leo von der pelzwiese
08.02.2004, 20:20
Oder: Gott und die staatlichen Eisenbahnen
Wählerisch waren wir leider nicht: Jahrelang verbrachten wir unsere Familienurlaube entweder im Alpensozialismus (Österreich) oder im Völkerknastsozialismus (Jugoslawien). Nirgendwo anders. Sozialismus ja, aber bitte nur in zwei Ländern. Innovationsfreudigkeit im Hinblick nicht nur auf die Wahl des Ferienziels, sondern auch die touristischen Sehenswürdigkeiten war meinen Eltern fremd. Und so war auch eine gewisse Abgestumpfheit gegenüber den lokalen Gegebenheiten nicht zu vermeiden, als wir mal wieder und turnusmäßig von einem beliebten wie hochgelegenen Aussichtspunkt auf die Dächer Salzburgs schauten.
Da rief meine Mutter: „Der Ustinov! Das ist doch Peter Ustinov. Ich werd nicht mehr!“ Tatsächlich: Peter Ustinov, der weltberühmte Schauspieler, Schriftsteller und Weltbürger – kurz: das letzte große Universalgenie unserer Zeit – spazierte nur wenige Meter von uns entfernt als wär es nichts durch die Gegend. Meine Mutter bedeutete mir, diesen aufregenden Moment fotografisch festzuhalten. Und so rannte ich auf Herrn Ustinov zu, der damals, Mitte der Achtzigerjahre, noch gar kein Sir war. Ich persönlich hätte ihn erst gar nicht erkannt bzw. konnte den Namen Ustinov nicht gleich mit dessen Tätigkeit als Schauspieler verknüpfen. Sicher: Ich kannte Kaiser Nero und natürlich auch den belgischen Meisterdetektiv Hercule Poirot (die Filmkatastrophe „Lorenzos Öl“ war damals und dem Herrn sei gedankt noch ebenso weit entfernt wie der Fall des Sozialismus). Aber der Name Ustinov war mir aus einem anderen Zusammenhang ein Begriff.
Meine Tante, Waldorfschullehrerin und real existierende Anthroposophin, hatte mir einige Jahre zuvor ein Buch geschenkt. Gott und die staatlichen Eisenbahnen hieß das Werk und versammelte einige rührige ustinovsche Kurzgeschichten, welche ich jedoch nur halbherzig überflogen hatte. Und dass, obwohl meine Tante jedes ihrer Geschenke einem anthroposophischen bzw. pädagogischen Elchtest unterzog: Sie las die Bücher, bevor sie diese fortgab. Und so hatte ich damals gedacht: Mensch, der Herr Ustinov ist vielleicht einer von denen, die Rudolf Steiner nicht nur vom Hörensagen kennen. Weggepackt. Bis zu dem Moment, da ich mich auf Drängen meiner Mutter auf dem Weg mache, den allseits beliebten Weltbürger Ustinov fürs Urlaubsalbum aufs Korn zu nehmen.
Plötzlich: Geschrei, winkende Leute, als ich Ustinov, in einen hellblauen Anzug gewandet, gegenüberstehe. Die Verschlussklappe will sich nicht gleich öffnen. Ustinov bleibt geduldig und sagt so etwas wie: „Du musst die Verschlussklappe öffnen, Junge.“ Ich fotografiere ihn überhastet und mit einem Wert, der unter dem vorgeschriebenen Mindestabstand liegt, bedanke mich nicht, sondern renne fliehenden Fußes fort. Denn wird mir gewahr, dass ich eine Filmszene gesprengt habe. Kein Spielfilm, aber vielleicht ein Beitrag für die TV-Nachrichten oder irgendein Dokustreifen. Titel: „Peter Ustinov: Mein Salzburg“ oder so. Peter Ustinov ist ja Weltbürger und kann demzufolge überall auf der Welt so einen Film drehen. Und er darf reisen. Wohin er will.
P.S. Dies war mein Einstand hier. Wenn das Urteil allzu garstig ausfällt, werde ich das Forum wenigstens noch mit der Geschichte behelligen, wie ich einmal Messdiener auf der Hochzeit von Roland Kaisers Keyboarder war.
Wählerisch waren wir leider nicht: Jahrelang verbrachten wir unsere Familienurlaube entweder im Alpensozialismus (Österreich) oder im Völkerknastsozialismus (Jugoslawien). Nirgendwo anders. Sozialismus ja, aber bitte nur in zwei Ländern. Innovationsfreudigkeit im Hinblick nicht nur auf die Wahl des Ferienziels, sondern auch die touristischen Sehenswürdigkeiten war meinen Eltern fremd. Und so war auch eine gewisse Abgestumpfheit gegenüber den lokalen Gegebenheiten nicht zu vermeiden, als wir mal wieder und turnusmäßig von einem beliebten wie hochgelegenen Aussichtspunkt auf die Dächer Salzburgs schauten.
Da rief meine Mutter: „Der Ustinov! Das ist doch Peter Ustinov. Ich werd nicht mehr!“ Tatsächlich: Peter Ustinov, der weltberühmte Schauspieler, Schriftsteller und Weltbürger – kurz: das letzte große Universalgenie unserer Zeit – spazierte nur wenige Meter von uns entfernt als wär es nichts durch die Gegend. Meine Mutter bedeutete mir, diesen aufregenden Moment fotografisch festzuhalten. Und so rannte ich auf Herrn Ustinov zu, der damals, Mitte der Achtzigerjahre, noch gar kein Sir war. Ich persönlich hätte ihn erst gar nicht erkannt bzw. konnte den Namen Ustinov nicht gleich mit dessen Tätigkeit als Schauspieler verknüpfen. Sicher: Ich kannte Kaiser Nero und natürlich auch den belgischen Meisterdetektiv Hercule Poirot (die Filmkatastrophe „Lorenzos Öl“ war damals und dem Herrn sei gedankt noch ebenso weit entfernt wie der Fall des Sozialismus). Aber der Name Ustinov war mir aus einem anderen Zusammenhang ein Begriff.
Meine Tante, Waldorfschullehrerin und real existierende Anthroposophin, hatte mir einige Jahre zuvor ein Buch geschenkt. Gott und die staatlichen Eisenbahnen hieß das Werk und versammelte einige rührige ustinovsche Kurzgeschichten, welche ich jedoch nur halbherzig überflogen hatte. Und dass, obwohl meine Tante jedes ihrer Geschenke einem anthroposophischen bzw. pädagogischen Elchtest unterzog: Sie las die Bücher, bevor sie diese fortgab. Und so hatte ich damals gedacht: Mensch, der Herr Ustinov ist vielleicht einer von denen, die Rudolf Steiner nicht nur vom Hörensagen kennen. Weggepackt. Bis zu dem Moment, da ich mich auf Drängen meiner Mutter auf dem Weg mache, den allseits beliebten Weltbürger Ustinov fürs Urlaubsalbum aufs Korn zu nehmen.
Plötzlich: Geschrei, winkende Leute, als ich Ustinov, in einen hellblauen Anzug gewandet, gegenüberstehe. Die Verschlussklappe will sich nicht gleich öffnen. Ustinov bleibt geduldig und sagt so etwas wie: „Du musst die Verschlussklappe öffnen, Junge.“ Ich fotografiere ihn überhastet und mit einem Wert, der unter dem vorgeschriebenen Mindestabstand liegt, bedanke mich nicht, sondern renne fliehenden Fußes fort. Denn wird mir gewahr, dass ich eine Filmszene gesprengt habe. Kein Spielfilm, aber vielleicht ein Beitrag für die TV-Nachrichten oder irgendein Dokustreifen. Titel: „Peter Ustinov: Mein Salzburg“ oder so. Peter Ustinov ist ja Weltbürger und kann demzufolge überall auf der Welt so einen Film drehen. Und er darf reisen. Wohin er will.
P.S. Dies war mein Einstand hier. Wenn das Urteil allzu garstig ausfällt, werde ich das Forum wenigstens noch mit der Geschichte behelligen, wie ich einmal Messdiener auf der Hochzeit von Roland Kaisers Keyboarder war.