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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Karl Dall – Ergänzung zu seiner neuen Autobiographie



hohltier
12.09.2006, 09:19
In den siebziger Jahren war es für meine Eltern normal, als Jahresurlaub eine ca. 5-tägige Reise mit dem Auto zu unternehmen. Da die selbstgewährte Urlaubszeit knapp war, kamen als Reiseziele nur Gegenden in Frage, in die man innerhalb eines Tages fahren konnten. So waren wir also innerhalb eines 800-km-Radius unterwegs, was für uns vom Schwarzwald aus entweder Südtirol, Lago Maggiore oder Nordsee bedeutete. Im diesem Urlaub zog es uns, also meine Eltern, meine Schwester und mich, an die Nordsee.

In einer disziplinierten Handwerkerfamilie ist der frühe Morgen die Zeit, wo man unangenehme Dinge erledigt, damit der Tag positiv produktiv wird. Für die Urlaubszeit heißt das, morgens früh um 2.30 Uhr loszufahren, damit man spätestens um 11.30 vor Ort ist, um somit den Tag als aktiv erlebten Urlaub verbuchen zu können.

Aus Sparsamkeitsgründen wurde in Zelten geschlafen. Gebucht wurde nie, immer aufs Geratewohl ein freier Platz gesucht. Immerhin standen wir nie ohne Unterkunft da, irgendein Plätzchen gabs immer. Die Tage waren erfüllt von staundenden Spaziergängen im Watt, irgendwie war immer Ebbe, und von der Suche nach Fischbrötchenbuden. Für uns Extrem-Binnenländer war das Meer etwas äußerst exotisches, und wir waren alle begeistert. Durch das Leben in einer kleinen Welt blieben wir leicht erstaunbar.

Der Höhepunkt der Urlaubsfahrt bahnte sich harmlos an. Damit man auch mal eine Nordseeinsel gesehen hatte, beschlossen wir, mit der Fähre auf Norderney zu fahren. Frühmorgens (siehe oben) ging es los, und nach kurzer Fahrt waren wir in Norddeich und legten mit der Fähre über. Auf Norderney wurde über die Autofreiheit, das Watt und die leckeren Heringsbrötchen gestaunt und danach wieder die Rückfahrt auf der Fähre angetreten. Dank des schönen Wetters saßen wir vorne auf dem Oberdeck der Fähre. Plötzlich sagte mein Vater mit leiser, aber aufgeregter Stimme: „Dä henne huckt doch dä Dall!“ (Alemannisch für: Da drüben sitzt doch der Dall!) Wir schauten sofort rüber und sahen IHN: Karl Dall mit dem zuen Auge, in der vordersten Reihe für jedermann zu besichtigen! Wir waren platt. Sonst nur im Fernseh, jetzt lebend mitten unter uns, nur einige Schritte entfernt! Da uns Anstand und Mutterbildung in die Wiege gelegt wurden, setzten wir uns brav hin und taten so, als hätte dieser unerhörte Vorgang gar nicht stattgefunden.
In Wirklichkeit spähten wir natürlich doch dauernd rüber. Es lohnte sich. Im Laufe der Minuten bahnte sich ein kleines Schauspiel an, das mir unvergesslich bleiben wird. Es war anscheinend so, daß alle Passagiere den selben Anstand besaßen, denn niemand machte Anstalten, Ihn aus der Nähe zu bewundern oder gar nach einem Autogramm zu fragen. Seine Platzwahl war wohl schlechter als vermutet, denn erste Reihe hieß für die meisten Mitreisenden „Dall von hinten“. Das machte Herrn Dall deutlich zu schaffen, er schaute immer säuerlicher und fing an, sich auffällig umzuschauen. Immer noch keine Reaktion. Da wurde es dem Blödelbarden (damals war er, wenn ich mich recht entsinne, hauptsächlich durch Insterburg & Co bekannt) zu bunt. Er stand auf, drehte sich und seinen Stuhl um und setzte sich als einziger Fahrgast entgegen der Fahrtrichtung. Endlich! Einige Passagiere bekamen wohl Mitleid und schickten ihre Kinder zu ihm, um Autogramme zu holen, die er dann vordergründig leicht genervt, aber bei genauem Hinsehen doch mit tiefer Befriedigung verteilte.

Diese Episode wurde natürlich von uns auf der Rückfahrt zum Campingplatz ausführlich diskutiert und analysiert, selbstverständlich mit vernichtendem Ergebnis für Karl Dall.
Zufrieden, normale und bodenständige Menschen zu sein, kehrten wir in unsere Zelte zurück und fanden große Bestätigung darin, keine eitlen Fernseh-Pfaue sein zu müssen.

Der Rest des Urlaubs wurde mit Wattwandern, Heringsbrötchen essen und Muschelsuchen verbracht, zwei Tage später gings dann frühmorgens los, um abends rechtzeitig zu den Nachrichten wieder zuhause zu sein.

Angelika Maisch
12.09.2006, 09:28
sehr schöner Einstieg, Hohltier.

FritzWoelkchen
12.09.2006, 10:19
Diese Beobachtungen werfen ein für Karl Dall ebenfalls unvorteilhaftes Licht auf eine ca. 15 Jahre zurückliegende Begegnung eines Freundes von mir mit Karl Dall im Londoner Mdme. Toussauds.
Man konnte natürlich von vorn herein witzeln, er sei der beabsichtigten Wachsillusion erlegen und habe kurzerhand eine Karl-Dall-Puppe für lebendig erklärt, weil es sicher keine Karl-Dall-Puppe dort gibt, doch es gibt dort keine Karl-Dall-Puppe.
Vielleicht aber hat Karl Dall das Museum eitel ursupiert, um in den Augen deutscher Touristen, die ihn als Wachsfigur verwechseln sollten, zu wachsen. Gruselig.

joq
12.09.2006, 11:24
willkommen hohltier. mit freude gelesen, das.

hohltier
12.09.2006, 12:26
Erfreut lese ich Lobesworte. Danke für die freundliche Aufnahme.

Ich habe eben noch den Titel den Konventionen gemäß geändert (Nachname, Vorname, Beschreibung), aber leider scheint das nicht in die Strangverwaltung zu reflektieren. Ich bitte um Nachsicht.

Carl v. Kuschel
12.09.2006, 14:32
Ja, die siebziger... das muss die Zeit gewesen sein, als Karl noch als Borderliner unterwegs war, man noch ganz weit mit dem Auto fahren konnte und selbst kleine Fähren nach Dieselmief stanken... seufz...

Goodwill
12.09.2006, 16:04
Wahrscheinlich gehört es nicht hierher.
Oder doch.
Beim gewählten Forumsnamen des Strang-Autors lese ich immer hohitler. Ist das nur einfache Besessenheit oder schon der Vorbote eines werdenden Hänge-Lid-Schadens?

Max DeRire
12.09.2006, 16:14
Habe Herrn Dall mal als torkelnden Frosch in der Fledermaus gesehen. Das war gross. Sowieso ist die Mischung (http://www.ssynth.co.uk/~gay/cgi-bin/nph-an?line=dall+saufen&words=2&dict=antworth&doai=on) Dall und Saufen gross, das kapiert nur keiner.
Dall als evtl. betrunkener Dallwachsfigurimitator ist doch nicht zu toppen.

hohltier
12.09.2006, 16:14
Verehrter Herr Goodwill,

gerade stelle ich entsetzt nach Eingabe meines Hohltiers in den Anagrammgenerator fest, daß man daraus "Hitler Ho" machen kann. Das ist natürlich nicht schön.

Trotzdem: Ihre Wahrnehmungsalgorithmen sind zu komplex. Wahrscheinlich zuviele Datenautobahnen zwischen linker und rechter Gehirnhälfte.

Aber Kopf hoch! Mit ein bißchen Goodwill wird's schon klappen.

Angelika Maisch
12.09.2006, 16:38
der Hitler steckt halt im Detail. Auch im Kuscheltier übrigens, wenn mans nur sorgfältig betrachtet.
Offenbar schätzt auch Goodwill das "find den Hitler" Spiel.
Ich kann auch nie genug davon kriegen.

hohltier
12.09.2006, 16:55
Verehrte Frau Maisch,

da haben Sie ja in ein Wespennest gestochen. Sowohl in meinem Realnamen als auch in dem meiner Tochter wohnt Hitler drin! Frau und Sohn bleibt so ein Schicksal erspart.

Ha joo her, des isch halt so, würde man in Karlsruhe sagen. Jedenfalls, mein Blick ist geschärft!

Angelika Maisch
12.09.2006, 17:30
"so ischs recht!" tät der Karlsruher jetzt sagen und "mer misses halt nemme wies isch, mer kennes doch net ändere. Hauptsach, mer isch gsund!"

detritus
12.09.2006, 18:00
Das ist ja toll, am Tag der Anmeldung gleich eine schöne Geschichte. Besonders gefiel mir der Satz: „Durch das Leben in einer kleinen Welt blieben wir leicht erstaunbar.“ Schön.

Jeremy
12.09.2006, 20:52
Ich habe die Geschichte nicht gelesen, bestimmt ist sie gut, das sagen ja erfahrene Forumspeople, aber ich wundere mich, dass sowohl hohltier im ersten Posting als auch dieses seltsame detritus hier schräggestellte, typografische Anführungszeichen benutzt haben. Die treten eigentlich nur auf, wenn man einen Text aus Word kopiert. Anderenfalls müsste man alt, Shift und die 2 drücken. Ausserdem haben sich beide allerjüngst angemeldet und die vCard-Funktion ausgeschaltet. Eigenlob? Spastiwiedergänger? Der Artdirektor?

Herr Genista
12.09.2006, 20:55
Mir gefällt sie auch gut, die Geschichte und die Norderneynostalgik.

Frau H aus B
12.09.2006, 22:16
Auch verdächtig: Norderney ist keine autofreie Insel. Und "Karl Dall" war am Ende bloß Peter Lorre.

Carl v. Kuschel
13.09.2006, 00:20
War es in Wahrheit nicht Arnold Hau, der sein Abitur mit der Note "erstaunlich" bestand?

Carl v. Kuschel
13.09.2006, 02:00
Also, ich hab da noch jede Menge Fragen an den Text. Die Begegnung mit meinem Namensvetter hat dem Urlaub - allem Anschein nach - den Rest gegeben.


"... Der Rest des Urlaubs wurde mit Wattwandern, Heringsbrötchen essen und Muschelsuchen verbracht... "
Ursächlich hierfür eine Analyse,

"... Diese Episode wurde natürlich von uns auf der Rückfahrt zum Campingplatz ausführlich diskutiert und analysiert, selbstverständlich mit vernichtendem Ergebnis für Karl Dall... "

die aber auch die nicht eingestandene Einsicht brachte:

Das wars - das schönste Ferienerlebnis - mit Karl Dall - Steigerung unmöglich - Rückkehr zur Normalität dringend erfoderlich.

"...Zufrieden, normale und bodenständige Menschen zu sein, kehrten wir in unsere Zelte zurück und fanden große Bestätigung darin, keine eitlen Fernseh-Pfaue sein zu müssen... "
Im Frühtau - nur der frühe Vogel fängt den Wurm - findet die dann statt:

"... zwei Tage später gings dann frühmorgens los, um abends rechtzeitig zu den Nachrichten wieder zuhause zu sein..."
Abgesehen davon, dass es sich geradezu anbietet (auch hier ein ganz eindeutiger Hinweis auf den Fluchtcharakter), morgens loszufahren, um abends "rechtzeitig" wieder "zuhause zu sein", stellt sich mir jetzt die Frage:

Was zum Teufel hat der Karl mit dieser netten Urlauberfamilie bloß angestellt?


Vielleicht brächte eine detaillierte Rekonstruktion der o.a. Analyse Aufschluss.

Leider erfahren wir darüber sehr wenig. Nur das Ergebnis wird mitgeteilt, leider.

Auch was am Abend der Rückkehr in den Nachrichten kam, wäre vielleicht ganz interessant und aufschlussreich...

Knappe Wamba
13.09.2006, 08:50
Im Prinzip hat Herr Dall doch alle erlöst, in dem er aus der bis zum zerbersten angefüllten Spannungsflasche den Korken rausgelassen hat.

Zu find the Hitler fällt mir ein, daß es im Westfalen Land eine Ortschaft mit dem Namen Hilter gibt. Ich wollte da schon immer einmal hinfahren. Nur um mal zu gucken, wie es sich am Abgrund so lebt.
Find the Hitler wäre auch ein schönes Suchbild für Kinder im Stile von Where is Waldo. Grosse bunte unübersichtliche Jahrmarktszene in Nürnberg, mit Verkaufsbuden, Besuchern, spielenden Kindern, enges Treiben, Schieben, Zuckerwatte, und irgendwo ist Hitler, er lugt hinter einem Fahrgeschäft hervor.

van Nieuwenhuizen
13.09.2006, 09:15
Eine lustige Idee von Dall, seinen Stuhl umzudrehen, besonders wenn er wirklich sauer war. Obwohl es ja gar keinen echten Grund gab sauer zu sein.

hohltier
13.09.2006, 09:23
(...) aber ich wundere mich, dass sowohl hohltier im ersten Posting als auch dieses seltsame detritus hier schräggestellte, typografische Anführungszeichen benutzt haben. (...) Ausserdem haben sich beide allerjüngst angemeldet und die vCard-Funktion ausgeschaltet. Eigenlob? Spastiwiedergänger? Der Artdirektor?

Oha, Herr Jeremy,

da schlägt die Doppelaccountinquisition auch schon zu! Ihre Beweiskette ist so stringent, daß ich schon fast eine Persönlichkeitsspaltung bei mir vermutete. Eine kurze Psychoanalyse ergab allerdings, daß ich Ihre Verdächtigung leider zurückweisen muß. Ich bin nur das Hohltier hier. Zugegeben, die Indizienlage ist erdrückend, deshalb sei Ihre Wortwahl (was ist eigentlich ein Spastiwiedergänger?) verziehen. Nur, wenn ich wie von Ihnen beschrieben vorgegangen wäre, müßte ich doch unbeschreiblich blöd sein. Und mir das zu unterstellen, tut sehr, sehr weh.

Mit tränenverschleiertem Gruß,

Immer Ihr Hohltier.

PS. Herr von Kuschel, der Text scheint Sie stark zu beschäftigen. Falls Sie meine Kooperation für eine Diplomarbeit darüber benötigen, bin ich gerne bereit, mit Sekundärmaterial zur Seite zu stehen.

Carl v. Kuschel
13.09.2006, 13:25
Was ist aus den ganzen Muscheln geworden, die Sie im Anschluss an das Erlebnis mit Karl gesammelt haben?
Haben Sie eine Zigarrenkiste damit beklebt?
Ist in der Kiste vielleicht noch das Fährticket? Oder eine Super8-Rolle?
Was haben Sie denn da noch alles?
Sie erinnern sich heute an eine Begegnung, die Jahrzehnte zurückliegt!
Das ist doch irre, gerade in unserer ansonsten so kurzlebigen Zeit!
Das hat Sie bis heute geprägt! Ist Ihnen das überhaupt bewußt?
Kann man sagen, Ihr Leben hat sich geändert durch diese Begegnung?

Werde Karl einmal fragen, ob er Interesse an diesen einmaligen Zeitdokumenten hat.
Vielen Dank aber schon jetzt einmal für das Angebot Ihrer Mitarbeit.
C.v.K.

Murmel
13.09.2006, 14:27
Kusch dich, Kuschel.

cyberbionade
13.09.2006, 18:29
Andererseits...

hohltier
13.09.2006, 21:04
Hier stand was unschoenes. Ging in mich und folge dem Rat von Ruebenkraut (siehe unten)

Ruebenkraut
13.09.2006, 21:52
hohltier, dazu am besten vornehm schweigen.

DerCaptain
17.09.2006, 11:09
Nix gsagt is gnug globt

slowtiger
23.11.2020, 20:26
Karl Dall †. Von ihm lernte ich Niveau und Timing.

bangen
24.11.2020, 04:02
Ingo Insterburg war ein Bloedelbarde, Karl Dall war etwas anders.

maki
24.11.2020, 09:59
Auf Facebook wird jetz auch überall sein "herrlich anarchischer Witz" gefeiert und seine subtilen Provokationen. Vielleicht habe ich in meinem sehr sporadischen Dallkonsum Wesentliches verpasst, aber ich kann mich an absolut nichts erinnern, das lustig gewesen wäre, und das Provokante war einfach nur plumpe Stammtisch-Aggression.

joq
24.11.2020, 10:45
[gefällt mir]

bangen
24.11.2020, 12:51
Ja, von den Insterburgern war er der Langweiligste.

Alberto Balsam
24.11.2020, 13:01
nein, Narr, Jürgen Barz war der Langweiligste

bangen
24.11.2020, 13:16
Und das war das nicht Langweilige an Jürgen Barz.

Herr Weber
24.11.2020, 13:30
Einer von unserer EDV sieht exakt aus wie Peter Ehlebracht. Und wenn ich den sehe, muss ich immer lachen. So ist das nämlich.

Alberto Balsam
24.11.2020, 13:54
das nicht Langweilige am Langeweiler Jürgen Barz war, dass er langweilig war? Müsste man mal Peter Ehlebracht fragen, ob er das auch "unterschreiben" würde, vielleicht kannst Du, Herr Weber, mal den Mann aus der EDV fragen

bangen
24.11.2020, 15:03
Jürgen Barz wurde von etwas Geheimnisvollem umflort. Das machte ihn interessant.

Und Ehlebracht konnte schon deshalb nicht langweilen weil er eigentlich nix tat.

MrMachin
24.11.2020, 15:13
Jürgen Barz war aber der Schönste, mit dem größten Erfolg bei den Frauen. Karl Dall gab ja selber mal zu, daß er nicht George Clooney ist. Und er war in der Tat kein Barde, weil er kaum Instrumente spielte, allenfalls eine Raschel oder einen Expander.


Viele Kritiker haben die Vorstellung, daß verwegenere Komik im Grunde etwas Blödes sei. Sie meinen's dann z.T. sogar positiv, wenn sie "höherer Blödsinn" oder "herrliche Blödelei" sagen. Überhaupt der Begriff "Blödeln"! Der steht für einfach alles zwischen Valentin und TV-"Klimbim". Ich find's interessant, daß es den Gegenbegriff "Ernsteln" nicht gibt, daß also nicht gesagt wird: "Der Peter Handke hat mal wieder herrlich geernstelt." Es ist sehr schwierig, auf Leute zu treffen, die da Qualitäten unterscheiden.
(Robert Gernhardt, Amberg, 12. November 1978)

bangen
24.11.2020, 16:55
Ich dachte bisher, ein Barde singt notwendigerweise.

Ja, Barz hatte etwas Engelsgleiches.

joq
24.11.2020, 18:22
Ihr seid megasüß, ihr zwei.

Kilroy
25.11.2020, 04:28
Bangen, hast du nicht kürzlich sogar STS als „Blödelbarden“ bezeichnet, oder wer war das nochmal? Mit diesem Begriff scheinst du allerhöchste Verständnisprobleme zu haben.

Bei Dall würde das passen, wenn er denn singen würde. Eine hochgradige Niveaulosigkeit ist für einen Blödelbarden jedenfalls unerlässlich.

Murmel
25.11.2020, 06:33
Die meisten ahnen gar nicht, wie irrelevant und leidig ihre Meinungen zu Niveau und Lustigkeit eines Humorschaffenden sind. (Murmel Clausen, Autor der Weimarer Kalauer-Cops)

maki
25.11.2020, 08:19
Das ahnen wir voll, aber wir machen es halt einfach trotzdem, weil wir genug haben von der Karl-Dall-Meinungsdiktatur, du Systemkomiker!

Murmel
25.11.2020, 09:12
Wenn ihr meint.

Klede
25.11.2020, 11:22
Ich ahne das auch voll!

MrMachin
25.11.2020, 13:09
STS und EAV, die verwechsel ich auch dauernd!

Herr Weber
25.11.2020, 13:22
Und ich verwechsle immer Carolin Reiber und Carmen Nebel.

Alberto Balsam
25.11.2020, 14:30
Und ich verwechsle immer Woody Allen und Andy Warhol

Murmel
26.11.2020, 05:07
Wer von euch beiden war nochmal Tex?

bangen
26.11.2020, 10:09
Tex, Juergen Barz hatte bei den Insterburgern die Rolle des Schönlings, dazu gehört langweilig zu sein. Tatsächlich war er wohl der intelligenteste, aber das gehört auch zu der Rolle.

MrMachin
26.11.2020, 15:37
Jürgen war der Stille, so wie bei den Beatles George Harrison, bei den Stones Charlie Watts (der gern Hotelzimmer gezeichnet hat), und bei den Monkees Mike Nesmith (dessen Mutter das Tipp-Ex erfunden hat).

Aber wieso der Intelligenteste? Intelligent ist der, der Intelligentes tut, sagte Tom Hanks. Und für einen erwachsenen Mann denke ich erschreckend viel über Insterburg & Co nach. Aber Peter Ehlebrachts Buch "Haltet die Pyramiden fest! 5000 Jahre Grabraub in Ägypten" ist da doch schon mal was.

slowtiger
26.11.2020, 16:24
Peter Ehlebracht ist für Insterburg & Co das, was Brian May für Queen ist.

Alberto Balsam
26.11.2020, 16:31
und Freddy ist Dall dann? Hm, muss alles umüberlegen jetzt

Kony Faehre
27.11.2020, 10:31
Ihr kennt tatsächlich die Namen und Charaktere dieser Insterburg-Leute! Ich musste die überhaupt erstmal suchen!
Waren die gut?
Auf dem Schulhof habe ich mir abgewöhnt, eine eigene Meinung zu haben. Was gut und was schlecht zu finden sey, bestimmen die coolen Kinder. Nichts ist peinlicher, als über Jerry Lewis zu krähen, wenn die anderen schon bei Woody Allen sind. AUSSER: über Woody Allen zu krähen, wenn die anderen schon bei Jim Jarmusch sind.
Deshalb frage ich mal hier, bevor ich mich draußen blamiere: Insterburg gut finden war erlaubt, ja? Oder Pflicht? Oder eher nicht so? Das, was an Videos aus dem Musikladen von Radio Bremen zu finden ist, macht ratlos. Ich wäre versucht, das belanglosen Mist zu nennen. Keine Familienunterhaltung wie Hallervorden, kein Witz und keine Musikalität wie Schobert und Black. Aber aus der Zeit heraus gesehen?
Wie musste man denn sein, um die gut finden zu dürfen?

Alberto Balsam
27.11.2020, 10:59
ich glaub Insterburg & Co waren so eine Mischung aus akzeptablem Rebellentum und erkennbarem Handwerk (Musik, Knittelverse), also kontrollierte Anarchie, verkifft aber diszipliniert, in einer Zeit, in der offenbar ein Gammler liebenswürdiger Bestandteil der Gesellschaft geworden ist, wenn er nur IRGENDWAS abliefert (mit Gartenschläuchen und Plastitüten Musik machen, siehe Pfuri, Gorps und Kniri), das akustische Äquivalent zum Flokatiteppich, ein paar Jahre früher wären sie verhaftet worden, jetzt konnten sie blödeln, ambitioniert wie Reinhard Mey und brav wie Ulrich Roski und scheinchaotisch wie Insterburg & Co. Meine eher konservativen Eltern fanden die gut, ich auch, jeder fand die gut, weil ja für jeden etwas dabei war, und wenn mein Vater Peter Ehlebracht gut fand (tut nur so chaotisch, schreibt Geschichtsbücher), war ich dann eben auf der Seite von Dall, rückblickend betrachtet ist das alles ganz unwitzig, und eben verkifft, aber daraus entstanden dann ja noch viel schauerlichere Ausformungen wie Gebrüder Blattschuss

slowtiger
27.11.2020, 11:36
Live waren sie gut wegen des kalauernden Geplänkels zwischen den Liedern. Von den Liedern sind nur wenige wirklich gut, leider ("Ich liebte ein Mädchen" und "Diese Scheibe ist ein Hit"). Dall/Ehlebracht das perfekte Duo, Barz irgendwie nur, um das Quartett vollzumachen, ich fand ihn schon damals deplaziert, seine Stimme, sein Tonfall paßte nicht. Ingo das liebenswerte Genie, bißchen Manic Pixie, der niedliche Igel, der seltsame Instrumente bauen konnte und schöne einfache Reime fand. Sie verarschten hemmungslos einfach alles, was Tiefgang vortäuschte, insofern Fortführung der Tradition des Studentenhumors des 19. Jhdts, (https://nddg.de/gedicht/7603-Altassyrisch-Scheffel.html, https://en.wikipedia.org/wiki/Im_schwarzen_Walfisch_zu_Askalon). Einmal im Jahr Auftritt bei Radio Bremen, das reichte dann aber auch.

Klaus Caesar
27.11.2020, 11:56
Schobert & Black kann man sich gar nicht mehr anhören, weil ihr Witz immer 1:1 ist und deshalb sehr schnell Staub angesetzt hat. Insterburg & Co. sind interessanter, weil sie meta sind. Und dabei, und das ist das wirklich Raffinierte, sind sie eigentlich gar nicht meta, also sind sie metameta. Das muss man mitmachen, dieses doppelte Umkippen, sonst ist alles doof und platt.

Alberto Balsam
27.11.2020, 12:06
Aber auf dem Schulhof sagte man natürlich nicht, dass man Insterburg & Co gutfindet, da musste man Slade ODER Sweet sein, Mädchen natürlich Bay City Rollers, beides ging natürlich nicht, auch wenn JEDER zumindest Teile aus Ich liebte ein Mädchen aus.. kannte, die Streber konnten Ulrich Roskis Der kleine Mann im Ohr komplett auswendig, "Ne Gruppe Jugendlicher, ne Art Rockerverschnitt brüllt:" Da drüben ist 'ne Demo ey, da mischen wir mir"", das war dann wohl so ein Ventil für die zu lernende Glocke

bangen
27.11.2020, 14:23
Es ist auch eine Frage des Geburtsjahrs ob man Insterburg kennt.

Freewheelin_Biller
27.11.2020, 14:38
Die nach 1945 Geborenen kennen es nur noch als Tschernjachowsk.

bangen
28.11.2020, 03:26
Karl Dall war der wirtschaftlich Erfolgreichste. Er hat sich wohl angepasst. Er war glaube ich auch viel auf Sylt.

MrMachin
28.11.2020, 17:50
Karl Dall kannte ich zuerst als Filmvorführer und Telefonspaßvogel aus "Verstehen Sie Spaß". Mein hellsichtiger Opa wußte damals schon: "Der hat nicht viel drauf." Das konnte ich damals noch nicht verstehen, aber mein Opa hatte so oft recht. (Über die Außenreporter der Nachrichten: "Das sind Stimmungsmacher!" Über Müntefering: "Der Miesmacher, da geht mir das Klappmesser in der Tasche auf." Über Guildo Horn: "Den mag ich nicht sehen mit seinen Haaren.")

Dann entdeckte ich diese Schallplatten bei meinen Eltern. Ich durfte sie hören, aber niemand hat mich gewarnt, das bloß nicht in der Schule zu erzählen, daß ich die gut finde. Nun, wahrscheinlich hätte das auch nicht viel genützt. Ulrich Roski hingegen war komplett unbekannt, ebenso wie wir komplett Team Wader und Null Biermann waren. Somit kann ich nicht den kleinen Mann im Ohr auswendig, sondern das Lied, in dem Hannes Wader für die DKP Unterschriften (https://www.youtube.com/watch?v=9ZDm969QS74) sammelt. "Dann besuch ich gute Freunde, Stunden gehen dabei drauf, und die führen, statt zu unterschreiben, Eiertänze auf," das klang nach viel Spaß am Nachmittag.

Auf Youtube gibt es etliche stundenlange Livekonzerte von Insterburg & Co, aber ich halte das nie sehr lange aus. Vielleicht liegt das an meiner Aufmerksamkeitsspanne als 21st Century Digital Boy, aber ich glaube, nicht allein. Schobert und Black hingegen kann ich mir in letzter Zeit gut anhören, nicht wegen der Witze, die sind nun wirklich nicht zum Abgröhlen, sondern wegen der Musik; ich finde, die können sehr hübsch singen. Gerade am Black ist ein Kammersänger (https://www.youtube.com/watch?v=50ZxU7GNje0) verloren gegangen. War Schobert nicht später mit Inga von Inga und Wolf zusammen?

Ebenso wie Ulrich Roski (https://www.youtube.com/watch?v=Beskjanz8qY) haben sie auch schonmal die mangelhafte Aufarbeitung der jüngeren deutschen Geschichte gegeißelt (https://www.youtube.com/watch?v=Xg0wX6fua-c). So politisch waren die Insterburger meines Wissens nie.

slowtiger
20.05.2021, 20:19
Immerhin wurden die Insterburger mal zur Lokallegende, als sie anläßlich eines Auftritts in Osnabrück in den 70ern aus der traditionsreichen Kneipe "Olle Use" rausgeschmissen wurden, "nee, Hippies wolln wa hier nich".

MrMachin
21.05.2021, 10:14
Dafür haben sie sich dann mit dem Sketch Osnabrück sucht einen Dialekt (https://www.youtube.com/watch?v=EhnB92uJDRA) revanchiert!

knicklicht
21.05.2021, 15:37
Ich hatte mal eine Reisefreundin, mit der ich nach dem Abi unterwegs war, und wenn wir irgendwo in einer neuen Stadt ankamen, pflegte sie sich umzusehen und "Viele Häuser zieren das Weichbild" zu sagen, was ich jedes Mal ganz witzig fand. Ich hab sie nie gefragt, woher sie das hatte, und dann vergaß ich den Spruch komplett, und jetzt das.