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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : UFO auf dem Weg zur Kneipe



Werrnerr
18.07.2003, 08:40
Oh ja. Endlich mal ein Konzert einer weltberühmten Band in unserer Stadt. Nicht immer nur dieser Krautrock. Zugegeben: Konzerte von „Kraan“, „Grobschnitt“ oder „Guru Guru“ fand ich damals klasse. Aber es gab ja auch bei uns nichts anderes. Und ich war 14. Da konnte und durfte ich nicht einfach mal so nach Köln oder Düsseldorf, um die wirklich wichtigen Bands zu sehen. Außerdem war das Taschengeld mehr als spärlich. Eher weniger.
Aber dann hing da dieses Ankündigungsplakat. Schwarzweiß. Groß. Groß die drei Buchstaben: U.F.O. Groß das Bandphoto. Da standen sie, die vier Herren, von denen einer ein Deutscher war. Das wurde ja in den gängigen „Musikheften“ regelrecht zelebriert. „Der deutsche Michael Schenker“. Der begnadete Heavy-Metal-Gitarrist bei einer nicht deutschen Band, die auch noch weltberühmt war. So wollten es „Pop“ und „Popfoto“. Die anderen Bandmitglieder kannte ich eher nicht.
Wie die schon aussahen. „Die sehen aus wie Nutten.“, meinte meine Mutter, als sie das Ankündigungsposter in meinem Zimmer sah. „Nutten“ war so ein Sammelbegriff für rockende Männer mit alternativem Körperimage. Und zugegeben: ich fand das Outfit auch scheiße. Allein schon die Frisuren erschienen mir höchst unpraktisch. Und diese bizarren ärmellosen Shirts. Diese Machostellungen. Mit verschränkten Armen. Provozierender Blick in die Kamera. Nutten eben.
Aber die Musik. Die kannte ich auch kaum; nur die Live-LP. Die fand ich zwar gut, doch hörte sie sich sehr ursprünglich, geradezu dumpf an. Außerdem war Michael Schenker noch nicht dabei. Ich besaß diese LP. Und was ich besaß, war gut. Und wenn so eine weltberühmte Band in Stolberg, dieser kleinen, schmutzigen Industriestadt, spielte, musste ich hin. Auch wenn der Eintritt 15 DM kostete, was für meine finanzielle Situation ein GAU war.
An dem Tag, an dem UFO in Stolberg gastierten, musste ich zur Latein-Nachhilfe. Die kostete pro Stunde 17 DM, war als etwas teurer als das Konzert. Kurz vor 15:00 Uhr ging ich durch die Stadt. Und da kamen sie mir entgegen: vier Männer von offensichtlich weniger gepflegtem Äußeren. Unsicheren Schrittes bewegten sie sich voran. Gekleidet in absonderlicher Garderobe: engste, wild gemusterte Röhrenhosen, der eine in schlangenledernen Cowboystiefeln, deren Fußbett er wohl nicht recht beherrschte, so unsicher war der Gang. Ein anderer in knöchellangem, weißem Lackledermantel. Der nächste in beiger Flokatijacke, die die Grenze zur Flokatifrisur kaschierte. Das waren sie, die Haschbrüder, die Drogensüchtigen, die Radaumacher. Die, die am Abend aufspielen sollten. In fragwürdiger Verfassung.
Rauchend und hohlwangig gingen sie an mir vorbei. Ich sah ihnen nach. Vor der Kneipe „Zum Altertümchen“ blieben sie stehen. Kurz Beratschlagung. Dann gingen sie hinein.
Im Altertümchen wurdeWicküler Pils, Küppers Kölsch, Wibbel Alt ausgeschenkt.
Im Konzert hörte man nicht, dass sie eines dieser Biere getrunken hatten.

Auge
18.07.2003, 17:42
Ob sich die UFO-Leute nach dem Altertümchen gegenseitig die Spitznamen Wicküler Pils, Küppers Kölsch und Wibbel Alt gegeben haben?
Eher nicht, schade eigentlich