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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Lindenberg, Udo, definiert Prominenz



chrislenz
01.04.2004, 15:41
Zugegeben, der Typ ist gut abgehangen, eigentlich schon haut gout, aber diese Geschichte ist taufrisch. Vor etwa einer halben Stunde, in der Salzstraße, die so etwas wie die Fußgängerzone von Münster in Westfalen ist: Die heiße Scholle mit Pommes in der Tüte will zeitnah verzehrt sein, deswegen laufe ich zügig nach Hause. Die Leute sind alle recht wohlhabend hier in Münster, tragen beige Sachen oder blaue. Alle Frauen schlank, groß, lange Haare und Perlen im Ohr. Selbst die Punks und die Penner wirken satt, freundlich und zufrieden. Mitten in der Menge der Passanten taucht plötzlich eine schiefe, schwarze Gestalt auf, mit einem Kokon aus Leere um sich herum: Udo Lindenberg. Seine Schritte in den dürren Röhrenhosen wirken schwer und müde, irgendwo an der Seite hängen Lederschnüre herab und so wird noch deutlicher, wie schief er eigentlich geht. Anstelle der Augen nur eine schlappe schwarze Hutkrempe, darunter ein extrem breiter Mund und ein extrem breites Kinn. Es geht alles sehr schnell. Sein Begleiter, ein langhaariger mit Don-Juan-Bärtchen, redet auf ihn ein und sagt: „...und für die Neunziger stehen The Rasmus und ...“ Die zweite Band kriege ich nicht mehr mit. Das eigentlich Spannende passiert auch erst nach Lindenberg: Er zieht nämlich hinter sich eine Schneise des Erstaunens durch die geschäftige Salzstraße. Es ist, als ob das alltägliche Gewimmel für einige Sekunden einfach einfriert. Die Leute bleiben stehen, starren ihm nach, erwachen dann und besprechen das Ereignis sofort mit den anderen. Es ist die Definition von Prominenz, beiläufig geliefert durch bloße Anwesenheit von einem, der das Gröbste hinter sich hat. Selbst ein baumlanger Geschäftsmann in den Fünzigern reagiert, und zwar sehr westfälisch. Zunächst ein baffes Bauernstaunen: „Von so nah hab ich den noch nie geseh’n.“ Und dann wacht er auf, besinnt sich und setzt nach: „Hätt ja nich gedacht dat der so’n klein Männeken is’!“

vir
01.04.2004, 15:47
Ich nehm jetzt Jockel mal die Arbeit ab: Wunderbar!

joq
01.04.2004, 16:02
wunderbar!

ach scheiße, zu spät.

Malevitsch
01.04.2004, 20:46
Dito, ein weiterer schönes Puzzleteil im Gesamtbild von UL.

Christopher Wurmdobler
02.04.2004, 07:20
das ist wirklich herrlich erzählt!

Seemannsköpper
02.04.2004, 10:09
warum treff ich den nie?

schöne runde sache.

mueller-gucci
02.04.2004, 10:36
dat is ja n rischtisch nettes anäkdötschen.
kann mir lindenberg gut vorstellen, wie er behäbig und in schwarz gekleidet durch die innenstadt von münster schlurft, dabei mit seiner unnachahmlich schwulstigen gestik die westfälische luft beiseite schiebt. und dann immer diese schnute.

bettyford
02.04.2004, 10:36
Wieso kann der noch posten?

vir
02.04.2004, 10:43
Wahrscheinlich hat der Bundespräsident zu seinen Gunsten interveniert. Hahahahahaha!

yellowshark
02.04.2004, 20:21
Als Udo gestern bei Tageslicht ein Fernsehinterview gab, sah er eher aus, als habe er das Gröbste noch unmittelbar vor sich.

bin 2 oeltanks
02.04.2004, 21:05
Lindenberg sahen Sie dann vermutlich kurz nach dem Verlassen von „Nordsee“, ist Ihnen dabei zufällig aufgefallen, ob bei „Poertgen - Herder“ das Paparazzi-Buch im Schaufenster steht? Ich hatte darum gebeten.

chrislenz
03.04.2004, 12:47
Udo Lindenberg lebt wohl davon, dass er immer aussieht, als hätte er das Gröbste noch vor sich. Und kein Pappenbuch bei Poertgen.