Haddock
18.05.2012, 16:17
Die Erinnerung an die Begegnung, von der ich berichten möchte, ist etwas verdunkelt. Dies liegt zum einen daran, dass sich diese vor nunmehr fast vier Jahrzehnten ereignet hat. Zum anderen war ich damals erst vier Jahre alt, so dass ich bezüglich einiger Details auf eine Zeitzeugin angewiesen bin, die ich hier "Mutter" nenne.
Es begab sich also in einem Ort im Schwarzwald, der nicht beleidigt sein sollte, wenn man ihn als Provinz bezeichnet. Dafür hält er ein Superlativ namens "Deutschlands höchstgelegener Rosengarten". Durch diesen tapste ich an Mutters Hand - und wenn ich deren Erzählungen glauben darf, tat ich das heulenderweise, was offenbar zu jener Zeit des öfteren vorkam.
Unseren Weg kreuzte plötzlich eine ältere Dame in Schwarz, deren Auftauchen meine Mutter mit einem überraschten, ja beinahe fassungslosen "Oh!" kommentierte.
Ich schrie weiter.
"Was hat er?", wollte die Dame wissen.
Meine Mutter zuckte entschuldigend mit den Schultern. "Ich weiß es leider nicht."
Elisabeth Flickenschildt, die am Abend im (klein)städtischen Theater auftreten sollte, erwies sich privat als ziemliches Gegenteil der Rollen, in denen sie meine Mutter bisher gesehen hatte.
"Mag er Bonbons?", wollte sie freundlich wissen, was Mutter bejahte.
Nun wurde ich ins Gespräch mit einbezogen: "Magst du ein Bonbon?", fragte sie nun mich, worauf ich zu weinen aufhörte, geräuschvoll die Nase hochzog und nickte.
Frau Flickenschildt händigte mir also ein Fruchtbonbon einer Marke aus, nach der sich einige Jahre später ein nicht allzu musikalischer Düsseldorfer Punk benennen sollte.
Geschmacksrichtung Orange, wie sich die Zeitzeugin zu erinnern glaubte.
Genau wusste sie es nicht mehr, da das Beweisstück binnen weniger Sekunden verschwunden war.
Nun entwickelten sich geradezu klassische Sätze.
Mutter: "Wie sagt man?"
Flickenschildt: "Ach, lassen Sie nur."
Mutter: "Wie sagt man?"
Kind (mit vollem Mund): "Danke."
Daraufhin tätschelte die Dame meine Wangen, was ja zu den Dingen gehört, die Kinder am wenigsten mögen.
Doch ich hielt diesmal meine Tränen zurück, was Frau Flickenschildt mit einem weiteren Bonbon belohnte.
Kirsch.
"Danke", mampfte ich diesmal ohne Aufforderung, was ein erneutes Tätscheln nach sich zog, ehe sich die freundliche Dame mit einem Nicken in Richtung Mutter verabschiedete und weiter den Rosengarten entlang zog.
Mutter versuchte mir nun zu erklären, dass das eine berühmte Schauspielerin gewesen sei. Und dass es doch ebenso erstaunlich wie sympathisch sei, dass diese mit Fruchtbonbons in der Tasche herumlaufe.
Den Sinn der Worte verstand ich damals nicht - es blieb jedoch die Erinnerung an die Bonbons. Über Monate, wenn nicht Jahre hinweg terrorisierte ich meine Mutter bei jedem Einkauf mit dem innigen Wunsch, solche Bonbons haben zu wollen wie die "berühmte Frau".
Ich denke mit großer Sympathie an Elisabeth Flickenschildt, wenn sie wieder einmal im Fernseher meinen Weg kreuzt. Obwohl sie vermutlich auch ihren kleinen Anteil daran hat, dass meine Waage eine inzwischen dreistellige Kilo-Zahl anzeigt...
Es begab sich also in einem Ort im Schwarzwald, der nicht beleidigt sein sollte, wenn man ihn als Provinz bezeichnet. Dafür hält er ein Superlativ namens "Deutschlands höchstgelegener Rosengarten". Durch diesen tapste ich an Mutters Hand - und wenn ich deren Erzählungen glauben darf, tat ich das heulenderweise, was offenbar zu jener Zeit des öfteren vorkam.
Unseren Weg kreuzte plötzlich eine ältere Dame in Schwarz, deren Auftauchen meine Mutter mit einem überraschten, ja beinahe fassungslosen "Oh!" kommentierte.
Ich schrie weiter.
"Was hat er?", wollte die Dame wissen.
Meine Mutter zuckte entschuldigend mit den Schultern. "Ich weiß es leider nicht."
Elisabeth Flickenschildt, die am Abend im (klein)städtischen Theater auftreten sollte, erwies sich privat als ziemliches Gegenteil der Rollen, in denen sie meine Mutter bisher gesehen hatte.
"Mag er Bonbons?", wollte sie freundlich wissen, was Mutter bejahte.
Nun wurde ich ins Gespräch mit einbezogen: "Magst du ein Bonbon?", fragte sie nun mich, worauf ich zu weinen aufhörte, geräuschvoll die Nase hochzog und nickte.
Frau Flickenschildt händigte mir also ein Fruchtbonbon einer Marke aus, nach der sich einige Jahre später ein nicht allzu musikalischer Düsseldorfer Punk benennen sollte.
Geschmacksrichtung Orange, wie sich die Zeitzeugin zu erinnern glaubte.
Genau wusste sie es nicht mehr, da das Beweisstück binnen weniger Sekunden verschwunden war.
Nun entwickelten sich geradezu klassische Sätze.
Mutter: "Wie sagt man?"
Flickenschildt: "Ach, lassen Sie nur."
Mutter: "Wie sagt man?"
Kind (mit vollem Mund): "Danke."
Daraufhin tätschelte die Dame meine Wangen, was ja zu den Dingen gehört, die Kinder am wenigsten mögen.
Doch ich hielt diesmal meine Tränen zurück, was Frau Flickenschildt mit einem weiteren Bonbon belohnte.
Kirsch.
"Danke", mampfte ich diesmal ohne Aufforderung, was ein erneutes Tätscheln nach sich zog, ehe sich die freundliche Dame mit einem Nicken in Richtung Mutter verabschiedete und weiter den Rosengarten entlang zog.
Mutter versuchte mir nun zu erklären, dass das eine berühmte Schauspielerin gewesen sei. Und dass es doch ebenso erstaunlich wie sympathisch sei, dass diese mit Fruchtbonbons in der Tasche herumlaufe.
Den Sinn der Worte verstand ich damals nicht - es blieb jedoch die Erinnerung an die Bonbons. Über Monate, wenn nicht Jahre hinweg terrorisierte ich meine Mutter bei jedem Einkauf mit dem innigen Wunsch, solche Bonbons haben zu wollen wie die "berühmte Frau".
Ich denke mit großer Sympathie an Elisabeth Flickenschildt, wenn sie wieder einmal im Fernseher meinen Weg kreuzt. Obwohl sie vermutlich auch ihren kleinen Anteil daran hat, dass meine Waage eine inzwischen dreistellige Kilo-Zahl anzeigt...