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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Schuh, Franz & Proll, Nina



Auge
12.12.2003, 22:59
Ich gehe heute über den wiener Heldenplatz, der Platz auf dem Adolf Hitler sein Heimkommen zelebriert hat, vor ca 50 Jahren und ca fünfhunderttausend jubelnden Österreichern, die dann später nur gesagt haben, sie wurden von der Bestie überfallen, da steht Franz Schuh, der Schriftsteller, Krimispezialist, DIE ZEIT- Buchkolumnist und Soziologe, vor ihm gruppiert ein kleiner, wahrscheinlich deutscher Fernsehstab, bestehend aus Kamera, Licht- und Tonmensch, dem armen Mikrofongalgenhalter und dem zuständigen Redaktör, ich gehe hinter dem Stab vorbei, so dass mich nur Franz Schuh sehen kann, in dem Moment, als Schuh "Massensuggestion" sagt, sieht er mich, wir grüßen uns stumm und lächeln beide, er redet ohne Unterbrechung weiter, jetzt wird in irgendeiner deutschen TV Doku Franz Schuh ungeschnitten und unverhofft beim Wort Massensuggestion schmunzeln.
Wird es so aussehen, dass er Hitler verharmlost, bin ich schuld?
Gegenüber von mir wohnt die österreichische Schauspielerin Nina Proll, vor meinem Haus parkt sie immer ihre Vespa, sie ist sehr hübsch, sowohl die Vespa als auch die Schauspielerin, sie spielte zB in dem doofen Film "Nordrand" mit, für den sie einen Nachwuchspreis in Venedig bekommen hat, und seitdem jede Rolle bekommt, zur Zeit eine Rolle in einem Musical namens "Barbarella". Sie spielt Jane Fondas Rolle.
Heute wird sie in der Autobeilage einer österreichischen Tageszeitung interviewt, sie sagt: "Mich belastet ein Auto nur, ich bin auf meine türkise Vespa ET4 umgestiegen...die Parkplatzsuche mit einem Auto wäre mir zu mühselig"
Ihre Vespa ist hellgrün, ich habe ihr, als ich zurückkam von der Heldenplatzüberquerung und Schuhverführung einen kleinen froschgrünen Zettel unter den Griffgurt der Sitzbank geschoben, Inhalt: "Frau Proll, Ihre Vespa ist nicht türkis, Mfg Auge.v.d.T.", ich fand das sehr höflich, Farbenblindheit zu korrigieren, bin aber mittlerweile nicht mehr sicher, ob sie die falsche Lackierungsangabe in der Zeitung nicht aus Schutz vor lackkratzenden Stalkern gemacht hat.
"Heute 2 Fehler gemacht" würde ich in mein Tagebuch schreiben, wenn ich ein Tagebuch hätte und 14 und nicht 42 wäre.

Auge
12.12.2003, 23:05
Ok, den Film "Nordrand" fand ich nicht wirklich doof, wie mich 400 Betten gerade korrigierte

Doctor Subtilis
12.12.2003, 23:41
Alltagsgegenstände als Nachnamen: Ist das typisch Österreich? Klammer, Schüssel, Schuh?

Stimmen
13.12.2003, 02:12
Nordrand ist super, Proll ist super. Wenn du noch mehr Zettel an die Vespa stecken willst, die dir hinterher peinlich sind, schreib einfach mein Pseudonym drunter. Meine Lieblingsszene aus dem Film, also eine der Lieblingsszenen, nein, ehrlich gesagt, die einzige, dir mir so in Erinnerung geblieben ist, daß ich sie nacherzählen kann: Das Ganze ist eine Proletenfamilie, zwei Schwestern, Mutter blaß, Vater Arsch, soziales Elend. Dann nachts Blick auf die kleinere Schwester (nicht Nina Proll, die schläft nebenan im selben Zimmer, fast erwachsen, vor idiotischer Kinderzimmertapete), und die kleine Schwester schubbert immer hin und her im Bett, man hört unterdrücktes Stöhnen. Meine Freundin U., mit der ich im Kino war, beschrieb das damals so: da denkt man sich, endlich ein Lichtblick in all der Trostlosigkeit, sie befriedigt sich wenigstens selbst, und sie schubbert immer weiter und die Kamera fährt langsam zurück und da sitzt hinter ihrem Rücken der Vater und reibt sich mit ihrer Hand den Schwanz. Bißchen ähnlicher Film von der Stimmung her, auch tolle Hauptdarstellerin: Kroko mit Franziska Jünger.

Ruebenkraut
13.12.2003, 21:49
Eine Freundin von mir, nein, eine Freundin meiner Freundin hatte eine Vespa, Anfang der 80er. Sie fand jeden Tag einen Zettel dran, eine Umdichtung von "zehn kleine Negerlein". Ihr Verflossener fühlte sich verstoßen und meinte wohl, auf die Art das Liebesglück wiederbeleben zu können. Nach neun Tagen hatte ihm offenbar jemand gesteckt, dass die Vorgehensweise nicht von Erfolg gekrönt sein würde. Das mit den Zetteln hörte auf. Die neun Tage mit den Zetteln an der Vespa lebte diese Freundin in Angst. Das Wort Stalking dafür kannte noch keiner.

Christopher Wurmdobler
29.12.2003, 22:57
nina proll wohnt bei uns im block???