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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Sammer, Klaus (Blatt, Brunnen, Schere, Stein)



sascha keiner
08.12.2003, 01:14
Im vorletzten Hochsommer war meine Frau nach einem heftigen Streit zu ihrer Freundin Nancy nach Cottbus gefahren. Ich war durcheinander, nervös und es half auch nicht, daß sich immer stärker der Verdacht meldete, daß ich im Unrecht war. Nach zwei Tagen allein in der Wohnung mit Fernsehen und Rotwein wußte ich "So geht das nicht weiter." Es hatte die letzten Tage geregnet, es muß Mitte August gewesen sein, aber daß die große Flut kommen würde, daran dachte noch niemand, wie auch. Ich mußte raus, gleich wie das Wetter war.

Ich gehe zum Hygienemuseum und schaue mir die Ausstellung "Sex, Wissen und die Wünsche an", es war der letzte Ausstellungstag und die Ausstellung war gut aber sie verbesserte meine Laune nicht so direkt. Danach drehe ich eine Runde ums Harbigstadium, um die gläserne Manufaktur und gehe dann in den Großen Garten, da sind wenig Leute, viele Wolken oben, hin und wieder Regen, mir ist es egal, ich habe meinen großen, dunkelgrünen Schirm dabei, den ich aber nicht aufspanne, auch wenn es wieder anfängt, denn mir ist es nicht nach Trockenheit, mir geht es schlecht und es soll so sein.

Nach mehreren Runden um den Palaisteich gehe ich zum neuen Teich und dann entlang zum Carolateich, da pladdert es wieder stark und ich bin naß und glücklich deshalb und ganz unglücklich. Der Katalog der Sexausstellung ist, ich habe ihn später zwischen zwei Bretter gelegt und die mit Ziegeln aus der Palette die die Bauarbeiter in unserem Hof vergessen haben beschwert, der ist immer noch verzogen und rau und verfärbt geblieben.

Am Cordulasee gehe ich ein paar Schritte, dann suche ich mir was und werfe es ins Wasser. Dann gehe ich wieder ein paar Schritte. An einer Stelle steht ein Mann uns läßt steine Hüpfen. Ich sehe ihm zu und er ist sehr gut. Sie hüpfen fünfmal, sechmal und dann greift er wieder in seine Jackentasche, holt daraus einen neuen flachen Stein hervor, reibt lange an ihm herum, spuckt darauf, reibt wieder daran zwischen den Handflächen, nimmt ihn in die Hand, dreht ihn, schwingt die Hand mit dem Stein wiederholt probeweise vor und zurück und federt dann den Stein heraus und er hüpft und hüpft und hüpft und geht unter. Sonst ist außer wenigen Paaren mit Kinderwagen niemand zu sehen. Ich schaue weiter zu. Dann schaue ich mich um. Es gibt hier nur Kiesel, es gibt hier keine flachen Stein. Er muss sie anderswo zusammengesucht und eingesteckt und dann mit Absicht hierher gekommen sein. Er zieht wieder einen Stein und spuckt und massiert ihn.

Er dreht sich zu mir und ich erkenne ihn. Ich kenne als aus dem Westen zugezogener Dresdener vor allem seinen Sohn, aber hier ist er oft in der Presse, er ist jetzt Jugendtrainer beim DFB, Klaus Sammer. Er sieht mich an, sagt etwas wie "Bei Regen springen sie besonders gut" und wirft wieder, hüpf, hüpf, hüpf, hüpf, hüpf, hüpf und versink. Er dreht sich wieder zu mir und ich nicke ihm zu und ziehe in Bewunderung die Mundwinkel nach unten und nicke. Er nickt zurück, wir verstehen uns, und er zieht den nächsten Stein.

Viele Steine später, und ich bin mir sicher, dass keiner weniger als viermal gehüpft ist, sind seine Jackentaschen leer. Er sucht noch mit der Hand, dann stülpt er die Tasche um und schüttelt Sand raus. Dann schaut er noch einmal zu mir, wir wiederholen die Gesten von vorhin und er wünscht mir noch einen schönen Tag. Ich gehe dahin wo er stand, schaue auf's Wasser auf dem die Steine hüpften und versanken und jetzt gehe ich ganz gefasst weiter, alles ist nicht mehr so schlimm. In Kürze kommt die Flut und wie die Flut steigt ruft meine Frau immer häufiger an und dann kommt sie zurück und alles ist wieder gut.

Ruebenkraut
08.12.2003, 01:40
Fast wie früher diese Geschichte.