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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Mick Jagger im Dschungelcamp



starlingM
02.03.2004, 18:33
Eigentlich ist die ganze Sache mit dem Dschungelcamp ein alter Hut.
Hat es alles längst schon mal gegeben, und erfunden hat es Werner Herzog.
Für seinen Film Fitzcarraldo verlegte er ein ganzes Filmteam einschliesslich hunderter von Komparsen in den Urwald von Iquitos, Peru.
Was den beteiligten Schauspielern anfangs noch romantisch und abenteuerlich erscheinen mochte, entpuppte sich bald als Alptraum. Das Essen wurde in altem Schweinefett-Öl gekocht, und es mangelte an Früchten, Gemüse und vor allem an Trinkwasser. Klaus Kinski, der erst später dazustiess, lies sich seine tägliche Mineralwasser- und Papaya-Ration wohlweisslich im Vertrag bestätigen. Es gab auch schwere Unfälle, wie der des Kameramannes Thomas Mauch dem die Hand gespalten wurde, und angeblich sogar Tote.
Da mag manchem Beteiligten das „ich bin ein Star, holt mich hier raus!“ schon bald auf der Zunge gelegen haben.
Meine Freundin Hanni Lentz war viele Jahre lang die Agentin von Mario Adorf. Bei einem Abendessen in ihrer Wohnung zu dem sie auch uns eingeladen hatte, erzählte Adorf von den Dreharbeiten. Eines Tages legte Werner Herzog den Arm um seinen Star Mick Jagger und führte ihn zu dem Platz, wo am nächsten Tag seine Dschungelprüfung stattfinden sollte: auf einer Lichtung erhob sich ein sicher 30 Meter hoher, schlanker Turm, der leise ächzend im Wind schwankte. Oben auf der Spitze, mit blossem Auge kaum mehr auszumachen , eine Plattform, wo, wie Herzog Jagger mit glänzenden Augen zuflüsterte, am nächsten Tag seine Szene mit Jason Robards gedreht werde: ein Gespräch, das zu einem Gerangel und Faustkampf führen sollte, bei dem mal der Eine dann der Andere mit dem Kopf nach unten über die unbefestigten Planken hängen würde.
Herr Jagger kuckte skeptisch, dann nickte er knapp und zog sich in sein Zelt zurück, wo Jerry Hall schon auf ihn wartete.
Der nächste Vormittag verstrich, ohne dass der Sänger am Set gesichtet wurde.
Nun will man so einen Weltstar ja nicht vergrätzen, und wenn er das Bedürfnis hat, mal in Ruhe auszuschlafen, dann muss man das verstehen. Im Dschungel wird es aber früh zu dunkel zum Drehen, so dass Herzog sich gegen Mittag unterwürfig Jaggers Behausung näherte. Als der sich nach anfangs zaghaftem Kratzen am Tipi immer noch nicht sehen lies, fing der verzweifelte Regisseur an, heftig mit der flachen Hand gegen die Leinwand zu klatschen. Da endlich steckte Jerry den Kopf durch die Zeltöffnung und fauchte:
Mick is sick!
Sprachs, und war auch gleich wieder verschwunden.
Am nächsten Tag verliesen die beiden das Camp. Jaggers Rolle wurde ersatzlos gestrichen, und auch Jason Robards und Mario Adorf haben sich wenig später rauswählen lassen.

Goodwill
02.03.2004, 19:52
Haben bei den Dreharbeiten zu Fitzcarraldo Herrn Herzog nicht auch einige Indianer angeboten, den Herrn Kinski nach Eingeborenenart ins Jenseits zu befördern? Praktisch für umsonst, weil sie ihn nicht mochten. Weil er die Statisten in den Kampfszenen blutig hieb. Aber Herzog hat abgelehnt! So einer ist der nämlich.
In einer späteren Phase der Dreharbeiten wollte Kinski dann wieder einmal aus künstlerischen Gründen seine Sachen packen. Daraufhin griff Herzog zum Gewehr und kündigte für den Fall des Falles an, Kinski zu erschießen, bevor er die nächste Flussbiegung erreichen würde. Kinski blieb dann. Und es wurde noch eine legendär legère Drehzeit dran gehängt (Schlangenproblematik, Hochwasser, Wutanfälle).

Benzini
03.03.2004, 00:12
Anders. Die Indianer wollten Kinski umbringen, weil er zu laut war. Dieses theatralische Geschrei um Verpflegung passt nicht in den Tropenwald. Über den Film kursieren ja viele Legenden und wer weiss was stimmt, aber am besten fand ich folgendes: Einer der indianischen Komparsen, die mit Baumfällen beauftragt sind, wird von einer Schlange gebissen und sägt sich den Arm ab. Kinski, sauer dass ihm hier die Show gestohlen wurde, kriegt einen seiner Ausraster, weil ihm die Schokolade aus dem Zelt gestohlen wurde und will die Dreharbeiten abbrechen. Herzog droht, ihn zu erschiessen, Kinski bleibt. Blöder gehts ja wohl kaum noch.

joq
03.03.2004, 00:21
sympathisch schrullig, finde ich.

joq
03.03.2004, 00:21
aber ich bin ja auch philanthrop.

DerCaptain
03.03.2004, 00:31
Unter Drogen stehst Du, sonst nix. Schick mir endlich den verfickten Pappensampler, sonst mach ich Dich alle, Du glücksschwangeres Schwuchtelhormon!

joq
03.03.2004, 00:35
schon raus, du pinzette!

Frau Rossi
03.03.2004, 00:48
Ich glaube, ich will Penzini heiraten.

joq
03.03.2004, 00:53
ja, hol ihn raus aus Hannover.

Frau Rossi
03.03.2004, 00:57
Zwischen glaube und ich gehört, glaube ich, kein Komma, oder?

joq
03.03.2004, 00:59
einfach glaubersalz drüberstreuen!

vir
03.03.2004, 01:46
w as ist das denn für ein freejaziger Stang, hä? Seid hr bescheuertè

starlingM
03.03.2004, 14:27
Ich glaube,, dass Kinski und Werner Herzog sich lieb hatten.

Klausi erinnert sich (http://www.geocities.com/Hollywood/Club/4297/filme/fitzcarraldo.html)

(bitte runterscrollen)

Benzini
03.03.2004, 22:22
Viel besserer Strang! Kinski war eben komplett wahnsinnig, unerträglich und genial, Herzog dagegen ein gerissener Ausbeuter, beide Lügner. Ohne Kinski wären Herzogs Filme billige und langweilige Heimatschinken geworden. Man stelle sich mal zum Spass "Aguirre" mit einem Schauspieler wie Jan-Joseph Liefers vor. Insofern hat Kinski über Herzog schon Recht, auch wenn das alles natürlich gelogen ist.

Schöne Szene bei Fizzcaraldo: Gedreht wird die Ankunft Claudia Cardinales im Hafen von Iquitos. Kinski, der Zwerg, muss der Diva aus dem Boot auf einen klapprigen Bootssteg helfen. Im Vordergrund ist ein Komparse namens Jorge vorgesehen, der eine Bananenstaude durch die Szene tragen soll. Dieser Jorge verschläft mit schöner Regelmässigkeit seinen Auftritt, Herzog lässt die Szene jedesmal wiederholen. Kinski wird zunehmend ungeduldiger, fängt wie üblich mit Beleidigungen an, will die Szene gestrichen haben oder den Bananenträger auspeitschen lassen. Herzog beharrt. Auf das Stichwort: "Jorge! Platanos!" schafft es Jorge dann doch noch sich in Bewegung zu setzen, während der entnervte Kinski sich auf dem Wackelsteg kunstvoll auf die Fresse legt und einen Tobsuchtsanfall bekommt. Ganz wunderbar, für meinen Geschmack, ich finde.

Herr Genista
03.03.2004, 22:41
Kürzlich sah ich, wie Werner Herzog seinen Schuh aufaß, hier in Berkeley an der Uni. Das war in den siebziger Jahren, glaube ich, und strahlte einen ganz beachtlichen Künstlermuff aus, eine blecherne Bedeutungsschwere und Hippiehaftigkeit, schlimm. Natürlich kochte er den Schuh fünf Stunden und ließ ihn im Nobelrestaurant Chez Panisse (http://www.chezpanisse.com/) zubereiten. Verrückt!

Alberto Balsam
03.03.2004, 23:01
nein, das war gut, weil es Les Blanks gefilmt hat, Du angeranzter Hippiehasser, ein wunderbarer Chronist von mikroskopisch kleinen Ethnien, Schrullen und Absonderlichkeiten in Amerika.
Es gibt großartige Filme von ihm über Cajunleute, Polkairre und Frauen mit Zahnlücken

Herr Genista
03.03.2004, 23:06
Der Film war in Ordnung, Werner Herzog hat genervt, Du Hippieliebchen.

Frau H aus B
03.03.2004, 23:14
Ich habe den Film nicht verstanden, denn Werner Herzog kocht darin einen seiner perfekt patinierten Clarks Desert Boots und ersetzt sie durch ein Paar dieser scheusslichen gelben Stiefel von Panama Jack. Dabei kann man in Berkeley an jeder Ecke Clarks kaufen!

Ausserdem hat er den Schuh nicht einmal zur Haelfte aufgegessen.

Frau H aus B
03.03.2004, 23:25
Jetzt verstehe ich ihn doch, das war ja 1980, Fitzcarraldo kam 1982 raus, der Mann brauchte ein paar gescheite Dschungelschuhe, da mussten die Wuestenschuhe halt dran glauben.

elinor
03.03.2004, 23:25
Hey, wie ich mich freue, mein Augenbalsam! Nächtelang habe ich im Internet rumgewühlt, um herauszubekommen, wer den wunderbaren Film über ein Ry-Cooder-Konzert in New Orleans gedreht hat, den ich Anfang der 90er Jahre im Arsenal sah (regt euch ab, er war wirklich wunderbar) - bis ich dann auf Les Blank (http://www.lesblank.com/main.html) stieß.
Flaco Jimenez, der leider früh verstorbene Saxophonist Steve Douglas (auf "Death Of A Ladies' Man" von Cohen und Dylans "Street Legal" dabei) und Van Dyke Parks standen ebenfalls auf der Bühne. Jedenfalls hat Cooder aus nicht bekannten Gründen (vor allem nicht einleuchtenden) die Aufführung des Films verboten. Vielleicht weil man deutlich sieht, dass er ein Glasauge hat. Ich hab das bei der Gelegenheit nämlich zum ersten Mal bemerkt.
Und der alte Kinski hat ganz bestimmt das einzige Mal nicht gelogen, als er das über Herzog schrieb.

elinor
03.03.2004, 23:28
Oh, das Konzert war in Santa Cruz, nicht in New Orleans, habe ich gerade auf der Les Blank Site gelesen. Egal.

starlingM
03.03.2004, 23:31
In Kinskis Erinnerungen über mir heisst der Mann aber
Less [!] Blank. Mit Ausrufezeichen.

Alberto Balsam
03.03.2004, 23:31
Alle Filme von Les Blank sind gut, insbesondere Gap Toothed Women

elinor
03.03.2004, 23:43
Da hat Kinski eben wieder gelogen, nur über Herzog schreibt er die Wahrheit.

Werner Herzog Eats His Shoe (1979) LeS Blank

http://www.lesblank.com/images/flower.SHOE.gif

Benzini
04.03.2004, 00:01
Schuheessen ist seit Chaplin doch wohl zwanziger. Herzog geht mir seit gestern voll auf den Wecker, das ganze Gesundwandererschuhefressen ist jämmerliche Pose. Ich kann die Sau nicht leiden. Lausiges Pathos.

Edding Kaiser
04.03.2004, 00:04
Stümmt.

Alberto Balsam
04.03.2004, 00:05
das war ein Wi-hitz, eine Wi-hitz-Wette, Du Trottel, und er hat das mit Les Blank gemacht, weil der Dokumentarist der Cajun Küche ist, bei der mitunter ein Gericht 10 Stunden gekocht wird

starlingM
04.03.2004, 00:18
Schön war auch "Mein liebster Feind", dem Werner seine Erinnerungen: So rührend, wie Herzog einen ganzen Film lang beweisen möchte, wie verrückt Klaus Kinski war und dabei so voll verständnissvoll und überlegen lächelt . Und je länger man ihm dabei zuschaut und so klarer wird, dass er selbst unregelmässig tickt.

Alberto Balsam
04.03.2004, 00:27
diese ganze Debatte über den Film und die Tüpen hats hier schonmal gegeben, Herzog der naive, masochistische Trottel, Kinski das ekelhafte, feige, großmäulige Arschloch, das nur Jammerlappen und Schwachköpfe "genial" finden und Eva Mattes, die sensationell ahnungslose Kuh, die Kinski bewundert

elinor
04.03.2004, 00:39
Auch wenn das vielleicht ebenfalls schon gesagt wurde - die beiden hatten sich einfach verdient.

Klede
04.03.2004, 00:48
Was Ihr Narren wieder mal nicht wisst, das ist naemlich, dass Herzog seinen Schuh aus folgendem Grund ass: Errol Morris, der Dokumentargott, war 1978 an der University of California in Berkeley (! - Genista!) Herzogs Student. Morris erzaehlte Herzog von einer Idee fuer eine Dokumentation ueber Tierfriedhoefe, Herzog entgegnete, dass das so bescheuert sei, dass er seinen Schuh essen wuerde, wenn daraus ein guter Film entstaende. Der Film entstand, Herzog ass seinen Schuh und Morris hat am Sonntag einen Oscar fuer einen Film ueber Bob McNamara gewonnen, auch wenn seine letzten Filme (und auch bestimmt der Oscarpraemierte Film) leider nicht mehr die Klasse des Tierfriedhoffilms ("Gates of Heaven") erreichten. Neben "Gates of Heaven" ist noch "Vernon, Florida" so unbeschreiblich gross, dass ich das gar nicht erst beschreibe.

Herr Genista
04.03.2004, 00:52
Mr. Death fand ich aber gut, der einzige Film von ihm, den ich kenne. Fog of War seh ich mir bald an, ergänzt sich gut mit Quiet American, gestern gesehen.

elinor
04.03.2004, 00:56
Jawohl, gib's ihm!

Herr Genista
04.03.2004, 00:59
Wer? Wem?

elinor
04.03.2004, 01:00
War nur Spaß.

Klede
04.03.2004, 01:00
Von den neuen Filmen ist "Mr. Death" auf jeden Fall einer der besseren, "Thin Blue Line" wohl der beste. Eigentlich sind die alle okay ("Fast, Cheap and Out of Control", "A Brief History of Time", fuer den Morris Hawkings Buero bis auf die Bueroklammer genau in einem Studio nachbauen liess), aber die fruehen Filme sind so unfassbar gut, auch wenn es nur zwei sind. Nach den beiden Filmen arbeitete Morris uebrigens als Privatdetektiv, wobei er auf den Fall stiess, von dem "Thin Blue Line" handelt und den der Film nebenbei auch aufklaerte. Egal, wenn man irgendwo "Gates of Heaven" oder "Vernon, Florida" sehen kann, sollte man das tun, und nicht so Hippiequatsch.

elinor
04.03.2004, 01:02
Sorry fürs Dazwischenquatschen.

Frau H aus B
04.03.2004, 01:47
Klede, es war noch anders, wir haben den Schuhfresserfilm ja gerade erst gesehen, Herzog bezweifelte, dass Les Blank den Tierfriedhoffilm, seinen ersten, jemals fertigstellen werde, und wettete, wenn dies geschaehe, werde er usw.

Der Film ist so unertraeglich Berkeley, vielleicht muss man hier leben um das zu sehen, mich hats genervt.

DonDahlmann
04.03.2004, 02:48
Ich finde, da hat er sich nicht groß verändert. Statt Tiere, nimmt er heute eben demente Sicherheitsberater. Überhaupt habe ich das Gefühl, dass diese Filme alle erst Mode geworden sind, seitdem Bob Woodward und der andere in ihrem Watergate Buch den mysteriösen Mister X eingeführt haben,. Seitdem wollen alle Mister X sein. Besonders Kissinger.

Benzini
05.03.2004, 00:33
Natürlich war Kinski genial. Die Rimbaud und Villon Lesungen waren genial. Schiller! Das kann man aber nur wissen, wenn man nicht dauernd depressive Musik vergöttert.

Aporie
05.03.2004, 20:14
NDR 20.15: Alida Gundlach gerät an Klaus Kinski