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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Depardieu, Gerard (Weshalb Gerard Depardieu schlauer ist als ich)



Rex Kramer
11.01.2007, 15:56
Es begab sich, dass ich des deutschen Winters überdrüssig wurde und mir ein warmes Gefilde suchte. Meine Wahl fiel auf die Seychellen, weil man dort Wärme, Wasser und Wonne verspüren kann. Ich suchte mir auf der Insel La Digue eine Unterkunft und verbrachte schöne Tage dort. Nachdem ich meine Französischkenntnisse wieder entrostet hatte, konnten mir die Einheimischen von einer wunderlichen Besonderheit berichten: Den fischenden Hunden von La Digue. Die beschriebene Stelle befand sich allerdings an einer schwer zugänglichen Ecke der Insel. Nachdem der normale Weg endete, musste man über Korallenriffe weiterlaufen bis zu der Stelle, wo ein kleiner Fluss ins Meer fließt. Dort fand ich die Hunde dann tatsächlich. Sie standen im Wasser und warteten auf Fische, die sich im Becken sammelten, wo die Strömung den Sand weggespült hatte. Ein Haps und der Fisch zappelte im Maul! Ich staunte nicht schlecht, konnte den Anblick jedoch nicht richtig genießen, weil die scharfkantigen Korallen die nackten Fußsohlen doch arg strapazierten. Der Anblick der Hunde an sich war schon einmalig, doch schon bald näherte sich von der anderen Seite ein Mann in Badehose und einem brutal bunten Hawaiihemd. Gerard Depardieu! Offensichtlich hatte er diese Stelle auch gezielt aufgesucht, war jedoch mit einem Schlauchboot angereist.
Mittlerweile schmerzten meine Füße doch zunehmend und ich setzte mich auf einen Felsen und untersuchte den Schaden. Herr Depardieu schaute zu mir herüber, grinste und hob einen Fuß aus dem Wasser. Er trug Badeschuhe, denn er ist schlauer als ich. Dafür bin ich schlanker.

vir
11.01.2007, 16:21
Schönes Geschichtchen; erstaunlich, wie leicht man sich Depardieu in Hawaiihemd und Schlauchboot um die Seychellen paddelnd vorstellen kann.

Sympathisches Pseudonym übrigens.

Andererseits ist das doof-possierliche "es begab sich" als Anfang für Geschichten hier verboten.

Nicki Tuete
11.01.2007, 16:51
Für diese nette Geschichte würde sich anstatt Herrn Depardieu auch der lebende Altherrenwitz Jürgen von der Lippe eignen!

Angelika Maisch
12.01.2007, 02:40
Virchowli, von einem, der sich hohe Verdienste erworben hat in der Pflege und Bewahrung des betagten Witzes, hätte ich zuallerletzt erwartet, daß er sich an dem doch selten verwendeten Opener "es begab sich" stört.
Weil grad hier, in dieser netten Schilderung, macht er sich doch gar nicht schlecht.

seltzer
12.01.2007, 04:39
Frau Maisch - ich muss Ihnen bei aller Wertschätzung widersprechen - denn ich verstehe Virchowlis Aversion gegen die Formulierung "es begab sich" sehr gut.
Die Geschichte hat nämlich einen selbstbewussteren, weniger devoten Einstieg verdient - womit ich meine einen moderneren gradlinigen. Ich hab sie nämlich gerne gelesen.

Angelika Maisch
12.01.2007, 11:11
gewiß, bei Tag betrachtet seh ichs selbst. Obzwar es mich immer noch nicht besonders stört. Und altgewordene, mittlerweile scheinbar unbrauchbare Formulierungen gefallen mir nach wie vor manchmal ganz gut.

bangen
12.01.2007, 13:44
Mit den Worten des Lukasevangeliums zu beginnen könnte unmodern erscheinen. Umwegig und devot ist es dagegen nicht.

vir
12.01.2007, 15:01
Ey, Bangen, wenn seltzer "anbiederisch" statt "devot" geschrieben und ev. noch erklärt hätte, das "gradlinig" hier als Gegenteil von "unnötig verschnörkelt" gemeint war, hättest Du es dann kapiert?

Ausserdem, was soll der Quatsch mit dem Lukasevangelium? Die Wendung "es begab sich" ist in der Lutherbibel allgegenwärtig.

Klaus Caesar
12.01.2007, 15:21
Genau genommen kommt sie 91 mal vor, laut hier (http://www.bibleserver.com/index.php), darunter allein 29 mal bei Lukas, also hat Bangen schon ein bisschen recht.

honz
12.01.2007, 16:05
wie ich mich richtig erinnerte, wurde og. Sachlage schon in der Kreidezeit ein für allemal zu ungunsten des Autors entschieden:

http://www.hoeflichepaparazzi.de/forum/showthread.php?t=11161&goto=nextoldest

Edding Kaiser
12.01.2007, 17:42
Zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Syrien war, wurde das sog. "honzische Antizipieren" erstmals schriftlich vermerkt. Als ein Ur-honz damals nämlich "og. Sachlage" schrieb und alles Volk rief: "Was soll denn 'Schlage' sein?"

Jeremy
12.01.2007, 17:48
Ich bin für die Umoperation der fraglichen, aus Rokokot gedrechselten Wendung in eine neue: "Es bergab sich". Das erforderte ein Verb bergaben, das ich gern als Ersatz sähe für die abgenutzten abwärtsen und hinuntern. Bergaben, zusammen mit dem selteneren Gegenstück bergannen (beachte die Konsonantenverdopplung), das soll in die Welt. "Es bergab sich" soll eine Einleitung zu einem Absturz sein, die nochmal erweitert werden kann in "Es übergab sich", um die Folgen zu skizzieren.

detritus
12.01.2007, 23:04
die beste geschichte seit langem! der troll ist sehr angetan, bitte mehr davon!

Tante Alighieri
15.01.2007, 01:28
Ach so.