Die Hornisgrinde
24.03.2004, 00:42
Es war wahrscheinlich 1995, mein wahrscheinlich dreiundzwanzigster Geburtstag.
Ich war amourös mit einem Mann verbunden, der mir ein hautenges Kleid mit Vichykaros, obendrein mit rosa Blüten bedruckt, schenkte. Für so ein Kleid war ich um mindestens fünf Kilo zu schwer, niemals hätte ich etwas derartiges getragen - es war girlie, es war blumengemustert, kurz: das war ich nicht.
Natürlich, denn zu dem Zeitpunkt war ich eben nicht so disponiert, habe ich ihn nicht angeschrien:"Ich will kein Kleid, das ich nicht bin", bedankt habe ich mich für diese Demütigung und das Ding meinen Freundinnen gezeigt. Die wussten natürlich, wo der Has lang läuft und schüttelten die Köpfe, ich hingegen brauchte noch einige Zeit um dem Kerl auf die Schliche zu kommen.
Das ganze Jahr (94, 95 oder 96, die larmoyanten Jahre) war so gefärbt, ich schien nie das vom Leben zu bekommen, was ich erhoffte, weder Mann, Kleid oder was ich mir sonst noch vorgestellt haben mag.
Logischerweise war also die Wut in mir, Wut, die ich vergeblicherweise durch meinen Musikgeschmack herausventilieren lassen wollte. So besuchte ich, oft alleine, manchmal mit anderen Verzweifelten, die verschiedensten blöden Konzerte. Meistens ließ sich dort aber schlecht wüten und toben, denn zu dieser Zeit schienen in Köln auch die Konzerte schlimmster Noise- Berserker vor allem von unbewegten Spex-Praktikanten bevölkert zu sein.
So auch der Auftritt der "Jesus Lizard" im Luxor. Gegensätzlicher hätten Vortrag und Publikumsverhalten gar nicht sein können: Der Sänger war für Bühnenberserkertum allbekannt, ungläubig und reglos betrachteten die Praktikanten und ich sein Treiben. Dieser Mann hatte etwas Seltsames an sich, an sein Aussehen kann ich mich zwar kaum erinnern, ich glaube aber, daß er sehr klein und dünn war und entweder irritierend weit auseinanderstehende oder komisch eng beisammene Augen hatte. Wahrscheinlich roch er auch nicht gut. Gerne sang/schrie er mit dem Rücken zum Publikum und seine Motorik konnte Laien einen guten Eindruck vom Geschehen während eines epileptischen Anfalls vermitteln. Mit der Zeit wurde das alles sehr langweilig. Ob ihm, David Yow, auch so zumute war? Verachtete er sein Publikum und dachte bei seinen scheuen Blicken in unsere Gesichter nur "Hackfressen, alles Hackfressen"? Was ihn dazu bewogen hat, sich unvermittelt über den Bühnenrand zu beugen und mir, die ich gänzlich unfeixend und arglos dagestanden hatte, eine Ohrfeige zu geben - ich weiß es nicht.
Die Praktikanten lachten. Die Geschlagene verließ, ein weiteres Mal gedemütigt, den Laden. Richtig knallend und schallend war die Ohrfeige zwar nicht gewesen, allein die Geste zählt. Eine sehr leichte Rötung war aber selbst später im Fenster der 148 noch zu sehen.
David Yow, zu Recht in der Versenkung verschwunden?
Die nächsten Jahre wurden dann übrigens ganz ok.
Ich war amourös mit einem Mann verbunden, der mir ein hautenges Kleid mit Vichykaros, obendrein mit rosa Blüten bedruckt, schenkte. Für so ein Kleid war ich um mindestens fünf Kilo zu schwer, niemals hätte ich etwas derartiges getragen - es war girlie, es war blumengemustert, kurz: das war ich nicht.
Natürlich, denn zu dem Zeitpunkt war ich eben nicht so disponiert, habe ich ihn nicht angeschrien:"Ich will kein Kleid, das ich nicht bin", bedankt habe ich mich für diese Demütigung und das Ding meinen Freundinnen gezeigt. Die wussten natürlich, wo der Has lang läuft und schüttelten die Köpfe, ich hingegen brauchte noch einige Zeit um dem Kerl auf die Schliche zu kommen.
Das ganze Jahr (94, 95 oder 96, die larmoyanten Jahre) war so gefärbt, ich schien nie das vom Leben zu bekommen, was ich erhoffte, weder Mann, Kleid oder was ich mir sonst noch vorgestellt haben mag.
Logischerweise war also die Wut in mir, Wut, die ich vergeblicherweise durch meinen Musikgeschmack herausventilieren lassen wollte. So besuchte ich, oft alleine, manchmal mit anderen Verzweifelten, die verschiedensten blöden Konzerte. Meistens ließ sich dort aber schlecht wüten und toben, denn zu dieser Zeit schienen in Köln auch die Konzerte schlimmster Noise- Berserker vor allem von unbewegten Spex-Praktikanten bevölkert zu sein.
So auch der Auftritt der "Jesus Lizard" im Luxor. Gegensätzlicher hätten Vortrag und Publikumsverhalten gar nicht sein können: Der Sänger war für Bühnenberserkertum allbekannt, ungläubig und reglos betrachteten die Praktikanten und ich sein Treiben. Dieser Mann hatte etwas Seltsames an sich, an sein Aussehen kann ich mich zwar kaum erinnern, ich glaube aber, daß er sehr klein und dünn war und entweder irritierend weit auseinanderstehende oder komisch eng beisammene Augen hatte. Wahrscheinlich roch er auch nicht gut. Gerne sang/schrie er mit dem Rücken zum Publikum und seine Motorik konnte Laien einen guten Eindruck vom Geschehen während eines epileptischen Anfalls vermitteln. Mit der Zeit wurde das alles sehr langweilig. Ob ihm, David Yow, auch so zumute war? Verachtete er sein Publikum und dachte bei seinen scheuen Blicken in unsere Gesichter nur "Hackfressen, alles Hackfressen"? Was ihn dazu bewogen hat, sich unvermittelt über den Bühnenrand zu beugen und mir, die ich gänzlich unfeixend und arglos dagestanden hatte, eine Ohrfeige zu geben - ich weiß es nicht.
Die Praktikanten lachten. Die Geschlagene verließ, ein weiteres Mal gedemütigt, den Laden. Richtig knallend und schallend war die Ohrfeige zwar nicht gewesen, allein die Geste zählt. Eine sehr leichte Rötung war aber selbst später im Fenster der 148 noch zu sehen.
David Yow, zu Recht in der Versenkung verschwunden?
Die nächsten Jahre wurden dann übrigens ganz ok.