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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gernhardt, Robert (fühlt mit)



Clarus
05.07.2003, 02:42
Nordhessen, 1991, Zissel oder sowas ähnliches. Ihr Name ist mir entfallen, aber ich fand sie immerhin so anziehend, dass ich ihr kostenlose Entwürfe für was auch immer versprach.

Ein paar Tage später erfuhr ich, worum es ging: Sie arbeitete bei einem Sozialen Verein, und es sollte ein Fest für Obdachlose geben. Geld war kaum da, aber eine Trumpfkarte war offensichtlich noch nicht ausgespielt worden: Janosch, der diesem Verein irgendwann mal das Nutzungsrecht für ein paar Zeichnungen überlassen hatte, sollte noch gemolken werden.

Nach einigem hin und her ließ sich Janosch dann wohl breitschlagen, 5000 Mark springen zu lassen, er bedung sich aber aus, dass das Geld in ein Hühnerfest gesteckt werden sollte. (Ich bin übrigens im Zuge dieser Angelegenheit in den Besitz eines Briefs von Janosch gekommen, dem man entnehmen kann, dass ein Briefwechsel mit ihm nicht ganz einfach ist. Ich glaube seitdem auch, er mag, genau wie dieser Herr Löwenzahn, eigentlich keine Kinder, weil sie ihn bzw. beide dazu zwingen, immer so viel zu arbeiten.)

Ich sollte die Einladungskarte für dieses Fest gestalten. Und weil es eben ein Hühnerfest sein sollte und ich sämtliche Zeichnungen Janoschs frei verwenden durfte, wählte ich ein Huhn. Parallel dazu fiel mir auch schon der Text ein: "Viel schon ist getan, sprach das Huhn zum Hahn" - und wenn man die Karte aufklappte: "Mehr noch bleibt zu tun, sprach der Hahn zum Huhn".

Klasse, dachte ich, leicht verdiente Anerkennung, wenn schon keine Gelder flossen. Irgendwas in dieser Leichtigkeit aber verdarb aber die vollkommene Freude, ich wusste nur noch nicht, was.

Es war ein schönes Fest, viele Obdachlose aßen gegrillte Hühner und viele Prominente zückten ihr Spenden-Portemonnaie, und neben mir stand Robert Gernhardt. Und plötzlich erinnerte ich mich: Pardon 1975, WimS intim: "Viel schon ist getan, sprach das Wasserhuhn zum Wasserhahn...". Scheiße, der Spruch war von ihm, von Gernhardt. Hoffentlich hat der keine von diesen Einladungskarten gekriegt. Frommer Wunsch. Aber woher soll er eigentlich wissen, wer die gemacht hat? Ich entspannte mich. Robert Gernhardt isst mit spöttischem Gesicht an seinem halben Hühnchen. Fuck, meint der mich mit seinem spöttischen Gesicht? Nein, er nickt mir freundlich zu. Dann ist ja alles okay.

Trotzdem will ich lieber weg, als der Chef von Allem auftaucht und uns freudig gegenseitig vorstellt: Herr Gernhardt, darf ich vorstellen, das ist der Mann, der die Einladungen gemacht hat, deswegen sind ja auch sie gekommen, haha.

Kann man sich sich meine hochnotpeinliche Situation vorstellen? Ich glaube nein. Aber Robert Gernhardt macht gute Miene, beugt sich zu mir und sagt ganz leise: "Dass der Spruch von mir ist, wissen sie aber?"

Was für ein sympathischer Mensch.

Klede
05.07.2003, 03:08
Was ich nicht verstehe: warum ist Gernhardt nett, nur weil er nochmal klar stellt, dass der Spruch von ihm ist? Ich meine, das war doch in dem Moment eh klar, oder? Warum muss er das nochmal ansprechen und warum finden Sie das nett bzw. sympathisch? Waere es nicht netter gewesen, den peinlichen Umstand gar nicht erst zu erwaehnen?

Clarus
05.07.2003, 03:30
Nett ist der Umstand, jenen peinlichen Umstand nicht so laut erwähnt zu haben, dass der Mann, der uns vorher vorstellte und quasi mein Auftraggeber war, ihn hätte mitbekommen können. Die ganze Sache blieb sozusagen unter uns. Was dazu führte, das ich von diesem Verein noch viele, dann bezahlte, Aufträge erhielt.

DonDahlmann
05.07.2003, 03:42
Ich warte als Mensch ohne Meinung mal ab, was KC dazu sagt.

Aporie
05.07.2003, 09:47
Mir gefällt diese Geschichte.

MC Hausmacherleberwurscht
06.07.2003, 13:40
Ja, mir auch. Hühnerfest, ja, wieso nicht. Für bedung gibt es Zusatzpunkte. Bleibt die Frage: Wenn Huhn und Hahn gegrillt und von Gernhardt verspeist wurden - wer macht die im Sinnspruch angemahnte Arbeit?