poldi
06.08.2003, 03:33
April 2003, Nachmittag, regenschwer bewölkt. Aus dem D-Wagen, Endstation Südbahnhof, stiegen Menschen nach der Arbeit aus und eilig zum Bahnhofsgebäude, S-Bahn oder Zug. Ich war im Belvedere gewesen, nicht so eilig. Vor mir ein Mann mit angegilbtem weißen Haarbusch und in alten kleinen Schritten, auch eilig. War das nicht... er trug eine gefüllte dunkelblaue Tennistasche in der linken Hand (Aufdruck olympische Ringe), olivgrüne Hosen, die sich nahezu hiphopmäßig beulten (oh, O-Beine) und einen dunkelblauen Lumberjack. Ich wollte es wissen und ging schneller. Weiße, abgenützte Turnschuhe, sparsam. Die tief gebräunten Wangen hingen in Säckchen um die Kiefer (Putto? Puer senex?) Nun ja, er bemerkte meine fokussierte Aufmerksamkeit, als er in der Bahnhofshalle vor einem der orangenen Fahrkartenautomaten angelangt war und ich an links ihm vorbeiging. Richard Nimmerrichter wandte sich mir zu, ich ging weiter. Grüngelbe Augen mit schwarzen Wimpern, ewig hochgezogene Augenbrauen. Die Grimasse eines feschen Schelms, und ich konnte nicht umhin, ihn mir vorzustellen, wie er, im Kreis der Kameraden albernd, in Wehrmachtsuniform für ein Erinnerungsfoto posierte.