Norma L.
29.04.2008, 12:45
Möglicherweise dachte Paulus Manker, dass gestern Towel Day gewesen sei – jener Tag also, an dem Douglas-Adams-Fans mit einem Handtuch durchs Universum gehen. Towel Day ist aber erst am 25. Mai, soweit ich weiß.
Paulus Manker jedenfalls erging sich gestern mit einem rotschwarz gemusterten Handtuch über dem linken Arm auf dem Wiener Graben, der innerstädtischen Flaniermeile Nr. 2. Michael Haneke hingegen trug zum schwarzen Outfit einen feinen mittelbraunen Schal um den Hals. Vermutlich war Mankers Handtuch auch ein modernes Accessoire im Stil eines „Palästinensertuches“, wie wir das seinerzeit nannten. Und kein Handtuch. Aber es sah definitiv wie ein Handtuch aus, wie ein altes gebrauchtes Handtuch, möchte ich sogar sagen, ein altes gebrauchtes Küchenhandtuch.
Natürlich sind solche Dinge völlig nebensächlich, wenn zwei auratische Genies sich am Wiener Graben ergehen, nachmittags gegen vier. Der Graben, viel begangen gestern von asiatischen und romanischen Menschenmassen, ist ein Parcours, auf dem das Auratische der beiden schwarz gewandeten Genies dadurch sichtbar wurde, dass erstaunlich viel menschenfreier Raum, in dessen Zentrum sie lustwandelten, sich gemächlich mit ihnen fortbewegte. Ich suchte schon nach der Kamera, die aus der Vogelperspektive diesen Austausch begleiten mochte. Die Herren schritten langsam voran, immer wieder blieben sie auch stehen um ihren angeregten Dialog zu vertiefen. Zwei Männer, die sich glichen und doch verschiedener nicht wirken konnten. Sie glichen einander im das Intellektuelle unterstreichenden Schwarz ihrer Kleidung. Bei Manker das Dramatische, bei Haneke das Asketische. Wobei man – oder eher jede Frau - bei Manker vermutlich mit mir denkt: lieber nicht zu nah herangehen, es fällt gewiss die eine oder andere Kopfhautschuppe aus seinem spärlich fettsträhnigen schulterlangen Haar, und man möchte das auch nicht riechen, wie er aussieht. Deshalb vermutlich auch die Anmutung mit dem Küchenhandtuch. Und vielleicht auch der Abstand, den alle anderen von den beiden hielten? Dann wäre die Aura Mankers Anmutung und nicht dem Genie der beiden zu verdanken gewesen. Wie dem auch sei, ich schweife ab.
Ganz anders als Manker: Haneke! Prächtig weißbehaart und –bärtig, gepflegt und sicherlich wohlriechend nach einem Klassiker – vielleicht Verveine, mit eleganter Zurückgenommenheit gestikulierend. Haneke: ein Sir. Manker? Ein Schwein. Dabei ist beides gar nicht wahr. Eher ein Kopfmensch und ein Bauchmensch, glaube ich. Der eine Binoche, der andere Alma Mahler.
Jedenfalls hatte ich genug zu tun, denn an meinem Arm wiederum hing mein Vater, ein inzwischen sehr kleiner überachtzigjähriger Herr von aufgewecktem Geist und einem Kommunikationsdrang, der seit seiner Emeritierung eher zugenommen hat. Ich wollte nun einerseits die nötigen Beobachtungen zur Paparazzierung des Paarlaufs Manker/Haneke anstrengen, andererseits aber um jeden Preis verhindern, meinen lieben Vater darauf aufmerksam werden zu lassen, welch günstige Gelegenheit für ein Wiedersehen mit Haneke sich ihm hier bieten könnte. Er hatte ihn nämlich anlässlich der Dreharbeiten zu Caché kennengelernt, weil er da für irgendeine sozial- oder politikwissenschaftliche Expertise angefragt war. Mein Vater, wie man sich vielleicht erinnert, lebt in Paris, immer noch in der Wohnung vom Mai 68, und sollte von mir auf den Stephansplatz zur U-Bahn und von dort in den CAT zum Flughafen geleitet werden, um sich am Abend wieder an seinen Tisch setzen zu können. Das wäre gewiss durch seine Teilnahme am philosophischen Wandel geplatzt, und meine zirka fünfte Stiefmutter, die nur etwa fünfzehn Jahr jünger ist als ich, hätte das gewiss nicht geschätzt und es mir und meiner töchterlichen Ranküne angerechnet.
So aber ging alles ganz nach Plan. Nur weiß ich nicht, ob irgendwo eine Kamera schwebte, oder wovon die Aura nun wirklich herrührte.
Paulus Manker jedenfalls erging sich gestern mit einem rotschwarz gemusterten Handtuch über dem linken Arm auf dem Wiener Graben, der innerstädtischen Flaniermeile Nr. 2. Michael Haneke hingegen trug zum schwarzen Outfit einen feinen mittelbraunen Schal um den Hals. Vermutlich war Mankers Handtuch auch ein modernes Accessoire im Stil eines „Palästinensertuches“, wie wir das seinerzeit nannten. Und kein Handtuch. Aber es sah definitiv wie ein Handtuch aus, wie ein altes gebrauchtes Handtuch, möchte ich sogar sagen, ein altes gebrauchtes Küchenhandtuch.
Natürlich sind solche Dinge völlig nebensächlich, wenn zwei auratische Genies sich am Wiener Graben ergehen, nachmittags gegen vier. Der Graben, viel begangen gestern von asiatischen und romanischen Menschenmassen, ist ein Parcours, auf dem das Auratische der beiden schwarz gewandeten Genies dadurch sichtbar wurde, dass erstaunlich viel menschenfreier Raum, in dessen Zentrum sie lustwandelten, sich gemächlich mit ihnen fortbewegte. Ich suchte schon nach der Kamera, die aus der Vogelperspektive diesen Austausch begleiten mochte. Die Herren schritten langsam voran, immer wieder blieben sie auch stehen um ihren angeregten Dialog zu vertiefen. Zwei Männer, die sich glichen und doch verschiedener nicht wirken konnten. Sie glichen einander im das Intellektuelle unterstreichenden Schwarz ihrer Kleidung. Bei Manker das Dramatische, bei Haneke das Asketische. Wobei man – oder eher jede Frau - bei Manker vermutlich mit mir denkt: lieber nicht zu nah herangehen, es fällt gewiss die eine oder andere Kopfhautschuppe aus seinem spärlich fettsträhnigen schulterlangen Haar, und man möchte das auch nicht riechen, wie er aussieht. Deshalb vermutlich auch die Anmutung mit dem Küchenhandtuch. Und vielleicht auch der Abstand, den alle anderen von den beiden hielten? Dann wäre die Aura Mankers Anmutung und nicht dem Genie der beiden zu verdanken gewesen. Wie dem auch sei, ich schweife ab.
Ganz anders als Manker: Haneke! Prächtig weißbehaart und –bärtig, gepflegt und sicherlich wohlriechend nach einem Klassiker – vielleicht Verveine, mit eleganter Zurückgenommenheit gestikulierend. Haneke: ein Sir. Manker? Ein Schwein. Dabei ist beides gar nicht wahr. Eher ein Kopfmensch und ein Bauchmensch, glaube ich. Der eine Binoche, der andere Alma Mahler.
Jedenfalls hatte ich genug zu tun, denn an meinem Arm wiederum hing mein Vater, ein inzwischen sehr kleiner überachtzigjähriger Herr von aufgewecktem Geist und einem Kommunikationsdrang, der seit seiner Emeritierung eher zugenommen hat. Ich wollte nun einerseits die nötigen Beobachtungen zur Paparazzierung des Paarlaufs Manker/Haneke anstrengen, andererseits aber um jeden Preis verhindern, meinen lieben Vater darauf aufmerksam werden zu lassen, welch günstige Gelegenheit für ein Wiedersehen mit Haneke sich ihm hier bieten könnte. Er hatte ihn nämlich anlässlich der Dreharbeiten zu Caché kennengelernt, weil er da für irgendeine sozial- oder politikwissenschaftliche Expertise angefragt war. Mein Vater, wie man sich vielleicht erinnert, lebt in Paris, immer noch in der Wohnung vom Mai 68, und sollte von mir auf den Stephansplatz zur U-Bahn und von dort in den CAT zum Flughafen geleitet werden, um sich am Abend wieder an seinen Tisch setzen zu können. Das wäre gewiss durch seine Teilnahme am philosophischen Wandel geplatzt, und meine zirka fünfte Stiefmutter, die nur etwa fünfzehn Jahr jünger ist als ich, hätte das gewiss nicht geschätzt und es mir und meiner töchterlichen Ranküne angerechnet.
So aber ging alles ganz nach Plan. Nur weiß ich nicht, ob irgendwo eine Kamera schwebte, oder wovon die Aura nun wirklich herrührte.