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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Peter Handke beleidigt Heinz-Norbert Jocks



FritzWoelkchen
13.09.2006, 23:21
Im dritten Semester, das war im vorletzten Winter, besuchte ich eine Übung zur Stilanalyse beim Journalisten Heinz-Norbert. Man wird seinen Namen Forum wahrscheinlich kennen, ich hingegen bin jung und lese wenig Zeitung. Ich kannte ihn nicht. Doch ich merkte es dem Mann an, er musste bekannt sein und es drängte sich mir die Bezeichnung "Starjournalist" für ihn auf, denn er erzählte viel von seinen persönlichen Gesprächen mit Peter Handke und ausserdem erwähnte er ein ausstehendes Interview mit dem Dichter Durs Grünbein. Dabei wirkte er unglaublich eitel, gleichermaßen ehrfürchtig in Austausch mit seinen Idolen zu stehen.
Einen Ohrring trug er und er plauderte lachend eine Anekdote aus, dass ihn mal irgendwer gemaßregelt habe, weil dieser Ohrring ungehörig sei und Rebellentum. Tatsächlich outete er sich kurz darauf als Rebell.
Wirklich merkwürdig war, dass er untenrum Marken-Baggypants trug, obenrum aber ein Hemd und an den Füßen Sneakers. Ich nahm dies alles zur Kenntnis, rechnete es ihm jedoch nicht nachteilig an, denn er sollte nicht als Rolemodel bestehen, sondern gut vorbereitet sein und mich Peter Handkes Stil analysieren lehren. Tja, er war titanisch vorbereitet und hiefte zu jeder Sitzung ungeheur viel Literatur auf den Tisch. Leider konnte er nicht frei sprechen. Wenn er das versuchte, fiel es schwer, ihn zu verstehen. Ständig brach er Sätze ab, schob uninteressante Begleitthemen ein und wie aus heiterem Himmel wurde er persönlich. Ob es den Studenten denn gefiele bei ihm. Wieso sich niemand äußerte. Er führte sich auf wie ein nervenkranker Oberstufenlehrer, der innerhalb eines Jahres hundert Kilo abnimmt und zwar durch eine Knoblauchdiät und der also stinkt und der ausserdem die alte Übergrößengaderobe weiterhin anzieht und trägt und also weiterhin in seiner Hose mit eingenähtem Hinternvergrößerungsdelta rumschlurft und auch in so einem Sakko und in so einem Hemd, die ihm nicht passen und darum heult er rum, wo immer er ein Forum findet und das sind seine Schüler. Armer Kerl.
Er forderte die Studenten sogar auf, ihm zu beschreiben, wie sie sich denn morgens so fühlen. Und dies ist die Kardinalsünde für jeden Vorstehenden in irgendwelchen beruflichen Verhältnissen, in denen junge Menschen unterstellt sind, die ihr Privatleben nicht ohne weiteres preisgeben. Die sagen da kein Wort. Es mag dafür schlimme Gründe geben, denen entgegenzuwirken versuchen darf, wer sich dazu berufen fühlt. Um damit allerdings die wünschenswerten Resultate zu erzielen und Redseligkeit zu provozieren, muss man eine Repektsperson sein. Ansonsten erreicht man nur unerwünscht Gegenteiliges. Vielleicht meldete ich mich, ich kann mich nicht erinnern.
Herr Heinz-Norbert beschloss das Seminar mit der Präsentation eines Mitschnitts des bestimmt berühmten Reiseinterviews mit Peter Handke. Herr Handke gibt ungern Interviews, wie ich erfuhr, und nur Herrn Heinz-Norbert hatte er in diesem Jahr rangelassen. Das Interview wurde geführt in einem Literatencafé in Paris und es war schön zu lauschen, wie Herr Handke weich und nun wirklich gar nicht biestig erzählte, also gar nicht wie es die Legende mir vermittelte, wie er von hier nach dort reist und sich unter Bäume legt und mit gar niemandem spricht, wie er handschriftlich schreibt und dieses und jenes. Plötzlich jedoch wurde er ungehalten. Ich erinnere mich nicht an die Frage, aber er antwortete mit "Sie verstehen auch wirklich gar nichts!" und zwar in einem unmißverständlich vernichtenden Tonfall. Wenige Sätze später beendete Herr Handke das Interview, mit Nachdruck auf die verabredete Zeit beharrend. Herrn Heinz-Norberts Gesicht verharrte regungslos, von erinnerter Beleidigung keine Spur, sofern nicht die linke Gesichtshälfte zuckte. Aber das passierte ständig. Die linke Hälfte war um vielleicht 10° nach oben verzogen, allein wenn er nicht zuckte. Wenn er zuckte, zuckte sie nochmals nach oben weg. Sehr unsymmetrisch war dieses Gesicht.

Falkenhayn
14.09.2006, 09:22
wir hatten eine schieläugige Schauspielerschachtel in der Schauspielschule, die bei Übernahme des Semesters bemerkte, man müsse uns noch öffnen. Also griff sie sich Schnitzlers Reigen (http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Reigen), und hieß uns die dort mit Gedankenstrichen übergangenen Momente rein sexueller Natur auszuagieren. Wir sollten Orgasmen spielen. Die kurzfristig unangenehm berührte Klasse suchte sie mit gezielten Fragen nach unseren sexuellen Vorlieben zu entkrampfen. Antworten blieben wir schuldig. Also wurde geprobt. Ich sehe noch heute Susi L. vor mir, keuchend, und von Andreas G. hinterrücks geflüsterfragt: "Willst du' in den Po?"
Die Aufführung wurde in sich gespalten, in einigen Szenen blieben die Gedankenstriche an Ort und Stelle. Abschließendes Urteil über die Verweigerer: "Ihr mögt Schauspieler sein, Künstler werdet ihr nie!" Wir riefen sie ob ihrer eindringlichen Natur und dem holzigen Äußeren immer nur Herr Frank.

Wir hatten auch noch einen einarmigen Aspriranten bei uns, den sie sich mit dem Schielauge genau unter die Lupe nahm, und kontastierte: "Ob man so Schauspieler werden kann, weiß ich allerdings nicht."