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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kronzucker, Dieter und Moshammer, Rudolf (kurz hintereinander)



Trashcanman
08.03.2007, 16:10
Weil ich schon in München war, wollte ich auch noch ins Deutsche Museum. Irgendwann hatte ich als Kind mal im Fernsehen gesehen, dass die da Blitze machen und mit tödlichen Strömen hantieren, was in einem seltsamen Jungen wie mir eine kindlich-morbide Faszination weckte. So ein Restgesäusel davon zwang mich nun, etwa 20 Jahre später, in dieses Museum. Auf der letzten Etappe des Weges von meiner Münchner Verwandtschaft dort hin fiel mir recht früh der dunkle Rolls Royce auf, welcher mir entgegen fuhr. Drinnen Herr Moshammer nebst Chauffeur. Trotz der üppigen Karosse wirkte Mosi eingezwängt wie in einem VW-Käfer, sein Gesicht seltsam leer. Der Wagen schob sich auf der Straße an mir vorbei wie eine Blase aus einer anderen Dimension, in der ein erbitterter Krieg herrscht, wahnsinnige Frisöre gegen dicke, schwule Männer, mittendrin Moshammer, in dem langsam die Erkenntnis zu reifen schien, dass mit Beginn dieses Konflikts wohl das Ende aller Zeiten nahte. Dies, wenige Monate bevor er starb. Ein Kollateralschaden, vermutlich.

Wenig später, am Museum, musste ich warten, weil eine große Gruppe Schulkinder, wahrscheinlich gleich 3 Klassen, vor mir an der Kasse vorbeigeschleust werden musste. Durch den Lärm, der bei einem so gearteten Herdentrieb immer entsteht, drang eine Stimme in mein Ohr, die zunächst irgendwie nicht zum Ort zu passen schien, dann aber seltsam vertraut klang. Gleich neben diesem pickligen Jungen mit den verschwitzen Händen in meinem Kopf, der endlich seine Blitze wollte, reagierte etwas auf diese Stimme und fand in Erinnerungen den passenden Menschen dazu: Dieter Kronzucker. Ich drehte mich nach rechts und schaute ihn an. Er telefonierte gerade, sprach in ein schwarzes Handy, erzähle gerade, er müsste jetzt erst noch ins Museum, Vorbereitung für einen Dreh, dann würde er mal schauen. Er sah aus wie der freundliche ältere Herr von Nebenan, heller Anzug, blaues Hemd, ein zur Temperatur passendes, leicht rotes, verschwitztes Gesicht. Etwas in mir wollte ihn ansprechen, etwas anderem in mir wurde schlagartig bewußt, dass Dieter Kronzucker zu fragen, ob er Dieter Kronzucker ist und dies auch noch während er telefoniert, etwa die gleiche Güte hat, wie jemanden, der plötzlich statt Matte nur noch Stoppelhaarfrisur trägt, zu fragen, ob er beim Frisör gewesen ist. Inzwischen waren dann auch die Kinder durch die Kasse, ich ging also ins Museum, während Herr Kronzucker noch weiter telefonierend am Eingang verweilte.

Später dann, irgendwo zwischen Weltraum und Landwirtschaft, habe ich ihn noch einmal gesehen. Wieder war es seine Stimme, die ihm vorauseilte, dann huschte er recht eilig mit einem Museumsangestellten und einer unbekannten Frau durch mein Blickfeld über einen Gang und verlor sich wieder irgendwo.

Und die Blitze, die habe ich dann auch noch gesehen

elinor
08.03.2007, 16:39
Das ist wirklich ganz reizend erzählt. ein hübscher kleiner Film.