Gildo, Rex (erniedrigt im Möbelladen)
1997 musste ich dringend neue Küchenstühle kaufen. Ich fuhr also in eines dieser Wellblechmöbellager in der Nähe von Dortmund, um dort das Angebot eingehender in Augenschein zu nehmen. Kurz nach Betreten des „Möbel Megastores“ bemerkte ich im Erdgeschoß zunächst mittellaute Musik und kurz darauf auch eine kleine, leicht vor sich hin wippende Menschenmenge. Jemand mit komischer Hautgerbung (Bräterbaun) und schwarzen Haaren sang zu einem Vollplayback Schlager. Es war Rex Gildo, und er hatte offensichtlich nur wenig Freude, in der Teppichabteilung seinen alten Knaller zu performen.
Eine halbe Stunde später kehrte ich in das Erdgeschoß zurück, wo Gildo gerade seinen Abtritt beendet hatte und Autogramme gab. Das Gespräch mit seiner Managerin, einer properen Frau mittleren Alters, bekam ich unauffällig lauschend mit.
Managerin: „Rex, Du hattest keinen Spaß, Mensch, das sehe ich doch. Das sehe ich doch!“
Rex Gildo: „Weißt Du, was der Unterschied zwischen Schweinehälften schlachten und diesem Auftritt hier ist? Beim Schweinehälften schlachten sieht Dir wenigstens niemand zu.“
Managerin: „Rex, ach Mensch, Rex.“
Ich ging daraufhin an die Kasse, und dachte mir nur, dass sich der Herr Absack-Star mal nicht so dolle beschweren möge, bei soviel Zaster, wie er für diese Jämmerlichkeit wohl in den Rachen gestopft bekommen hat. Im Nachhinein habe ich Gildos Problem aber wohl falsch erfasst, denn er hatte sich ja nur ob der deprimierenden Umstände, nicht aber über die Höhe des Bimbes beschwert.
Ein paar Tage nach Rex Gildos Selbstmord hockte ich im Wartesaal meines Zahnarztes. In einer dortigen Klatschillustrierten lass ich den ungefähr wie folgt lautenden Leserbrief eines Rex-Fans zum Thema: „Viele Jahrzehnte verzaubert unser junge und immer stets gebräunte Rex seine alten und jungen Fans mit seinen Liedern. Im Jahre 1973 wurde Rex sogar in Salzburg zum "Leitbild der Jugend" ernannt.“
Ich finde sogar, im Nachhinein hat der Mann lange durchgehalten.
