Otto Schiliy, pasta-essend
Kürzlich aß ich im Berliner Restaurant Sale è Tabacchi, welches aufgrund seiner besonderen geografischen Lage sowohl von mittelwichtigen Berlin-Mitte-Menschen, als auch struppigen taz-RedakteurINNEN besucht wird.
Welch famoser Brückenschlag! Traf ich doch dort den INNEN-Minister.
Mit meinem Lieblingsfreund Klemens saß ich dort und aß eines der vier Tagesmenüs. Plötzlich tapst Klemens mit Schuhgröße 43 gegen meine Stilettos: "Neben uns sitzt Otto Schily".
Klemens hat recht. Am Tisch neben uns sitzt Schily mit einer mir nicht bekannten Person. Bisher kannte ich Schily nur aus dem Fernseh, zu hart und unvermittelt trifft es mich, seine antroposophische grauschwarzes Fransenplissé-Topffrisur aus etwa 38 cm Entfernung betrachten zu müssen.
Ich installiere ein Ohr am Nebentisch, aber Schily spricht sowas von leise, dass ich kein einziges Wort verstehen kann. Häufig greift er zu einem Ericsson-Handy und telefoniert. In den Telefonpausen isst er die Pasta Vongole aus Tagesmenü Nummer drei.
Schily ist ein gepflegter Mann, die bei Menschen seiner Machart üblichen Schuppen auf dem Sakko fehlen. Nach der Hauptspeise geht er auf die Toilette. Sein Begleiter verschickt hastig zwei SMS und stößt dabei ein viertelvolles Weinglas um. Als Schily wiederkommt, nimmt er keine Notiz von dem Malheur und verkneift es sich, Salz auf den Rotweinfleck zu gießen. Man mag das jetzt so nicht glauben, aber er hat Ausstrahlung, es rührt sich was.
Dann niest Otto Schily sechs Mal hintereinander, schneuzt sich ausgiebig die Nase und begeht den ersten aber großen Fehler:
Er schaut nach dem Schneuzen in das vollgeschneuzte Taschentuch, als gäbe es dort in türkischer Kaffeesatzmanier die Zukunft drin zu lesen, und zwar die von ihm, seiner Partei und seiner Frau.
Durchgefallen. Ganz am Schluss.