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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ekpo-Umoh, Florence (Nachruf)



Edgar_Biller
23.06.2003, 10:07
Florence Ekpo-Umoh war eine der besten deutschen 400-Meter-Läuferinnen. Mit der Staffel gewann sie vergangenes Jahr die Goldmedaille bei der Leichtathletik-Europameisterschaft, bei der letzten Weltmeisterschaft wurde sie Zweite. In Nigeria geboren, setzte sie sich irgendwann während eines Trainigslagers ab und lebte fortan in Deutschland. Wie bei Spitzensportlern üblich, bekam sie recht bald die deutsche Staatsbürgerschaft, was aber gar nicht nötig gewesen wäre, da sie kurze Zeit später ihren Trainer heiratete, was in der Branche nicht unüblich ist, jedenfalls so rum, in der Konstellation junge Leichtathletin - alter Übungsleiter. Gestartet ist sie für den USC Mainz, gewohnt hat sie in Kassel. Hier konnte man sie ab und zu in der Königsstraße, der Kasseler Einkaufsmeile, sehen und bewundern - in ihren teuren Kleidern und bei der athletischen Figur immer ein Blickfang. Die Hellste ist sie nicht gewesen, dieser Eindruck verfestigte sich nach der Ansicht gelegentlicher Interviews im TV immer stärker. Zwar seien ihr Probleme bei der Artikulation in der neuen Landessprache zugestanden, trotzdem wirkte sie immer ein bisschen doof und begriffsstutzig, ähnlich wie seinerzeit Ben Johnson –Menschen eben, die eigentlich nur eine Sache richtig gut können, nämlich schnell laufen, und ansonsten ihre Lebensplanung anderen überlassen, die dafür abkassieren.
Mit Ben Johnson hat sie auch das Dopingmittel Stanozolol gemein, auf das sie im Januar 2003 positiv getestet wird. Nach der positiven B-Probe und halbherzigen Dementi des Managements verhängt der Leichtathletik-Verband im März eine zweijährige Sperre. Der Verein stellt seine Zahlungen ein, die Sponsoren, darunter Walter-Fenster, springen ab. Der Manager und Ehemann in Personalunion spricht von ungerechtfertigten Vorwürfen. Florence Ekpo-Umoh steht vor dem Ende ihrer Profikarriere.

Letzten Samstag machte ich mich mit zwei schweren Taschen voller Altpapier und Altglas auf den Weg Richtung Straßenbahnhaltestelle. Mein Plan war, die Sachen in die dort aufgestellten Container zu entsorgen und anschließend die Bahn Richtung Stadtmitte zu besteigen. Ich kaufe gern im dort gelegenen Supermarkt der tegut-Kette ein. Die Sachen sind schöner aufgebaut und ökologische und konventionelle Produkte werden im Sortiment gleichwertig berücksichtigt. Meine Straßenkreuzung in einem Stadtteil, der in New York die Bronx wäre, beginnt sich gerade in eine Großbaustelle zu verwandeln. Bis in den Herbst hinein sollen die Umbaumaßnahmen dauern. Als ich den Platz mit den Containern erreichte, gab es dort nur zwei große Löcher im Boden, die Container hatte man abtransportiert. Fluchend musste ich den Weg zum 500 Meter entfernten, aber in entgegen gesetzter Richtung zur Haltestelle gelegenen Riesensupermarkt einschlagen, der in der relativ kurzen Zeit, die ich hier wohne, schon dreimal den Namen gewechselt hat. Dort kaufe ich wegen der gigantomanischen Ausmaße und dem unsympathischen Publikum nur sehr ungern ein. Aber jetzt nach dem Leeren meiner Recyclingtaschen zurück und eine Viertelstunde auf die nächste Bahn warten musste auch nicht sein. Also heute mal zwischen all den Prolls die Wochenendbesorgungen erledigen. Nach der Runde eingereiht in eine der fünfzehn Kassenschlagen. Hoch beladene Wagen vor mir mit Rieseneinkäufen, von denen ich nicht weiß, wann die Leute das jemals alles essen wollen, obwohl sie schon so aussehen, als könnten sie, lassen mich nur langsam vorankommen. Aber bei einer Schlange geht schon minutenlang gar nix, also mal hingeschaut. An der Kasse gestikulierende Kunden und zwei Mitarbeiterinnen des Einkaufsmarktes, die im Stehen auf die schwarze Frau einreden, die teilnahms- und bewegungslos auf ihrem Kassiererinnenstuhl sitzt, keinesfalls so wirkt, als sei sie den Tränen nah, sondern als übersteige das alles ihren Horizont meterweit, und durch ein Schildchen auf ihrem weißen Kittel als „Frau Ekpo-Umoh“ ausgewiesen wird.

Murmel
23.06.2003, 10:14
Sehr traurige, aber gute Geschichte. Ich wurde bei McDonald's am Alexanderplatz mal von einem Mann bedient, auf dessen Namensschild "Es bedient sie Dieter Zurwehme" stand. Der konnte auch laufen. Der echte Zurwehme zumindest.

Aporie
23.06.2003, 13:54
Sehr schön. Die Pointe würde allerdings besser wirken ohne ihre Erklärung im letzten Absatz.

DREA
26.06.2003, 15:15
Was Aporie sagt. Beides. Was macht eigentlich Mark Spitz so, heutztage? Oder Wolfgang Overrath?

Der Admiral
26.06.2003, 15:22
Heute ist der Familienvater - zwei Söhne (34 und 31), eine adoptierte Tochter (11) - selbstständiger Kaufmann. (Morgenpost über Overath)
Das könnte alles und nichts sein.

Edgar_Biller
27.06.2003, 09:36
Der letzte Absatz sollte die Traueranzeige sein. Aber wenn DREA UND Aporie das sagen, mach ich den jetzt weg.

Knappe Wamba
30.07.2010, 16:13
Wuchstrang zur EM.

E. Biller - Danke. Unvergessenbare Kassensituation.