. Heute die unglaubliche Geschichte, wie er eine Teelieferung persönlich im Freihafen beim Zoll abholen musste. Beim Zoll. Verstehste? Falscher Alarm, verstehste? Hahahaha! Holger muß ganz doll lachen, ich sehe ihn an und plötzlich denke ich, ach Du meine Güte, seine Vorderzähne haben sich gerade bewegt. Ich staare jetzt nur noch auf die beiden oberen Schneidezähne, Holger lacht immer noch und die Zähne wackeln bedenklich. „Holger, deine Schneidezähne wackeln.“, sage ich. „Jaja, da hab ich Probleme“, sagt Holger, öffnet den Mund wie ein Fisch, hält seine Hand darunter und spuckt einen feinen Draht mit zwei sehr schön gearbeiteten Schneidezähnen in die Handfläche. Er lächelt und lispelt stolz durch die schwarze Lücke:“ Ich bin in der selben Zahnklinik wie Wolfgang Joop!“
Und dann erzählt er mir die ganze Geschichte, er hat zuwenig Knochen, also haben sie ihm in der Zahnklinik den Gaumen aufgeschnitten und aufgeklappt und Rinderknochen implantiert, das hat aber irgendwie nicht funktioniert, darum schneiden sie jetzt hier, er zeigt auf eine Stelle zwischen Po und Oberschenkel, also hier, schneiden die jetzt auf und holen da Knochen raus, seine eigenen Knochen, das sollte dann funktionieren hat der Arzt gesagt. Ich bestelle mir einen Schnaps und bitte Holger doch bitte seine Zähne wieder einzusetzten. „Oh!“, sagt Holger und reiht das Kunstwerk ein.
Ja und neulich, erzählt Holger, da sitze ich im Wartesaal der Zahnarztklinik und da lief ein Typ nervös auf und ab, der trug den schönsten Anzug, den ich je gesehen habe. Hellblauer Nadelstreifenanzug! Dazu so eine siebziger Jahre „Pan Am“-Tasche auch hellblau. Das sah aus, so, so...Jetzt schlägt meine Stunde, der ultimative Test, ich muss an dieses Forum denken und unterbreche Holger: „schrill?“ Holger schaut irritiert, äh, ja, kann man so sagen. Ha! Also doch. Ein Berlinding.
Aber jetzt kommts, sagt Holger, also ich denke noch, wahnsinn der Typ, da öffnet sich die Tür zum Behandlungszimmer und Wolfgang Joop kommt raus! Also jedenfalls hat Wolfgang Joop dann Hallo zu mir gesagt und noch einen guten Tag gewünscht, dann ist er mit dem Nadelstreifentyp weg. Joop trug übrigens so billige Hip-Hop-Military-Hosen und ein hellblaues T-Shirt und sein Gesicht war so braun wie dieser Tresen, so voll Mahagoni.
„Das ist Plastik.“, sagt Christopher Atkins und klopft auf den Tresen. Holger lacht: „ja, Plastik war auch viel im Gesicht von Wolfgang Joop, huhuahaahhahaha!“ . Die Schneidezähne beben, ich muß da dauernd hinkucken und ich denke, das ist leider eine sehr, sehr flache Paparazzi-Geschichte aus zweiter Hand.