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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Quinn, Freddie und hyperventilierende Nonne



Kleinroeschen
29.06.2004, 00:08
Schon wieder eine Jugendbegegnung. Man koennte glauben, ich haette nach meiner Pubertaet ueberhaupt nie was erlebt, aber wahrscheinlich was ich einfach mehr Starfucker als ich jung war.

Theater Nuernberg, 1979. Ich nahm dort Ballettunterricht. Warum genau kann ich nicht so genau erklaeren. Wahrscheinlich hatte der Ballettwunsch den Ursprung in was-ich-spaeter-mal-werden-will-Debatten zwischen mir und meiner Freunding Karina, als wir ca. 5 Jahre alt waren. Sie wollte Optikerin werden, ich ‘Bestimmer’, aber den Beruf ‘Balletterin’ fanden wir beide attraktiv. Und so ging ich zum Unterricht bei einer cholerischen Dame, die immer von ihrer Vergangenheit bei John Cranko redete. Ich hatte und habe, gelinde gesagt, keinen idealen Ballettkoerper – ich kann zB kein Spagat - aber als Kind ist das ja nicht so schlimm. Und ich kriegte sogar mal ein Solo beim ‘showcase’ der Ballettschule; dies allerdings nicht, weil ich durch Talent auffiel, sondern weil ich, wenn wir nach Groesse geordent standen, genau in der Mitte war. Ich war aber Scheisse, weil man mir versaeumt hatte zu sagen, dass man beim Tanzen nicht dauernd auf den Boden starren sollte. Es ist mir ein voelliges Raetsel, warum ich das Getanze fortsetzen wollte, nachdem wir nach Nuernberg gezogen waren. Die Ballettmeisterin war kuerzlich vom ‘Erwachsenenballett’ suspendiert worden, weil sie zu sadistisch war, durfte aber dafuer das Kinderballett leiten. Man musste alberne rosane Trikots mit Tütüpuscheln tragen und musste zu dem einbeinigen Pianisten immer im Chor ‘Dankeschoen Herr Sowieso’ sagen.

Ich habe eigentlich nur einen Triumph gehapt: wir mussten, weil wir gaaar nichts verstanden, zur Strafe franzoesische Terminologie in unsere Hefte schreiben. Eine Klassenkameradin hatte keine Ahnung, wie man nun ‘Pas de Chat’ (Katzenschritt) schreibe und schrieb (‘ist eh wurscht..’) ‘Patscha’. Ich versuchte ihr, wohl mit einer gewissen Ueberheblichkeit, zu erklaeren, wie’s denn richtig sei, wurde aber von Rosa Klebb, Verzeihung, der Ballettmeisterin angeschissen, weil ich mich ueber die Unkenntnis meiner Mitschuelerinnen lustig machte. Ich musste mein Heft abgeben, weil sie mich ob meiner eigenen Fehler demontieren wollte. Ich hatte aber fast alles richtig, weil ich ein Klugscheisserkind war und Fremdsprachen konnte.

Eines Tages kam ich aus der Ballettstunde, und es war ein grosser Auflauf beim Pfoertner. Erst sah ich nur Putzfrauen (echt) und als Nonnen gekleidete Damenstatisten (schon wieder Nonnen-Statisten – dass das mal bloss kein Leitmotiv wird…), aber dann sah ich Freddie Quinn inmitten der Menge; ebenfalls in einem religioesen Outfit. Mir fiel ein, dass Freddie die Hauptrolle in einem Musical hatte; der Titel war eigentlich ganz toll: Himmel, Arche, Wolkenbruch. Die Mutter von Gerhilde, einer Freundin meiner Mutter, hatte aber gesagt, dass sie den Titel vulgaer faende. Ich schob das darauf, dass sie in Gunzenhausen wohnte und wohl ein sehr behuetetes Leben fuehrte (meine Mutter fluchte furchtbar viel; ‘Arsch’ war eigentlich eine ihrer wohlwollenderen Bezeichnungen, und auch meine Oma sagte immer ‘Ich sag’ Scheisse – und wenn der Papst daneben steht!’).
Ich war gespalten, weil ich Freddie Quinn eigentlich ganz schoen bloed fand, aber gegen den Enthusiasmus der Menge nicht immune war (ich habe jetzt dreimal versucht, dem automatischen spell corrector, das ‘e’ am Ende auszureden, aber er macht nicht mit. Achmed, mein eigener Laptop, ist naemlich in Behandlung.) Also stellte ich mich auch fuer ein Autogramm von Freddie an; er hatte immerhin seine eigenen Autogrammkarten dabei. Vor mir eine hyperventilierende Nonne. Freddie war eigentlich OK und schrieb mir sogar eine persoenliche Widmung. Ich nahm die Autogrammkarte am naechsten Tag mit zur Schule. Einige waren beeindruckt, aber ich redete wohl ein bisschen zuviel von meinem Autogramm, weil Katharina irgendwann sagte Freddie ‘sei wohl mein Verliebter’. Dieser Verdacht beunruhigte mich ungemein, und ich redete nie wieder von meinem Autogramm, obwohl es immerhin Teil meiner Sammlung war, die hauptsaechlich aus gedruckten Autogrammkarten aus Bravo bestand. Ich erinnere mich mit Schaudern, dass es hinten auf diesen Karten Raum zum Eintragen persoenlicher Notizen gab. Wenn ich mal mutiger oder besoffener bin als jetzt, verrate ich vielleicht, was ich hinten auf Udo Lindenbergs Autogrammkarte stehen hatte.

Graham
29.06.2004, 00:24
Zum Wohl, und dann bitte mal verraten. Danke.

slowtiger
29.06.2004, 12:20
Achmed scheint auch so eine Art Freunding zu sein.

Schön abgeschwiffen, das ist hier zu selten geworden.

Kleinroeschen
29.06.2004, 16:08
Was is'n 'Freunding', slowtiger?

Intrigued,

K.

Effe Oberg
29.06.2004, 17:12
...finde ich diesen Strang. Die Geschichte mit dem Freud'schen Vertipper und alles Nachfolgende erst recht.
Das Berufsziel "Bestimmer" ist wirklich bemerkenswert.

Danke, danke! So macht Feierabend Spaß!

slowtiger
29.06.2004, 18:43
Roeschen, schau mal in deine sechste Zeile. Wenn dus nicht weißt ...

Kleinroeschen
29.06.2004, 21:46
'Ooops' sagt Roeschen erroetend...

Muss ich mir jetzt retrospektive Vorwuerfe machen, weil ich Karina versachlicht habe?

slowtiger
29.06.2004, 23:48
Sachliche Mädchen regeln ganz erheblich.

Elpenor
30.06.2004, 01:01
"Himmel, Arche und Wolkenbruch" las ich auch zuerst so wie Gerhildes Mutter. An dieser Stelle möchte ich eine kleine Kerze für den Erfinder des Ausspruchs "Himmel, Arsch und Zwirn" aufstellen. Lange Jahre scherte ich mich nicht um die genauen Worte. Wenn er geäußert wurde, dann mehr in Form eines Urlautes, also "HIMMELARSCHUNDZWIRN". Was semantisch gleichbedeutend war mit "WASFÜREINESCHEISSE". Doch welche Feinheit, Geisteskraft liegt in im ersten Fluch begründet. Ganz verzweifelt steht der da, welcher seiner Niederlage kund tun will. HIMMEL, so brüllt er, und ruft damit Gott an. Himmel/Gott, schaue auf mich, wie konntest Du das zulassen. Habe ich nicht immer Deinen Ratschlägen gemäß gelebt und jetzt liege ich da, auf einer Taube ausgerutscht. Doch schnell verwandelt sich der Gottessuchende, der Brüter über ein mögliche Destination, in einen knallharten Nihilisten. ARSCH so die verbitterte Antwort. Wozu strebte ich nach Höherem, wenn ich letztlich nur ein Gesäß bin. Man stelle sich an dieser Stelle folgendes vor. Die weisesten Männer der letzten fünf Jahrhunderte wären eingeschloßen gewesen, einzig für den Zweck, eine Fortführung, eine Errettung aus dieser Lage zu finden. Keiner, so behaupte ich, hätte diese einzig mögliche Lösung gefunden: UND ZWIRN. Ein Faden ist aufgespannt, hängt herum, will uns zwischen Himmel und Arsch retten, faßt man ihn an, reißt er oder auch nicht. UND ZWIRN, ein Geniestreich.

Beglückend im übrigen, die Erklärung für den Ausspruch "Da hast Du wohl die Arschkarte gezogen" gelernt zu haben. Zu Beginn der Fußballübertragungen gab es schwarz-weiß Fernsehen, was zur Folge hatte, dass die Zuschauer nicht erkennen konnten, ob dem Spieler eine rote oder eine gelbe Karte gezeigt wurde, da beide aus der gleichen Schiedsrichtertasche am Hemd gezogen wurden. Um dies eindeutiger zu machen, zog der Schiedsrichter zukünftig die gelbe Karte weiterhin oben aus dem Hemd, die rote hingegen aus der Region untenherum, dessen genauere Präzisierung zu der Redewendung führte.

Angelika Maisch
30.06.2004, 01:25
Dies sind Betrachtungen, die einem die Nacht zum Tag werden lassen und man ist wohlgemut darum.

delminio
30.06.2004, 01:28
Die Erklärung der Wendung "die Arschkarte ziehen" kannte ich nicht. Beglückung stelle ich mir anders vor, aber trotzdem danke.

Der Titel des Films "Don´t Give Up the Ship" (1959) mit Jerry Lewis wurde übrigens übersetzt als "Keiner verläßt das Schiff" und alternativ als "Himmel, Arsch und Zwirn, fluchte der Leutnant" bzw. "Himmel, Arsch und Zwirn, fluchte der Maat".

Iron Chef Morimoto
30.06.2004, 12:10
Auch mir ward wohlgemut angesichts der Erklärung für die Arschkarte-Redewendung, und so gab ich sie frohlockend heute vormittag per EMail an einen gleichfalls bekloppten Bekannten weiter, der solche Fakten stets verlässlich zu würdigen weiß.
Vor wenigen Minuten erreichte mich seine Replik:

Werter Morimoto!
Besten Dank: Unnützes Wissen ist für mich immer nützlich.
Gleichwohl wirft diese Erklärung Fragen auf: Im allgemeinen Sprachgebrauch wird diese Phrase verwendet, um darauf hinzuweisen, daß derjenige, welcher die bereits erwähnte Karte gezogen hat, der "Loser" bzw. Depp sei.
Nun ist es jedoch so, daß der - die Karte - Ziehende nicht selbst der "Loser" ist, sondern derjenige, der sie von ihm gezeigt bekommt! Richtig müßte es daher heißen: "Du hast wohl die Arschkarte gezeigt bekommen", oder? Hast du auch dafür eine Lösung?

Diese Frage, die mich stutzen ließ, möchte ich ratlos an die liebe Forumsgemeinde weiterreichen.

Angelika Maisch
30.06.2004, 13:48
Das war so:
Nach dem Spiel treffen sich immer die Schiedsrichter, um zur Entspannung eine tüchtige Runde schwarzer Peter zu spielen.
Einmal war einem der Schiris der auch sonst gerne manchen Streich ausgeckt hat, mal wieder nach Faxen zumute und er hat heimlich den schwarzen Peter aus den Karten gefischt. Dafür hat er dann die Arschkarte ins Spiel geschmuggelt.
Eine riesen Gaudi war das, besonders weil er selbst als Erster die Karte zog. Daraufhin flog der Schwindel natürlich auf.
"Na, da hast du ja wohl die Arschkarte gezogen", bemerkte einer der Schiedsrichter verschmitzt und die ganze Runde wollte sich ausschütten vor Lachen.
Seither ist das ein geflügeltes Wort geworden, wenn einer irgendwie hineingelegt wurde.

Elpenor
01.07.2004, 06:04
Man möchte der Erklärung von Angelika nichts hinzufügen. So wie ich dem Ausspruch "Himmel, Arsch und Zwirn" nicht weiter nachforschen wollte. Allein, schwer ist es, nicht hinter die Poesiebucheselsecke zu linsen. Und so ergab kurze Nachforschung dieses:
"Das [die Redewendung] kommt eigentlich aus der alemannischen Bauern-Mundart und hieß ursprünglich Himmel Arsch und Wolkenbruch für Mistwetter.
Um den Wolkenbruch zu vermeiden wollten die Bauern den Himmel bzw. die Wolken zunähen, daher das Zwirn."
Quelle (http://www.fragenohneantwort.de/kurz.htm)
Recht unerwartet, schwankte ich doch zwischen Zwirn, als beliebige Referenz an das Nähkästchen; Himmel Arsch und Stecknadel, Himmel Arsch und Stricklisel, wären genauso elegant gewesen und einer Moirenanspielung. Beides verkehrt, ruft die Etymologie und trumpft mit Bauern auf.

Bei Morimotos berechtigtem Einwand tappe ich im Dunkeln. Evt. eine Verwechslung. "Er hat die Arschkarte gezogen." stand zunächst reduziert für: "Er hat die Arschkarte für X gezogen, der dann vom Platz fliegt." Später ging die ursprüngliche Bedeutung verloren, der Ausspruch erhielt sich und wurde umgedeutet. Wem das nicht plausibel erscheint, möge folgenden Präzidenzfall bedenken: "Das paßt wie die Faust auf's Auge." hieß zunächst: Das paßt überhaupt nicht. Aber Negation im gängigen Sprachgebrauch, nene, deswegen wurde es flugs umgedeutet und steht jetzt für "Das paßt ganz und gar". Auch hier mußte die Logik von Bord gehen.

Iron Chef Morimoto
01.07.2004, 11:10
Liebe Frau Maisch,
von Ihrer gestrigen Erklärung für die Arschkarten-Paradoxie war ich sehr angetan und habe sie gleich an meinen Bekannten weiter geleitet. Aber ich hatte die Argumentation wohl nicht ganz bis zum Ende nachvollzogen und auf Wasserdichte geprüft, denn der argwöhnische Sack hat mir doch heute morgen gleich wieder eine zweiflerische EMail vor den Latz geknallt, deren argumentative Logik nicht von der Hand zu weisen ist, Zitat:
Der jetzt eingebrachte Erklärungsversuch überzeugt mich nicht! Ich vermag mir trotz umfassender Anstrengungen nicht vorzustellen, daß jemand so blöde ist, nicht erkennen zu können, daß sich in einem handelsüblichen Quartettspiel (nehmen wir an: Panzer) eine (rote) Arschkarte "versteckt" hat - und diese dann auch nicht stante pede als den schwarzen Peter zu enttarnen! Zumal - und das kommt erschwerend hinzu - wenn man sie höchstselbst hineingeschmuggelt hat.

Was nun? Ich werde der korinthenkackenden Mistsau jetzt mal Elpis Argumente schicken und schauen, was er dazu zu sagen hat. Einstweilen hoffe ich auf weitere Erhellungen.

Kleinroeschen
01.07.2004, 11:28
Na, ihr seid ja vielleicht ein lustiger Haufen. Und irgendwie hat das wohl mit Karma zu tun, dass Freddie Quinns misslungener Archenauftritt jetzt zu kulturwissenschaftlich relevanten Diskussionen ueber phraseologische und idiomatische Etymologie fuehrt. Komischerweise kam in dem Lothar-Spaeth-posting auch eine Arschkarte vor.

Das erinnert mich daran, dass ich meine Freundin Uschi (spaeter Gruendungsmitglied des Deutschen Frauen Saunaclubs in einer englischen Stadt) kennenlernte, als sie versuchte, meinem damaligen Freund auf englisch zu erklaeren, was es mit 'es zieht hier wie Hechtsuppe' auf sich hat. Ihr wisst das sicher praeziser, aber es liegt an einem Hoermissverstaendnis - das hebraeische Wort fuer 'Sturm' klingt so aehnlich wie Hechtsuppe. JEDENFALLS sagte der Freund noch Monate spaeter 'There's a terrible draft here, like in a bowl of fish soup'. 'Hecht' konnter sich immer nicht merken.

Der Admiral
01.07.2004, 11:41
<klugscheiss>
Die Hechtsuppe ist vielmehr die Verballhornung von hech supha durch das Rotwelsch (Gaunersprache), also der jiddischen Wörter hech ("wie") und supha ("Sturm").
</klugscheiss>

Klugscheisser
01.07.2004, 11:42
Wir erklärten einst im Studentenwohnheim einer Italienerin, was "die Sau rauslassen" bedeutet. Eine Woche später verkündete sie, sie ginge jetzt in die Stadt, die Schweine befreien.

Angelika Maisch
01.07.2004, 11:48
lieber Iron Chef, der Fehler liegt allerdings bei mir.
Ich vergaß zu erwähnen, daß damals in der kleinen Schiedsrichterrunde ausschließlich Blinde saßen, wie es ja im Fußball bisweilen üblich ist. Sehr erfreulich nebenbei übrigens, daß gerade in der Fußballwelt darauf verzichtet wird, den Blindenfußball als Behindertensport auszugrenzen und zu kennzeichnen, sondern man integriert, ohne ein großes Aufhebens davon zu machen, sehbehinderte Mitmenschen, zb Schiedsrichter und läßt sie wie selbstverständlich mittun.
Auf diese menschliche Geste des Fußballverbandes möchte ich an dieser Stelle einmal lobend hinweisen.
Es saß nun im geschilderten Fall eine Runde blinder Schiedsrichter beieinander und entspannte sich beim Kartenspiel.
Die blinden Schiedsrichter zinken ihre Karten auf eine bestimmte Weise, durch Riffelung und zwar in der unteren Hälfte, so daß dies erst fühlbar ist, wenn man die Karte bereits gezogen hat.
Auf diese Weise war es dem mogelnden Schiri selbst gar nicht möglich, vorzeitig die Arschkarte zu erkennen.
Er mußte eben auf sein Glück vertrauen und wir wissen ja, wie ihm das Glück "mitgespielt" hat.
Zusätzlich mag Alkohol im Spiel gewesen sein, wodurch die Wahrnehmung bisweilen herabgemindert wird, aber hierüber ist nichts verläßliches überliefert.

duden
01.07.2004, 12:45
Für den Fall, dass diese Diskussion noch länger weitergeht, drohe ich an zu erklären, was es mit der Wendung "Mach mir bloß keine Fisimatenten" auf sich hat. Und glaubt mir: Da helfen Quartettspiele nicht weiter.

Kleinroeschen
01.07.2004, 12:47
Traust Dich ja doch nicht, traust Dich ja doch nicht!

duden
01.07.2004, 12:48
Wohl!

Angelika Maisch
01.07.2004, 12:48
Pah. das wollen wir erst mal sehen, sie Wortfuchser, sie!

duden
01.07.2004, 12:50
Dann halt nicht.

Angelika Maisch
01.07.2004, 12:52
Her mit der Erklärung oder ich schieße!

duden
01.07.2004, 12:53
Erst bitte sagen.

Angelika Maisch
01.07.2004, 12:54
ähm, bitter liebe Duden.

duden
01.07.2004, 13:04
Na gut. Bildet mal einen Stuhlkreis und seid ruhig, dann erzähle ich´s Euch.

Die Wendung "Mach mir ja keine Fisimatenten" stammt aus der Zeit, als napoleonische Truppen in Bayern stationiert waren. Die lagerten, wie damals und seit Drusus´ Zeiten üblich bei der Soldateska, in Zelten, z.B entlang des Inns. Weil die Söldner raue Burschen warten, machte ihnen das aber überhaupt nichts aus, im Gegenteil fanden sie immer Zeit, sich an die bekanntlich drallen und rotwangigen bayerischen Mädels heranzuwanzen. In Ermangelung einer ausreichenden Anzahl von Stunden- oder überhaupt Hotelzimmern fanden sie auch nichts dabei, die Kopulationen in ihren Zelten vor sich gehen zu lassen. Die gängige Bestäubungsaufforderung ging "Viens a ma tent".

Damit ist schon alles erklärt. Die bayerischen Mütter, des Französischen nicht mächtig, verballhornten die Wendung in oben angesprochener Weise, wenn sie die Töchter darauf hinweisen wollten, dass kein Gut darin liegt, sich von einem Fremdenlegionär bügeln zu lassen, im Zelt oder anderswo.

Der Admiral
01.07.2004, 13:07
Wenn schon, dann als Aufforderung "visité ma tente". Evtl. auch "Tante besuchen"

Klugscheisser
01.07.2004, 13:09
Wenn schon klugscheißen, dann auch den Akzent wegmachen.

duden
01.07.2004, 13:10
Ich kann ja nicht Französisch (Kl.7 - 10, meistens eine Vier von Porno-Fred). Aber wenn, dann muss es "visitez" heißen. Und nicht dieser Apostroph da, die Pest, die aus dem Osten kam.

Kleinroeschen
01.07.2004, 13:11
(im Chor) Danke-schoen-Herr-Duden!

Meine Mutter hat sich frueher auf dem Campingplatz nachts oft ueber mehrere Zelte hinweg mit lauten Mitzeltern gestritten. Die haette also auch eine Militaerkarriere anstreben koennen, weil sie so ueberhaupt nicht unter Zelt-Lautstaerkehemmungen litt.

duden
01.07.2004, 13:12
Jetzt habe ich gerade gedacht: Was, bitte, sind Mitz-Eltern?

Angelika Maisch
01.07.2004, 13:12
und wie haben die Söldner sich verlustiert wenn grade mal keine Mädels auftauchten, weil die auf den Rat ihrer mütter hörten?
Ich verrats ihnen.
Sie haben QUARTET gespielt, lieber Duden.

Kleinroeschen
01.07.2004, 13:14
(kichert hilflos, schon geschwaecht von der italienischen Schweinebefreiung, und muss sich erstmal beruhigen)

duden
01.07.2004, 13:15
Oh, eine schöne Assoziationskette haben Sie da aber um, Frau Maisch.

DonDahlmann
01.07.2004, 13:18
Diese Geschichte ist hübsch und es gibt sie in jeder Region. Ich kenne alleine drei Versionen aus Köln, Berlin und Stuttgart. Aber die Geschichte ist auch falsch. Es kommt aus dem mittelhochdeutschen und hat irgendwas mit Akten zu tun. Ich glaube visepatentes oder visapatentes, jedenfalls ein im 17.Jhd (?) durchaus gebräuchliches Wort und jetzt weiß ich endlich, was mir die zwei Semester rheinisches Mittelhochdeutsch am Uni-Institut für rheinische Landeskunde vor knapp 14 Jahren gebracht haben.

Angelika Maisch
01.07.2004, 13:20
ja nicht wahr?
reine Handarbeit, von blinden Schaumschlägern fußgepustet, sowas wird heute gar nicht mehr gebaut.

shangri-la
01.07.2004, 13:20
"zur Herkunft gibt es mehrere Erklärungsversuche: 1. Aus dem 15. Jahrhundert von visae patentes literae, kurz visepatentes, ein umständlich zu erlangendes Patent. 2. Aus dem mittelhochdeutschen Wort visamente, das Zierrat oder Ornament bedeutet 3. Volkstümliche Deutung: Von "Visitez ma tente" ("Besuchen Sie mein Zelt") als Einladung napoleonischer Offiziere an deutsche Mädchen. 4. Volkstümliche Deutung: Von der Ausrede verspäteter Passanten gegenüber napoleonischen Straßenkontrollen "Je viens de visiter ma tante." ("Ich habe gerade meine Tante besucht.") 5. Aus dem frühneuhochdeutschen Wort "fisiment" (= bedeutungsloser Zierrat)"

Quelle (http://www.redensarten-index.de/suche.php4?suchbegriff=Fisimatenten+&bool=stufe&suchspalte%5B%5D=rart_ou&suchspalte%5B%5D=bsp_ou)
(Im Kluge steht so was ähnliches.)

duden
01.07.2004, 13:22
Langsam wird´s Zeit, das alles in den "Fakten stören nur"-Strang zu verlegen.

Iron Chef Morimoto
01.07.2004, 13:30
rron und sys sind Mitzeltern.

Gott, das rauscht ja nur so durch.

honz
01.07.2004, 13:32
Ich hätte gestern schon drauf wetten sollen, daß nach Elpenor dem Erleuchteten irgendein Langeweiler mit den "Fisimatenten" kommen wird, ein Langzeitgassenhauer, mit dem man schon als sechzehnjähriger vermeintlich seinen Distinktionsgewinn abholen konnte.

Ich glaube eine großartigsten Erfindungen des neuen Jahrhunderts ist "google" aber sie ist auch die Pest, der Beginn einer nachhaltigen Oednis.

Kleinroeschen
01.07.2004, 13:45
Na und? Wir haben Duden immerhin genoetigt - und ausserdem hat es in den anderen Faellen zur Applikation sinnlosen Proseminarwissens aus dem Grundstudium gefuehrt. Ist nicht immer alles nur google.

duden
01.07.2004, 14:08
Ist es eigentlich gut, Herrn honz weiter zu ärgern? Oder ist der nur aus Prinzip grantig? Sonst könnte man noch "Guten Rutsch" und "Hals- und Beinbruch" erklären. Vielleicht platzt er dann ja und hinterlässt ein Konfettiparadengewirbel aus lauter klitzekleinen Arschkarten.

Iron Chef Morimoto
01.07.2004, 14:41
Honzi, face it: Du hast uns unseren kleinen hyperventilierenden Kindergeburtstag verdorben.

duden
01.07.2004, 14:47
hakt die girlanden von der lampe, rollt die luftschlangen auf und nimmt den kleinen die sauerstoffmasken weg

Klingeltonk
01.07.2004, 14:47
Ihr könnt Euch ja z.B. an "Pumpernickel" wieder in Superstimmung bringen.