Pfitzmann, Günter (riet mir vom Kauf ab)

[Brigitte Aust]

Seit Jahrzehnten fuhr ich im September nach Sylt; wegen der angenehmen Gleichförmigkeit ist mir die genaue Jahreszahl des Geschehens entfallen. Es war also vor einigen Jahren... in einem großen Möbelgeschäft.
Flair und Ambiente des Ladens – und vielleicht eine berufliche Chance - vermittelt die Homepage:
http://www.berufe-sylt.de/Einzelhandel/Anne_Hoppe/anne_hoppe.html
Wohlhabende Inselbewohner lassen sich hier ihre Wohnungen oder Häuser ausstatten, ärmere Gäste kaufen schon mal Kerze,Tasse, Seife,Postkarte, Christbaumschmuck.
Die Bandbreite der großzügig ausgebreiteten Möbel, Textilien und Accessoires ist imposant, vor allem für den Feriengast aus der Provinz: so friesisch-asiatisch – ja , und dann gibt es noch unsagbar scheußliche , aber faszinierende Teile wie ein großes schwarzes Sofa auf Beinchen, bestückt mit gewaltigen Leopardenmuster-Plüschkissen. Bestimmt fast so hoch wie ich, ca. 163 cm!
Zufälligerweise trug ich an jenem Tag eine Leopardenmuster-Plüschweste und hielt nun prüfend den quasi grossen Bruder meiner Weste in die Höhe und erwog ernsthaft seine sündhaft teure Anschaffung.
In tiefes Nachdenken versunken, hatte ich doch im Hintergrund ein Raunen und Gesumme im Laden wahrgenommen. Günter Pfitzmann ist da! Und richtig: die unverkennbare Stimme schwebte im Raum. Sehen konnte man den berühmten Insel-Stammgast nicht – er steckte irgendwo in weiter Ferne hinter einem Friesenschrank oder Handtuchberg. Fast geisterhaft verstand man aber jedes seiner Worte, obwohl ganz unangestrengt dahingesagt. Eine tragende Stimme der alten Schauspielschule eben.
Nie ein Pfitzmann-Fan gewesen, widmete ich mich wieder ganz dem kontemplativen Hochhalten des Riesenkissens. Da erschallte es - diesmal ganz nahe: „Wenn Sie sich det Kissen koofen, findet Sie uff Ihrem Sofa kein Mensch wieda“. Langsam erwachte ich aus Trance, Kissenwahn und Konsumrausch.
Ein echter Weiser hatte zu mir gesprochen: lässig, seelenruhig, freundschaftlich, unaufdringlich, nicht-applausheischend, so im Vorbeigehen. Seitdem bin ich Pfitzmann-Fan und bei der Nachricht über seinen Tod summte mir dieser unaufgeregte Ratschlag wieder im Ohr. Nach Sylt fahr ich jetzt auch nicht mehr so oft.

[DonDahlmann]

Du und die Tigerin, ihr werdet bestimmt so... fuchtelt mit den Fingern rum

[Klede]

Das ist eine sehr nette Anekdote, klassische Paparazzibegegnung, wie ich sie schon laenger nicht mehr hier gelesen habe.

[Goodwill]

Absolut solide Beobachtungsarbeit. Und Pfitze - wie wir Berliner sagen - würde sich auch freuen; möglicherweise sogar wie Bolle.

[vir]

Ja, die Weste schmerzt, aber eine so erfreuliche Geschichte darf ruhig auch ein bisschen wehtun

[Klingeltonk]

Ich kam vor einigen Tagen zufällig ans Pfitzmanngrab, genau so zufällig, wie man eben so an Volksschauspielergräber gerät. Der Grabstein selber scheint eine in den Boden eingelassene Steinplatte zu sein, die allerdings nicht zu erkennen war, weil die Groupies überall Blumen und in Klarsichtfolie eingepackte Widmungen („Lieber Pfizze!...Dein Dieter aus W.“) darüber verteilt hatten. Um diese Platte herum im Kreis standen aufgebockte Kränze vom Bundespräsidenten, vom Bürgermeister, von Barbara Schöne („Meinem Ideal“) und wer noch so alles Geld und Andacht überhatte. Dazwischen stand ein Dutzend schwer erträglicher Westberliner, die nachgucken wollten, wer keinen Kranz geschickt hatte. Das ganze Arrangement sah mehr nach einem Tanzplatz für Apachenmedizinmänner aus, die vorher eine Fleuropfiliale überfallen haben und sich nachher unter Einwirkung von halluzinogenem Gurkensalat bewußtlos getanzt hatten.

Ich fordere natürlich ein Paparazziforum für Gräber, Beisetzungen und Seebestattungen. Da kann man z.B. schreiben: Im Fernsehen sah der Grabstein viel größer aus. Oder: Ich gehe also nichtsahnend über den Waldfriedhof.

[U_Sterblich]

Entschuldigung, trotzdem möchte ich an dieser Stelle mal darauf hinweisen, dass "det" nicht Berlinerisch ist, so sagt man hier einfach GAR NICHT, und ich weiß auch nicht, warum alle Schwaben immer denken, dass wir so sagen, denn wir sagen "dit".
Dit, dit, dit.

[Jeremy]

An dieser Stelle möchte ich mal ganz zart widersprechen. Es gibt in Berlin auch eine lange "det"-Tradition. Erst in letzter Zeit, so dreissig Jahre schätz ich mal, hat sich das "det" ins "dit" verschoben. Was man zugeben muss, ist, dass auch das e in "det" schon immer etwas i-ig, bzw. das i in "dit" etwas e-ig ausgesprochen hat.

Ich glaube also insgesamt, dass es schon i. O. ist, wenn da oben steht det. Weil ja auch Pfitze, nu gut, alte Schule, Preisklasse Juhnke, wird schon so sein.

[roger]

tigerweste und auf sylt kerzen kaufen – brigitte aust ist sissi perlinger!

[Brigitte Aust]

Sie haben natürlich recht: Herr Pfitzmann hat es bestimmt korrekt gesagt. Fremde Dialekte nachzuahmen ist mir zuwider, man macht immer Fehler. Aber ich wollte halt die Geschichte erzählen, die Herrn Pfitzmann zur Ehre gereicht. Gegen den 'Schwaben' verwehre ich mich allerdings.
Gruß
Brigitte Aust



Ursprünglich gepostet von U_Sterblich
Entschuldigung, trotzdem möchte ich an dieser Stelle mal darauf hinweisen, dass "det" nicht Berlinerisch ist, so sagt man hier einfach GAR NICHT, und ich weiß auch nicht, warum alle Schwaben immer denken, dass wir so sagen, denn wir sagen "dit".
Dit, dit, dit.

[U_Sterblich]

Gegen den Schwaben verwehren sich immer alle, das ist das erheiternde an der Sache.

[Herr Weber]

Herr Weber auch!

[Herr Genista]

Ich verwahre mich gegen die Unterstellung, ich dächte es hiesse "det", nur weil ich weiß, daß in eine Breschdlingsgredda keine Grombiera gehören.

[Ruebenkraut]

typisch berlin, streiten sich um dit un det.
viel schwieriger ist folgendes: in bayern sagen ja viele so was wie : "firt ti" zum abschied. in einigen bayerisch-dialektisch geschriebenen texten heißt das "pfüat di". ich habe genau hingehört. niemand, wirklich niemand sagt "pfüat di", allenfalls pfiat di, aber meist doch "fiert ti". manchmal hängt noch ein "gott" dran, den hängen die hier an vieles dran, auch an schulklassenzimmerwände.
dit und det, das ist ja nun wirklich sowas von scheißegal. aber die berliner bilden sich ja immer ein, ihr problem wär ein ganz großes, das von keinem übertroffen wird.

[stu]

ich würde an dieser stelle gerne mal ganz zart fragen wie man auf berlinerisch eigentlich eins, zwei, drei sagt. tut hier nichts zur sache, interessiert mich aber.

ansonsten: herzlich willkommen bei den anonymen paparazzi frau aust.

[Murmel]

Det, dit und noch eens.

[stu]

murmel, das ist es ja, die zwei fehlt. in meinem kopf.

[joq]

"Was ist das denn?" heißt in Berlin:

"Fotzen Titte?"

[Ignaz Wrobel]

stu, ist es nicht so, daß die drei fehlt? Ich meine: Eens, zwee, gsuffa? Oder?

[stu]

das ist oans, zwoa und gehört nicht hier hin. sondern dahin wo murmel ist.

[Jeremy]

Ich möchte an dieser Stelle drauf hinweisen, dass es lediglich exakt einen (in Zahlen: 1!) Experten für geschriebenes Berlinisch gibt.

Es handelt sich dabei um den scheuen, schauen Fil, der massgeblich & gesetzgebend ist in allen Zweifelfällen. Punktum.

[Ignaz Wrobel]

Oder frosch 2, der würde es auch wissen. Für Ostberlin, logo.

stu, gut erkannt! Ja, aber die haben ja dann dasselbe "Problem", die in Bayern! oans, zwoa, ......? Da versagt das Sprachgefühl.

[stu]

drei. da tut sich nichts. fei.

[Ignaz Wrobel]

hm.

[klesk]

ja, entweder der oder mein kumpel randolph, der die aussergewöhnliche fähigkeit hat, mit seinem unablegbaren, exotikzertrümmerndem hardcoreberlinern einem karibikurlaub in einem kaff namens buccoo das feeling eines ausflugs nach buckow zu verleihen. gloobt ihr nich, wa, is aber so.

[rron]

Verrückt. Fast wie beim "weiß" in "ich weiß" und in "die Farbe weiß". Da versagen Nichtberliner und Nichtbayern gleichermaßen.

[U_Sterblich]

Während aber die Bayern "Weißbier" sagen und die Berliner aber nicht, rron. Eat this, Keule.

[stu]

i woas.

[rron]

Dafür sagen Bayern zu fünf Weißbieren "Mädchenfrühstück". Da stimmt doch was nicht.

[U_Sterblich]

Zum Glück habe ich mich von Menschen dieser Nationalität immer fern gehalten. Also, ich hab nichts gegen die, aber die sollen besser mal unter sich bleiben.

[stu]

sterbu, du sollst doch nicht immer lügen.

[Murmel]

Soso. Drei Jahre in München leben und dann von fernhalten sprechen, Frau Sterblich. Da stimmt doch was nicht.

[U_Sterblich]

Das war nicht ich! Das war ich gar nicht!

nervös ab

[stu]

ich sag jetzt auch nichts über diese serviette in der bar.

[U_Sterblich]

STU!

[stu]

gnihi.

[stu]

pfeift vor sich hin.