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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wolfgang Thierse will Schach spielen



Herr Grumbach
13.09.2006, 09:50
Am Samstag auf dem Kollwitzplatz (Berlin): Im Rahmen des Kinderfestes hatte der Schachclub Prenzlauer Berg zum Schachturnier geladen.

Leider schien es nur drei Teilnehmer zwischen 6 und 10 Jahren zu geben - und ihre stolzen Eltern, einen russischen Schachlehrer, sowie einen Nerd mit Schachmütze auf dem Kopf, der ständig Anweisungen gab, wie die Kinder die Schachuhr benutzen sollten.

... also ein Haufen Erwachsener, die um drei hoch-(!)-konzentrierte Kinder ein Rudel bildeten. Ich bildete mit.

Während ich also einem 8-jährigen dabei zusah, wie er verbissen versuchte, mit seinem Bauern rückwärts zu schlagen, hörte ich mit halbem Ohr einem Herrn zu, der neben mir stand und Schachanekdoten aus seiner Jugend erzählte.
Niemand hörte ihm wirklich zu und die Anekdoten beschränkten sich leider auch nur auf Sätze wie: "Ich habe früher auch viel gespielt..."

Irgendwann sah ich auf. Ich stand neben Wolfgang Thierse.

Bevor ich ihn fragen konnte, ob er Lust hätte, mit mir eine Partie zu spielen (auf die guten alten Tage, sozusagen), ging er.

Leicht nachdenklich und mit einem melancholischem Lächeln auf den Lippen grüßte er freundlich jeden, der ihm entgegen kam und trat mit wildem Haar und verschränkten Armen auf dem Rücken auf die Kollwitzstrasse hinaus.


Woran er wohl in diesem Moment gedacht haben mag?

Max DeRire
13.09.2006, 11:26
Eine Auswahl des linken deutschen Journalistennachwuchs war in den Bundestag geladen. Herr Thierse sollte den schlauen Tweedsakkotraegern 15 Minuten lang Rede und Antwort stehen. Informationsfresser, nannte sich einer. Im Bus zum Bundestag beklagte sich ein anderer, dass man nur das „Weichei des Bundestags“ interviewen wuerde. Allgemein erwartete man einseitige sozialdemokratische Schulterklopferei statt nackter Wahrheiten. Die Gruppe verspaetete sich. Herr Thierse erschien kurz nach ihrer Ankunft und kam in einem nahegelegenen Raum auch gleich zur Sache.
Sie sind sieben Minuten zu spaet, es bleiben acht. Die Entourage schluckte. Eisbrecherfrage. Herr Thierse, wie fuehlen sie sich heute, jetzt, da sie nur noch Vizepraesident des Bundestags sind. Thierse: Bin ich in ihren Augen deshalb weniger wert? Ein paar versuchten dann noch ein Schulterklopfen, aber die verbliebenen acht Minuten notierte man spaeter gelaeutert als Selbstverriss.

Carl v. Kuschel
13.09.2006, 15:34
Das kann ich Ihnen sagen, lieber Grumbach.
An gar nix, an rein gar nix hat er gedacht.
Dass Sie mit ihm spielen wollten, hat er gerochen. Alles andere: nur Reflexe. Mit einem Kind hätte er v i e l l e i c h t gespielt, aber nur um zu verlieren. Der Rest ist antrainiert: jedes "no-win" wird gemieden. Außerdem hat der Mann ja wenig Zeit, weil er ja soviel zu tun hat. Das musste auch diese Max'sche Journalistenhorde so schmerzlich erfahren, diese Schneemänner, die beschlossen hatten, die Sonne zuverhauen.
Ansonsten: Hut ab - tolle Geschichte. Gut finde ich auch, dass sie anschließend nicht zwei Tage Muschelsuchen gegangen sind.
C.v.K.

Mein Tip: Gehen Sie nächsten Samstag auf den Winterfeldt-Platz.

Herr Genista
13.09.2006, 19:11
Halt Deine blöde Fresse, Du schlechtgeschmiertes Wurstbrötchen.