Patrick Seyboth
15.03.2004, 21:52
Das Unwahrscheinliche an meinem Erlebnis ist die Vorgeschichte: Als Teenager war mein Lieblingsfilm „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ von 1973. In den Hauptrollen: Julie Christie und Donald Sutherland. Ja, es ist der Film mit dem grauenhaften Zwerg im roten Mäntelchen in Venedig, der am Ende Donald Sutherland abschlachtet, welcher eine ziemlich haarsträubende Afro-Frisur trägt.
Als wäre nicht bedenklich genug, dass ein Jugendlicher diesen morbiden Film seinen Lieblingsfilm nennt (lag es vielleicht doch an der Sex-Szene?), erlebte ich 1990 oder 91, gerade dem Teenage entwachsen folgendes:
Ich machte Urlaub, glücklicherweise nicht in Venedig wer weiß, was sonst noch geschehen wäre sondern in Irland, ganz im Norden der Republik in Donegal, wo ich von einem Youth Hostel zum nächsten zog. Ich glaube, es war in der Nähe von Glencolumbkille, da wollte ich zu einem besonders schönen Strand wandern, angeblich abgelegen und einsam. Jemand hatte ihn mir empfohlen. So wanderte ich über grüne Hügel (was sonst?) an der felsigen Küste entlang. Weit und breit war keine Menschenseele, hin und wieder grasten und blökten dickwollige Schafe am Weg. Der Himmel war bedeckt und das Meer rauschte vor sich hin. Als ich mich allerdings der Bucht näherte, wo sich besagter Strand befinden musste, sah ich da mehrere große Trucks stehen, und einige Leute liefen geschäftig umher. Ich konnte bald erkennen, dass es sich um eine Filmcrew handeln musste. Entsprechendes Gerät lag und stand herum. Zwischen den Fahrzeugen stand auch eine Gruppe von vier oder fünf Leuten, die diskutierten. Einer von ihnen, der die anderen ein wenig überragte, war unverkennbar Donald Sutherland. Ich war natürlich etwas überrascht und ging, so langsam ich konnte und ganz unauffällig tuend, an den Leuten vorbei. Niemand beachtete mich. Und ich steuerte, mich immer wieder zu dem Filmvolk umschauend, das Meer an. Da war ein Holzgeländer, und ein kleiner Pfad führte zum breiten Sandstrand hinunter. Am Geländer lehnte eine Frau mit einem karierten Plaid um die Schultern und schaute in die Ferne. Ich sah sie zuerst von hinten. Als sie sich etwas zur Seite drehte, traf es mich wie ein Schlag: Es war Julie Christie. Sie stand da einfach so und schaute gedankenverloren auf die blaue oder grüne irische See, nur wenige Meter von mir entfernt. Ich war sehr aufgeregt. Ausgerechnet Donald Sutherland und Julie Christie hier irgendwo an der irischen Küste. Mir ging sehr viel durch den Kopf, ich spielte auch mit dem Gedanken, sie anzusprechen, doch was hätte ich sagen sollen: „Hello Mrs. Christie, are you making a film here?“ Oder “Hi Mrs. Christie, i am so pleased to meet you here, ‘Dont look now’ is such a great film and you are a great actress, and i am so bloody confused to meet you and Donald here”?.
Respekt, Ratlosigkeit und Schüchternheit geboten mir, schweigend an ihr vorüber zum Strand hinunter zu gehen. Vielleicht empfinde ich heute eine winzige Portion Reue, vielleicht war ich doch zu höflich und Christie hätte gerne ein kleines Gespräch gehabt?
Als ich den Strand wieder verließ, stand Julie Christie nicht mehr oben am Geländer. Donald Sutherland stand aber immer noch mit den Leuten zwischen den Trucks herum. Auf irgendetwas schienen sie zu warten. Vielleicht auf die Sonne.
Der Film kam in Deutschland nie in die Kinos. Doch etwa Mitte der Neunziger wurde er im Fernsehen ausgestrahlt. Er hieß hier „Tote Gleise“ und handelte von einer traurigen Malerin, die sich in einen Mann verliebt, der in einem Bahnwärterhäuschen lebt. Dabei gab es in diesem Teil von Irland überhaupt keine Eisenbahn. Die Geschichte endet tragisch.
Übrigens war - soweit ich mich erinnern kann - die Frisur von Sutherland ganz unauffällig.
Als wäre nicht bedenklich genug, dass ein Jugendlicher diesen morbiden Film seinen Lieblingsfilm nennt (lag es vielleicht doch an der Sex-Szene?), erlebte ich 1990 oder 91, gerade dem Teenage entwachsen folgendes:
Ich machte Urlaub, glücklicherweise nicht in Venedig wer weiß, was sonst noch geschehen wäre sondern in Irland, ganz im Norden der Republik in Donegal, wo ich von einem Youth Hostel zum nächsten zog. Ich glaube, es war in der Nähe von Glencolumbkille, da wollte ich zu einem besonders schönen Strand wandern, angeblich abgelegen und einsam. Jemand hatte ihn mir empfohlen. So wanderte ich über grüne Hügel (was sonst?) an der felsigen Küste entlang. Weit und breit war keine Menschenseele, hin und wieder grasten und blökten dickwollige Schafe am Weg. Der Himmel war bedeckt und das Meer rauschte vor sich hin. Als ich mich allerdings der Bucht näherte, wo sich besagter Strand befinden musste, sah ich da mehrere große Trucks stehen, und einige Leute liefen geschäftig umher. Ich konnte bald erkennen, dass es sich um eine Filmcrew handeln musste. Entsprechendes Gerät lag und stand herum. Zwischen den Fahrzeugen stand auch eine Gruppe von vier oder fünf Leuten, die diskutierten. Einer von ihnen, der die anderen ein wenig überragte, war unverkennbar Donald Sutherland. Ich war natürlich etwas überrascht und ging, so langsam ich konnte und ganz unauffällig tuend, an den Leuten vorbei. Niemand beachtete mich. Und ich steuerte, mich immer wieder zu dem Filmvolk umschauend, das Meer an. Da war ein Holzgeländer, und ein kleiner Pfad führte zum breiten Sandstrand hinunter. Am Geländer lehnte eine Frau mit einem karierten Plaid um die Schultern und schaute in die Ferne. Ich sah sie zuerst von hinten. Als sie sich etwas zur Seite drehte, traf es mich wie ein Schlag: Es war Julie Christie. Sie stand da einfach so und schaute gedankenverloren auf die blaue oder grüne irische See, nur wenige Meter von mir entfernt. Ich war sehr aufgeregt. Ausgerechnet Donald Sutherland und Julie Christie hier irgendwo an der irischen Küste. Mir ging sehr viel durch den Kopf, ich spielte auch mit dem Gedanken, sie anzusprechen, doch was hätte ich sagen sollen: „Hello Mrs. Christie, are you making a film here?“ Oder “Hi Mrs. Christie, i am so pleased to meet you here, ‘Dont look now’ is such a great film and you are a great actress, and i am so bloody confused to meet you and Donald here”?.
Respekt, Ratlosigkeit und Schüchternheit geboten mir, schweigend an ihr vorüber zum Strand hinunter zu gehen. Vielleicht empfinde ich heute eine winzige Portion Reue, vielleicht war ich doch zu höflich und Christie hätte gerne ein kleines Gespräch gehabt?
Als ich den Strand wieder verließ, stand Julie Christie nicht mehr oben am Geländer. Donald Sutherland stand aber immer noch mit den Leuten zwischen den Trucks herum. Auf irgendetwas schienen sie zu warten. Vielleicht auf die Sonne.
Der Film kam in Deutschland nie in die Kinos. Doch etwa Mitte der Neunziger wurde er im Fernsehen ausgestrahlt. Er hieß hier „Tote Gleise“ und handelte von einer traurigen Malerin, die sich in einen Mann verliebt, der in einem Bahnwärterhäuschen lebt. Dabei gab es in diesem Teil von Irland überhaupt keine Eisenbahn. Die Geschichte endet tragisch.
Übrigens war - soweit ich mich erinnern kann - die Frisur von Sutherland ganz unauffällig.