Bartholmy
09.12.2001, 01:31
Mit dem Öffentlichen Nahverkehr bin ich von Zuhause bis nach Wannsee ungefähr eine Stunde unterwegs. Ich fahre also selten nach Wannsee, noch seltener nach Spandau. Beiderorts gibt es auch nicht so höllisch viel Anziehungspunkte - im Winter sogar noch weniger. Jetzt war ich aber gerade sogar auf Schwanenwerder gewesen. Ich wohne schon derart lange in Berlin, dass seit meinem Herzug zwar ich nicht, die Stadt aber Namen und Personenstand gewechselt hat. Ähnlich wird es Schneewittchen ergangen sein, nur dass ihre Geschichte mit Hochzeit und Augenaushacken zu Ende ist; und wir wissen es also nicht genau. Und obwohl ich meine Grimms und mein Westberlin gut kenne, war ich noch nie auf Schwanenwerder.
Ganz kurz zur Erklärung: Schwanenwerder ist eine durch Straßendamm ans Festland gebundene Insel im Wannsee, ein Sylt nicht für Arme, sondern für solche mit noch mehr Geld. Der Taxifahrer - die Insel ist, quel surprise, nicht an den ÖPNV angebunden - der mich im Dunkel auf die Insel fuhr, erzählte mir, wer hier so wohne, zum Beispiel Didi Hallervorden und so'ne Berliner Originale.
Das Tagungshaus der Evandelischen Akademie befindet sich in den Häusern 27 und 28. Sogar auf der kleinen Insel hat die eine kleine Straße zwei Seiten. Auf der einen Seite isst und schläft man. Zum Tagen geht man über die Straße ins zweite Haus, von dem aus man einen schönen Blick auf die Fahrrinne der Havel hat.
Beim Mittagessen trifft meine Gruppe im Speisesaal auf eine zweite Gruppe, die schon Essen fasst, dem Wein zuspricht und merkwürdigerweise nur aus Männern besteht, die meisten im fortgeschrittenen Rentenalter und von einer Erscheinung, die dezent sagt 'Um unsere Rente mussten wir uns nie sorgen, nein, nein'. Kurz spekulieren wir, es könne vielleicht ein evangelischer Kirchenchor (Alte Herren) sein. Soo evangelisch scheinen die Herren aber doch nicht; sie haben in sicherer Entfernung von dem hässlichen Wandbild Platz genommen, das wir uns ansehen müssen, ein Bild, das Jesus und auch sonst sehr viel Elend zeigt.
Einer der Herren hebt dann seinen weißen Schopf, wendet ihn seigneural. Und hoppla, ist er doch, schau an, einer der letzten westberliner Bürgermeister, alter Adel auch, auf Schwanenwerder idealtypisch zuhause wie der Alraun unterm Galgen des Gehängten: Richard von Weizsäcker. Obwohl der alte Mann mittlerweile schon sehr alt sein muss, wirkt er nicht gebrechlich (wie noch im vergangenen Jahr, als ich ihn einmal kurz sah). Vielleicht zieht er seine Kraft aus westberliner Boden? Hasenkeule und Rotwein spricht er zu.
Später schaue ich nach, an was für einem Seminar er wohl teilnehmen mag: "Globale Politikansätze und private Akteure: Legitimität durch Verfahren." Klingt irgendwie evangelisch. Und dem Alten Fritz hätte das vielleicht auch gefallen, hätte man es auf französisch so formuliert.
Die Nachrichten am Abend melden, Richie sei für die rot-rote Koalition in Berlin. Wer auf Schwanenwerder sitzt, soll nicht mit Wasser werfen.
Ganz kurz zur Erklärung: Schwanenwerder ist eine durch Straßendamm ans Festland gebundene Insel im Wannsee, ein Sylt nicht für Arme, sondern für solche mit noch mehr Geld. Der Taxifahrer - die Insel ist, quel surprise, nicht an den ÖPNV angebunden - der mich im Dunkel auf die Insel fuhr, erzählte mir, wer hier so wohne, zum Beispiel Didi Hallervorden und so'ne Berliner Originale.
Das Tagungshaus der Evandelischen Akademie befindet sich in den Häusern 27 und 28. Sogar auf der kleinen Insel hat die eine kleine Straße zwei Seiten. Auf der einen Seite isst und schläft man. Zum Tagen geht man über die Straße ins zweite Haus, von dem aus man einen schönen Blick auf die Fahrrinne der Havel hat.
Beim Mittagessen trifft meine Gruppe im Speisesaal auf eine zweite Gruppe, die schon Essen fasst, dem Wein zuspricht und merkwürdigerweise nur aus Männern besteht, die meisten im fortgeschrittenen Rentenalter und von einer Erscheinung, die dezent sagt 'Um unsere Rente mussten wir uns nie sorgen, nein, nein'. Kurz spekulieren wir, es könne vielleicht ein evangelischer Kirchenchor (Alte Herren) sein. Soo evangelisch scheinen die Herren aber doch nicht; sie haben in sicherer Entfernung von dem hässlichen Wandbild Platz genommen, das wir uns ansehen müssen, ein Bild, das Jesus und auch sonst sehr viel Elend zeigt.
Einer der Herren hebt dann seinen weißen Schopf, wendet ihn seigneural. Und hoppla, ist er doch, schau an, einer der letzten westberliner Bürgermeister, alter Adel auch, auf Schwanenwerder idealtypisch zuhause wie der Alraun unterm Galgen des Gehängten: Richard von Weizsäcker. Obwohl der alte Mann mittlerweile schon sehr alt sein muss, wirkt er nicht gebrechlich (wie noch im vergangenen Jahr, als ich ihn einmal kurz sah). Vielleicht zieht er seine Kraft aus westberliner Boden? Hasenkeule und Rotwein spricht er zu.
Später schaue ich nach, an was für einem Seminar er wohl teilnehmen mag: "Globale Politikansätze und private Akteure: Legitimität durch Verfahren." Klingt irgendwie evangelisch. Und dem Alten Fritz hätte das vielleicht auch gefallen, hätte man es auf französisch so formuliert.
Die Nachrichten am Abend melden, Richie sei für die rot-rote Koalition in Berlin. Wer auf Schwanenwerder sitzt, soll nicht mit Wasser werfen.