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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die Late Night und der Müll



Bartholmy
14.02.2011, 08:47
Nicht von mir, eben bei einem US-flickr-Kontakt gefunden. Und da's so schön ist, schnell übersetzt.

Wie ich mal auf den Granitstufen vor einem Bürogebäude in der Madison Avenue saß, meine zu warmen Wintersocken abzog um sie mit einem eben gekauften dünneren Paar zu ersetzen, guckte ich nach oben und sehe, wie mich ein Mann, gekleidet in einem Seersucker-Anzug mit passendem gepunktetem Einstecktuch und Fliege, anstarrt. Schien eine diese New-York-Situationen zu sein. "Was guckst Du?! Was guckst Du!!"

Das ereignete sich einige Stunden, bevor ich den Shuttlebus zum Kennedy-Flughafen nahm, Abschluss einer Woche Urlaub. In den Tagen war fast ebenso viel passiert.

An einem erinnerungswürdigen Nachmittag hatte ich mit meiner Frau eine Aufzeichnung von Conan O'Briens "Late Night" besucht. Wir mussten lang warten, wurden dann ins Studio geschleust. Der Boden neiget sich stark nach oben, und die hinterste Sitzreihe reichte fast bis zur Decke. Es wirkte wie eine kleine Schulaula, nur dass hier ein Stalaktitenwald von Scheinwerfern und Lautsprechern über unseren Köpfen hing.

Die Menge wurde sehr organisiert zu ihren Plätzen geleitet, und obgleich Jenni und ich ziemlich weit hinten in der Schlange waren, bekamen wir Plätze in der ersten Reihe.

Kurz darauf kam "Mike", der Aufwärmer, auf die Bühne. Er trug Studiklamotten - weite Jeans, Turnschuhe, T-Shirt - und machte seinen Job gut. Er stieg allmählich ein, trat auf die Tube und erntete nach und nach mehr und mehr Lacher.

Dann kam die Band unter Leitung von Max Weinberg, einer Legende - er hatte bei Bruce Springsteen getrommelt. Sie spielten vor allem Jazz und RnB. Im Unterschied zum Rest der Band kam Max wie ein Börsianer daher - konservativer Anzug und Jedermannskrawatte hoch am Hals geknotet.

Schließlich trabte Conan auf die Bühne und spielte den Aufwärmer locker an die Wand. Er ist sehr komisch. Einige Nummern sind wahrscheinlich bloße Standards mit denen er Nacht für Nacht Lacher einfährt. Meist aber improvisierte er über Zeugs, das das Publikum ihm zuwarf. Auf die Show selbst hätte ich gern verzichtet, wenn er uns einfach nur so für eine Stunde unterhalten hätte.

Besonders da die Show ... wie soll ich sagen - nicht so der Bringer war.

Aber stimmt das? Vielleicht waren es ja die ganzen Kameras und all die Leute, die sich rund um die Bühne bewegten, die es mir unmöglich machten, die Show zu genießen. Alles soweit ganz interessant, aber eben nicht so ausgelassen lustig wie seine Show es sonst oft ist.

Unbedingt hatte ich eine Aufzeichnung der "Late Night" sehen wollen, hatte ich doch eine besondere Beziehung zu Conan. Vor Jahren, da hatte ich in Boston gelebt, habe ich eines Tags den Müll hinter dem "Havard Lampoon"-Bunker in der Mount Auburn Street durchsucht. Gefunden habe ich einige Fotos - wie es aussah Bilder zu Artikeln. Darunter war ein Bild, aufgenommen in einem Fernsehstudio, auf dem Männer zu sehen waren, die bekleidet mit Schilfröcken gegen Riesenkaninchen "Twister" spielten.

Was ich damals (ungefähr Anfang der 80er) nicht wusste, war, dass Conan in diesem Jahr Vorsitzender von Harvard Lampoon war. Und selbstverständlich wusste ich auch nicht, dass es sich bei einem der schilfrockbekleideten Wettbewerber auf dem Foto um ihn handelte.

Einige Monate vor dem Trip nach New York schrieb ich an Conan.

"Lieber Conan,
ich habe mal in Boston gelebt. Eines Tages wühle ich da so durch den Müll beim Harvard-Lampoon-Gebäude. Ging mir damals wohl nicht so gut. Ich war so hungrig, schon ein paar Krümel hätten mich glücklich gemacht. Alles was ich brauchte, war ein Fitzel Humor, ein kleiner Kicherer, und ich wäre breit grinsend abgezogen.

Aber: Es sah so aus, als wäre auch noch der winzigste Witz vom "Lampoon" abgedruckt worden, denn ich fand nichts in den Tonnen, nicht einen Gickser. Mit leeren Händen bin ich trotzdem nicht abgezogen. Eine Ladung merkwürdiger Fotos habe ich gefunden. Sie zeigten eine Welt, die denen, die jenseits des Lampoon-Bunkers leben, unbegreiflich bleiben muss.

Ich schicke sie an Sie, damit Sie einen prüfenden Blcik darauf werfen - sowie zur Verifizierung. Denn - hallo - sind das da nicht Sie, mit Schilfrock und wabernder Brustmuskulatur (der Zweite von rechts)?

Worums mir geht: Wenn Sie mir das Bild signieren, könnte ich dafür glatt zehn Dollar vom "Celebrity Skin Magazine" kassieren (und Ihrer Karriere könnte das einen ziemlichen Schub geben).

Mit besten Grüßen
Joey Harrison

P.S. Gerne können Sie die Fotos mit Ausnahme des "Twister-Bilds" behalten, das Sie mir, hoffe ich, bitte signieren (vorausgesetzt, das sind wirklich sie, auf dem Bild). Einen frankierten Rückumschlag lege ich bei."

Als ich mich auf den Weg nach New York machte, hatte ich von Conan immer noch nichts gehört. Ich war wütend. Wie es aussah hatte Mister Fernsehstar wohl keine Zeit, sich mit Normalos wie mir zu befassen, die sich noch selbst den Reißverschluss an der Hose auf- und auch wieder zuziehen.

Wie ich also die Aufzeichnung der Late-Night-Show verfolgte, trieben mich widersprüchliche Gedanken um. Sollte ich einfach, wie all die anderen, mitlachen? Sollte ich die Bühne stürmen, ihn anflehen und heulen? Conan würde verblüfft sein, total vom Hocker. Sein Produzent, der ansonsten, geschah dergleichen, die Securityleute auf einen hetzte, würde sich ihnen entschieden in den Weg stellen und zischen: "Nee, wartet - das ist jetzt eine Superszene!"

Ich habe nichts dergleichen getan. Jedesmal, wenn er in meine Richtung guckte, habe ich ihn bedeutungsschwanger angestarrt und gehofft, mein Gesicht würde ihm für Wochen Albträume bescheren. "Was war bloß mit dem Kerl in der ersten Reieh los? Hab ich ihn beleidigt?"

Einige Wochen nach unserer Rückkehr aus New York habe ich endlich von Conan gehört. Er hat, wie angeboten, die Fotos behalten und das Schilfrockbild mit folgender Aufschrift zurückgeschickt: "Für Joey - ah, so war sie, die Jugend! Conan O'Brien."

Alles vergeben, vergessen. Conan und ich sind wieder dicke Kumpels, unsere enge Beziehung wieder wie früher.

Das Original und - wichtig - das Foto, gibts hier (http://www.flickr.com/photos/joeyharrison/5439304725/).

vir
14.02.2011, 10:12
Wo ist denn hier schon wieder der "like"-Knopf?

Alberto Balsam
14.02.2011, 11:41
das ist ja ganz schrecklich, Mann der im Müll wühlt und "lustige" Briefe schreibt, und dann böse in der Show sitzt, hoffentlich verbleicht der Filzstift nicht so bald auf dem Foto, sonst erschießt er Conan oder schlägt seine Frau

vir
14.02.2011, 12:32
Du, Balsamico, ich habe es leider nicht zu Momus geschafft, weil ich idiotischerweise in Bregenz war.

Alberto Balsam
14.02.2011, 13:27
aber Bregenz ist doch auch schön, der Milchpilz und der Zumthorwürfel

Alberto Balsam
14.02.2011, 13:29
hey, der Milchpilz hat sogar einen Bruder in Regensburg und einen eigenen Wikieintrag, er hats also geschafft:
http://de.wikipedia.org/wiki/Pilzkiosk

Klaus Caesar
14.02.2011, 13:57
Den denkmalgeschützten Regensburger Milchpilz habe ich auch schon gesehen, Ruebenkraut präsentierte ihn uns mit lokalpatriotischem Stolz, aber Elpenor hastete achtlos daran vorbei, "Kettenspray, Kettenspray" murmelnd. Eine Stunde vertaten wir mit der sinnlosen Suche. Regensburg im City-Test: Milchpilz top, aber kettenspraymäßig enttäuschend. Drei von fünf Sternen.

Alberto Balsam
14.02.2011, 14:11
Milchpilze zu ignorieren ist in etwa so schändlich wie, ä, fällt mir grad keine Niedertracht ein, im Bregenzer Milchpilz gibts übrigens eine ganz exquisite Haselnussmilch, wenn dann noch im gegenüberliegenden prächtigen Zumthormuseum eine gute Ausstellung ist, kann man schon beides kombinieren und von einem perfekten Tag in Bregenz sprechen

Freewheelin_Biller
14.02.2011, 14:38
Für Haselnussallergiker gilt diese Aussage aber nur bregenzt.

Alberto Balsam
14.02.2011, 14:48
die sollen sich mal zusammenreißen, jemand in irgendsoeinem Meisenbuch hat bei Allergien auch mal empfohlen: Eine ordentliche Tracht Prügel würde da schon helfen.
Es gab sogar mal einen Künstler, ich glaube der hieß Wolfgang Laib (Dokumenta 7), der sammelte Pollen von Haselnusssträuchern und staubte die zu rechteckigen Flächen auf den Fußboden, würde auch gut zu dem wuchtigen Zumthormuseum passen.
Also nach der Tracht Prügel eine schöne große Haselnussmilch und dann rüber zur großen Werkschau von Wolfgang Laib

Alberto Balsam
14.02.2011, 14:51
das gibts ja sogar noch, dies kleine Männchen (http://www.google.com/search?client=safari&rls=de-de&q=wolfgang+laib&ie=UTF-8&oe=UTF-8), ich fand es immer lächerlich, wie der da am Boden hockt, vor allem wie macht man so ein Kunstwerk sauber? Staub ist ja der reinste Staubfänger

vir
14.02.2011, 15:04
Das Bregenzelend: Im Zumthorwürfel (Zumi-Cube für insider) ein Quatschscheiss von einem Koreaner Installationsheini - Gott, wie ich den Begriff "Installation" im Zusammenhang mit Kunst hasse, gut hingegen im Zusammenhang mit Heizung oder Klospülung - und die Kamera für den Milchpilz vergessen, der natürlich in meine Kiosk/Castle flickr-Sammlung gehört.

Ansonsten bin ich aber durchaus einer, der Bregenz "gut" finden täte.

Alberto Balsam
14.02.2011, 15:15
kennst Du die Mili? Die Militärbadeanstalt, großartig

Isidor Bitterblum
14.02.2011, 16:21
Alberto, wenn Köln, dann mal ins Kolumba, vom Zumthor, oder warste schon?

Helsinki
14.02.2011, 16:21
Das Problem sind nicht Installationen sondern Koreaner. Bei uns im Studium gabs zahlreiche
Koreaner, alle sehr nett, nichts gegen Koreaner, die haben Installationen in höchster technischer und ästhetischer Vollendung gemacht. Hätte kein Europäer so hingekriegt, hat aber auch keiner verstanden, Schnallgrad null.

Alberto Balsam
14.02.2011, 16:32
Isi, natürlich kenn ich Kolumba, toll, ich kenn ja sogar Vals

Alberto Balsam
14.02.2011, 16:36
aber das tollste an Köln, natürlich neben der Frühhalle und der Bahnhofsfront, ist das WDR Gebäude innen, atemberaubend, gibt leider kaum Fotos, hier eins von einem Geländer (http://www.flickr.com/photos/7684055@N08/3512524281), muss man sich den Rest dazudenken

Sopran
14.02.2011, 16:53
Und ein Paternoster!

Alberto Balsam
14.02.2011, 16:58
echt, den hab ich gar nicht gesehen, oder benutzt, aber unten der Empfang, und dann die Stiegen, alles so unfassbar schön, aber ich glaub da gibts noch viel mehr von dem Zeug in Köln am Rhein

Kater
14.02.2011, 17:48
Conan / Koreanerinnen. (http://www.youtube.com/watch?v=8tmnMsGm6ZA)

Isidor Bitterblum
14.02.2011, 18:14
ja, gibt in ganz D nur noch 3 Paternoster oder so, so ähnlich wie mit Autokinos, haben wir auch hier - Autokinos, seltsame Orte einer bloßen Ahnung, was man da so macht, ausser Bruce Willis FIlme gucken. Vielleicht kann man mal ne Führung machen durchs Funkhaus am Wallrafplatz

Sopran
14.02.2011, 18:29
Paternoster sind in öffentlichen Gebäuden verboten, wo es sie noch gibt, darf nur das Personal (regelmäßig sicherheitsgeschult) mit ihnen fahren. Wir sangen im Chor bei einer Operettenproduktion für WDR4 ("Schönes bleibt") im Großen Sendesaal, da ließ uns der Pförtner auf höfliches Bitten in den Paternoster. Vor dem obersten Stock und vor dem Keller fährt ein Schild vorbei: Hier aussteigen, Weiterfahrt ungefährlich. Als Kind hatte ich mir natürlich vorgestellt, die Kabinen hingen alle zusammen und bei der Runterfahrt stünden sie dann Kopf. Wir fuhren mutig die ganze Runde.

Der Operettenabend war auch toll. Die Tochter von Kurt Edelhagen sang als Solistin mit, nicht besonders gut, aber der Vater war schließlich mal WDR-Bigband-Leiter, vielleicht war man dem was schuldig.

Als Ehrengast saß in der ersten Reihe der über 90-jährige Gerhard Jussenhoven, ein Fossil des gepflegten Rhein-Wein-Schunkelliedes ("Kornblumenblau", "Man müsste noch mal 20 sein". Wurde extra begrüßt. Der Abend war ausverkauft, die Damen trugen bodenlange Kleider, goldene Schühchen, Pelzboleros und hochtoupierte Haare. Echte Damen, die nicht zum Haareschneiden, sondern zum Frisieren (und gelegentlich zum Lilafärben) zum Friseur gehen. Und in der Pause trinken sie Kölsch und erzählen Witze, die ganz und gar nicht zum Kleid passen.

Nur in Köln, sowas, vermutlich.

Alberto Balsam
14.02.2011, 18:33
komisch neulich im SZ Magazin über Köln, wo sich da so 15 Stunden oder so allerlei bekannte Leute die sprichwörtliche Klinke in die Hand geben in einer Kölschhalle, dass die alle immer so geschimpft haben, dass Köln so hässlich sei, ich find Köln wunderbar, neben München meine Lieblingsstadt inzwischen, da draußen bei Euch

kat-o
14.02.2011, 18:38
Autokinos ohne die amerikanisch anmutende, durchgehende vordere Sitzbank sind im Prinzip auch sinnlos, ahne ich ganz, ganz vage. Kein Wunder, dass sie sich hier nicht durchgesetzt haben. In Berlin versteckt sich ein Paternoster in der Jägerstraße.

Annie Malisch
14.02.2011, 18:46
Auch in München gibt es noch mehrere Orte wo JEDER Paternoster fahren kann. Selber erst vor einigen Monaten den im städt. Bauamt in der Blumenstr. benutzt.
http://www.monacomedia.de/muenchenwiki/index.php/Paternosteraufzug

rron
14.02.2011, 19:03
Im Münchner Patentamt haben wir früher oft ganze Nachmittage im Paternoster verbracht, wir hatten sonst ja auch wirklich nichts.

Btw, Isidors drei Paternoster sind nur knapp daneben (http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_vorhandenen_Paternosteraufz%C3%BCge#Deutschland) geschätzt.

kat-o
14.02.2011, 19:22
Aber gefühlt sind es drei.

kat-o
14.02.2011, 19:23
Und ich hoffte schon, ich könne im Frühling unter der Hand hier heimliche Paternosterführungen gegen Bier verschachern. Aber bei der Auswahl wird das wohl nichts.

Isidor Bitterblum
14.02.2011, 21:12
ganz genau hingefühlt sind es höchstens drei

Elpenor
18.02.2011, 13:00
MIt #7 ist die Grundlage der Fahrradtour beschrieben. Hier Klaus Caesar, immer den Augenblick vor Augen, eben wurden noch sorgsam die Pflaumen in ein Körbchen gesammelt, doch gibt es einen Milchpilz zu sehen, da fliegt das Körbchen davon, eilig wird weggehastet und die Pflaumen liegen im Dreck. Dort Elpenor, stets die gesamte Logistik im Auge (jetzt kann man einen Milchpilz sehen, aber in 12 Stunden quitscht die Kette, was kann man dagegen tun?). Elpenor, der nicht nur über Strecken wie Rothenstadt, Pischeldorf dann Unterwildenau verfügt, sondern noch ein Damelsdorf anschließend Saitendorf anzufügen weiß.