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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ziege, Christian & Adorf, Mario (ziege adorf)



montix
14.12.2003, 04:18
dass ziege tief in winteranorak und mütze auf der anderen Seite des Rollbandes am Münchner Flughafen einfach an mir vorbeiging ohne mit der Wimper zu zucken, wäre keine Erwähnung wert. Auch nicht, dass Mario Adorf wenig später im Buchshop beinahe über meinen roten Koffer gestolpert wäre und meine vorauseilende Entschuldigung nicht einmal beiläufig wahrnahm.
Wenig später saßen gleich beide Prominente in der Abflughalle. Der eine hinter SZ, der andere mit gespreizten Beinen am Sms. Die Sitze visavis. Voller Blickkontakt, denn die SZ war zur Mitte gefaltet. Dicke Daune gegen doppelten Zwirn. Ich seitlich erwartungsvoll frohen offenen Blickes, offenen Ohres.
Hallo? Gruß an die Gattin, wir sehn uns auf der nächsten Gala?
Wenigstens zunicken? Zwinkern? Das, was man stilles Einvernehmen nennt?

NICHTS Kein Blick, kein Nicken, nicht das leiseste Zeichen des Erkennens.

Benzini
14.12.2003, 05:37
Ich schätze mal, Adorf war einfach zu höflich und Ziege wie immer zu ahnungslos. Ein geflügeltes Wort von mir: Ziege, der ahnungsloseste Mittelfeldspieler der Zeitgeschichte. Man müsste der Szene Claudia Cardinale hinzufügen, die auf einer Bananenschale ausrutscht.

Jeremy
14.12.2003, 05:41
Gerade wollte ich hier hin schreiben, dass ich dies Geschichtlein gut finde. Das mache ich dann einfach auch.

Klede
14.12.2003, 12:00
Claudia Cardinale, vor ein paar Monaten sah ich sie in Deauville eine riesige Treppe herunterschweben, in einem sehr langen Kleid, bei dem ich die ganze Zeit fuerchtete, dass es die Cardinale zum Stolpern bringen wuerde. Die Cardinale stolperte natuerlich nicht, schwebte an mir vorbei, verschwand um die Ecke, hinter ihr eine Wolke teuren Parfums.

Am naechsten Tag dann Anne Parillaud, wiederum in einem sehr langen Kleid, traegerlos, schulterfrei. Sie ging vor mir auf dem Buergersteig, den Saum ihres Kleides liess sie hinter sich ueber den Boden schleifen. Der Saum war schon staubig, einzelne Schuhabdrucke konnte man auch erkennen, auf dem zweifellos teuren Kleid.

Susi Torte
14.12.2003, 13:23
Was mich irritiert hat: erst lese ich von vollem Blickkontakt und denke, die starren sich an. Dann aber "NICHTS Kein Blick, kein Nicken, nicht das leiseste Zeichen des Erkennens." Die Pointe als Enttäuschung.

Aporie
14.12.2003, 15:35
Es ist genau umgekehrt Susi Torte:
Die Enttäuschung ist die Pointe, die im übrigen so gut vorbereitet wird, dass sie nicht mehr überraschen kann.

Jeremy
14.12.2003, 16:00
Erica Jong hat in einem Interview mal gesagt, dass es eine Art Club der Prominenz gäbe. Man könne sich anrufen und sagen, "Lass uns Treffen", es sei eine Art Grundverständnis da. Unter uns Leidensgenossen.

Das ist eine schöne Variante, am Mythos der Prominenz zu stricken. Aber zumindest in Deutschland ist dieser Club offenbar verkümmert. Oder es gibt ihn nicht. Oder er ist in Klassen eingeteilt. Kulturprominenz vs. Sportprominenz. Jedenfalls spielt die Geschichte hübsch mit der Erwartung, dass gegenseitiges Kennen aus der Gala gehaltvoller sei als einseitiges Kennen aus der Gala. Wenn sie sich tatsächlich angesprochen hätten, dann hätte das etwas von "Deutsche treffen sich im Ausland" gehabt. Kommunikation der Unverbindlichkeit, Entlanghangeln an Standards, Abfragen des öffentlichen Privaten, Kommentare zu Zeitgeistkram.