Mitzi Katz
12.11.2003, 18:59
Ich bin öfters in Berlin und mache mir eine Spass daraus, immer wenn ich da ankomme, am ersten Abend einen Schlingensief, einen Castorf oder einen Pollesch zu sehen, zur Wiederakklimatisierung. Als ich letzte Woche da war, lief kein Schlingensief. Der Herr ist jetzt ja was besseres, inszeniert in Wien und Bayreuth; da hat man keine Zeit mehr für den Kindergarten Volksbühne. Pollesch lief. „Der Tiger von Eschnapur“ oder „Der Leopard von Singapur“ oder „Der Gepard von Kuala Lumpur“, ich weiss es nicht. Ich habe mir aber vorgenommen, nur noch jeden dritten Pollesch zu sehen, das reicht bei weitem. Nichts gegen Pollesch, nur was gegen seine „MASSENPRODUKTION, DIESE VERDAMMTE SCHEISSE!“
So ist es also Castorfs „Forever Young“, seine neuste Inszenierung, frei nach Tennessee Williams „Süsser Vogel Jugend“. Soll ja ganz toll sein. Der Einsatz der Live-Videos soll der Meister jetzt perfektioniert haben. „Der Idiot“ war ja ganz nett, aber das hier, das sei nun die Revolution, so der Dramaturg Carl Hegemann mit funkelnden Äuglein. Gut, gut, da geht man hin.
Im Foyer Nicolette Krebitz und Lars Eidinger, ein Drittel von SheShePop, jede Menge alte Bekannte: Honeys, I’m home! Reihe 6, Platz 11 links setze ich mich hin; kein schlechter Platz, jedoch etwas weit aussen. Es ist dumm, sich so früh hinzusetzen, wenn man so weit aussen sitzt. Ich stehe also noch einige Male auf und antworte: „Och, kein Problem!“, so auch bei Alfred Biolek. Er setzt sich auf Reihe 6, Platz 8 links, zwischen ihm und mir zwei freie Sitze. Er wird sofort von einem mir unbekannten Herrn aus Reihe 7 angesprochen: „Ach, Herr Biolek! Sie auch hier?“ Herr Biolek freut sich mässig, und mir bleibt unklar, ob sich die beiden kennen. Der unbekannte Herr redet weiter auf Herrn Biolek ein, dieser nickt nur. Bald kommt auch Herrn Bioleks Begleitung und setzt sich auf Reihe 6, Platz 7 links. Die Begleitung ist männlich und zwischen 25 und 35 Jahre alt. Könnte Familie sein.
Das Saallicht geht aus und die beiden Plätze zwischen Herrn Biolek und mir bleiben frei. Ich rutsche auf, um etwas mittiger zu sein. Dies würde ich auch an jedem anderen Abend tun, es hat nichts mit Biolek zu tun. Ich sitze also jetzt direkt neben ihm.
Das war ein Fehler, denn sein Begleiter flüstert während 45 Minuten immer wieder auf Biolek ein, wobei er nicht zu wissen scheint, dass Flüstern per Definiton stimmlos ist. Nach 45 Minuten verabschiedet er sich mit „Ich halte das nicht aus,“ und geht. Herr Biolek bleibt und putzt noch ein paar mal seine Brille.
Die Inszenierung ist aber durchaus auszuhalten. Ein Castorfsches Meisterwerk, diesmal ohne Kartoffelsalat, ohne Plastikstühle! Der Einsatz des Live-Videos ist wahrlich perfektioniert. Leinwand- und Bühnengeschehen ergänzen sich, ohne dass dabei das eine unterginge. Das Volksbühne-Ensemble hat Spass und macht Spass.
Herr Biolek scheint jedoch nicht dieser Ansicht zu sein. Beim Schlussapplaus klatscht er nicht, schüttelt nur den Kopf. Der Herr aus Reihe 7 lehnt sich wieder nach vorne und meint: „Ich bin froh, dass sie auch nicht klatschen, Herr Biolek,“ dann noch irgendwas über „diesen Komunisten-Quatsch“ und „deshalb bin ich ja nach Frankfurt gezogen“. Herr Biolek steht auf und geht nach etwa einer halben Minute Applaus, dicht gefolgt vom Herrn aus Reihe 7. Diesmal stehe ich nicht auf. Da muss er sich schon an meinen Knien vorbei kämpfen!
So ist es also Castorfs „Forever Young“, seine neuste Inszenierung, frei nach Tennessee Williams „Süsser Vogel Jugend“. Soll ja ganz toll sein. Der Einsatz der Live-Videos soll der Meister jetzt perfektioniert haben. „Der Idiot“ war ja ganz nett, aber das hier, das sei nun die Revolution, so der Dramaturg Carl Hegemann mit funkelnden Äuglein. Gut, gut, da geht man hin.
Im Foyer Nicolette Krebitz und Lars Eidinger, ein Drittel von SheShePop, jede Menge alte Bekannte: Honeys, I’m home! Reihe 6, Platz 11 links setze ich mich hin; kein schlechter Platz, jedoch etwas weit aussen. Es ist dumm, sich so früh hinzusetzen, wenn man so weit aussen sitzt. Ich stehe also noch einige Male auf und antworte: „Och, kein Problem!“, so auch bei Alfred Biolek. Er setzt sich auf Reihe 6, Platz 8 links, zwischen ihm und mir zwei freie Sitze. Er wird sofort von einem mir unbekannten Herrn aus Reihe 7 angesprochen: „Ach, Herr Biolek! Sie auch hier?“ Herr Biolek freut sich mässig, und mir bleibt unklar, ob sich die beiden kennen. Der unbekannte Herr redet weiter auf Herrn Biolek ein, dieser nickt nur. Bald kommt auch Herrn Bioleks Begleitung und setzt sich auf Reihe 6, Platz 7 links. Die Begleitung ist männlich und zwischen 25 und 35 Jahre alt. Könnte Familie sein.
Das Saallicht geht aus und die beiden Plätze zwischen Herrn Biolek und mir bleiben frei. Ich rutsche auf, um etwas mittiger zu sein. Dies würde ich auch an jedem anderen Abend tun, es hat nichts mit Biolek zu tun. Ich sitze also jetzt direkt neben ihm.
Das war ein Fehler, denn sein Begleiter flüstert während 45 Minuten immer wieder auf Biolek ein, wobei er nicht zu wissen scheint, dass Flüstern per Definiton stimmlos ist. Nach 45 Minuten verabschiedet er sich mit „Ich halte das nicht aus,“ und geht. Herr Biolek bleibt und putzt noch ein paar mal seine Brille.
Die Inszenierung ist aber durchaus auszuhalten. Ein Castorfsches Meisterwerk, diesmal ohne Kartoffelsalat, ohne Plastikstühle! Der Einsatz des Live-Videos ist wahrlich perfektioniert. Leinwand- und Bühnengeschehen ergänzen sich, ohne dass dabei das eine unterginge. Das Volksbühne-Ensemble hat Spass und macht Spass.
Herr Biolek scheint jedoch nicht dieser Ansicht zu sein. Beim Schlussapplaus klatscht er nicht, schüttelt nur den Kopf. Der Herr aus Reihe 7 lehnt sich wieder nach vorne und meint: „Ich bin froh, dass sie auch nicht klatschen, Herr Biolek,“ dann noch irgendwas über „diesen Komunisten-Quatsch“ und „deshalb bin ich ja nach Frankfurt gezogen“. Herr Biolek steht auf und geht nach etwa einer halben Minute Applaus, dicht gefolgt vom Herrn aus Reihe 7. Diesmal stehe ich nicht auf. Da muss er sich schon an meinen Knien vorbei kämpfen!