PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Anderson, Pamela (ignoriert uns)



Emil Lotterbeck (64)
30.03.2006, 09:33
Das Arschloch sprach in diesem näselnden New Yorker Akzent, der wie eine Autohupe klang und aus dem man die Internatsvergangenheit gleich mit heraushörte. "Ihr zwei wartet hier", herrschte er uns an und "wir zwei" setzten uns brav auf einen Stuhl und warteten. Das Arschloch hatte sich einen schlaff nach unten hängenden Schnurrbart wachsen lassen, den sich junge Männer in der Hoffnung zulegen, so älter und gesetzter zu wirken. Und männlicher. Sein Hemd und die gebleichten Jeans entsprachen der Standarduniform riesiger Heerscharen junger Männer, die in dieser Branche arbeiteten, aber seine Kleider waren dermaßen sorgfältig gebügelt, dass man die Bügelfalten sehen konnte. Wir zwei saßen nun also hier, irgendwann Ende der 90er, in einem kleinen Restaurant im Norden von Los Angeles, es war heiß und aus irgend einem Grund wollte uns das Arschloch am Verlassen des Lokals hindern. Ob wir noch einen Kaffee wollten, fragte uns Debbie, ein hübsches, brünettes, ausgelaugtes, willfähriges Versuchskaninchen von einer Frau, ein schüchternes, kleines Debbie-Häschen, und wir sagten. Nein, danke, wir haben genug von der Lorke.

Zumm rong whooomm - ein dumpfes Pochen wummerte über den Parkplatz vor dem Lokal. Wir sahen eine Staubsäule, die uns entgegenraste. Kurz darauf erreichten uns die höheren Frequenzen: ein wahnwitziges Gekreische elektrischer Gitarren und ein Refrain heißer Männerstimmen, die alle irgendwas schrien, was wir nicht verstanden. Es klang wie "Horse! Go! Brain! Go!" Die Staubsäule donnerte mit irrer Geschwindigkeit um die letzte Wagenreihe auf dem Parkplatz herum, wir drehten uns auf unseren Sitzen und sahen, wie sie hinter dem Café verschwand. "Da muss was los sein!", rief Zampai, mein Freund aus alten Schulzeiten, der mich zu diesem Kalifornien-Trip überredet und eingeladen hatte, denn er hat Geld und ich nicht.

Eine schmutziggelbe Staubwolke hatte sich über den Parkplatz gelegt, als wir das Lokal durch den Hintereingang verlassen wollten. "Stop!", sagte eine schmuddelige Silhouette. Ein Wesen mit langem Hals und narbigen Wangen, vorspringendem Adamsapfel und einer Baseball-Mütze versperrte uns abermals den Weg nach draußen in die kalifornische Sonne. Der Schirm seiner Mütze war nach oben geschlagen, sodass die Unterseite zu sehen war, auf die mit Filzstift "Security" geschrieben war. "Hirntot", sagte Zampai und tippte sich an die Stirn.

In diesem Moment sah ich sie. Draußen, auf einem Stuhl sitzend, ein Mobiltelefon mit Antenne am linken Ohr, die riesigen, bizarren Atombrüste, ein weißes Oberteil, ein blauer Minirock. Inmitten einer Crew. Kein Zweifel. Sie war es. Keine fünf Meter von uns entfernt. "Zampai!" Er erkannte sie im selben Moment. Wie in Trance schälten wir unsere Fotoapparate aus den Rucksäcken. Klick eins. Klick zwei. Durch die Scheibe hindurch. Ein riesiger Typ mit stoppeligem Kopf und einer roten Windjacke stand plötzlich vor uns. "Her mit den Filmen", sagte er und grinste uns auf die demütigendste Weise an, die man sich vorstellen kann. Mit dem Hohngrisen des siegreichen Kontrahenten auf dem Spielplatz, das in etwa bedeutet: "Du bist eine Schwuchtel und ich nicht."

Plötzlich sprang Zampai auf. Mit blitzenden Augen. "Nimm deine Mütze und steck sie dir in den Arsch, du Wichser". Das Gesicht des Riesen lief blutrot an. Er ging einen Schritt auf Zampai zu. "Wir sind Deutsche und wir sind in den USA und wir dachten, wir wären in einem freien Land und jetzt gehen wir." Er sah dem verwirrten Riesen direkt in die Augen. Dann gingen wir unbehelligt an ihm vorbei, verließen das Lokal, drückten erneut ab, während die Frau mit der bizarren Oberweite uns telefonierend ignorierte, und stiegen in unseren Mietwagen.

Erst ein paar Kilometer weiter nördlich, irgendwo hinter Malibu, hielten wir mit klopfenden Herzen an. Unsere Mundwinkel...wollten sich nach oben ziehen, aber sie blieben gelähmt. Zampai gab eine Mischung aus Schnauben und Wiehern von sich und lächelte. "WASHABENWIRDAEBENERLEBT?" Er lächelte. Dann machte er tief in der Brust ein Grunzgeräusch, das einem Gluckser ähnelte. Durch mein zentrales Nervensystem jagte ein Tornado und teilte mir mit, dass wir soeben die berühmteste Frau des Universums gesehen hatten.

slowtiger
30.03.2006, 09:56
"berühmteste Frau" und "bizarre Atombrüste" ziehen wir ab, aber sonst: fein geschrieben. Allein schon wg Lorke.

yellowshark
30.03.2006, 11:25
"Wie in Trance schälten wir unsere Fotoapparate aus den Rucksäcken.", ist mein Lieblingssatz. Sehr schöne Geschichte.

lacoste
30.03.2006, 14:52
Herr Lotterbeck, das erinnert mich irgendwie an einen Steven King-Roman namens "Das Mädchen", den ich kürzlich las! Aber ich weiß selbst nicht warum!!!

lacoste
30.03.2006, 14:54
Doch, jetzt weiß ich es wieder: In dem Buch kam auch ein Wesen vor, das versuchte, den Weg zu versperren!!!

vir
31.03.2006, 16:42
Pamela Anderson, my ass. Die Bilder da zeigen Dolly Buster in einem Biergarten bei Regensburg.

Effe Oberg
31.03.2006, 17:21
"Horse! Go! Brain! Go!"

noddyholder
03.04.2006, 08:34
Natürlich ist Pamela Anderson die berühmteste Frau des Universums. Das ist eine Tatsache. An dieser Formulierung gibt es nicht das Geringste auszusetzen. Wie am Rest der Geschichte auch nicht.