Richard.Havelka
25.03.2003, 21:32
Prominenz, Prominenz. Stars, wilde Partys, Glamour und rund um einen herum sich gegenseitig überschwänglich grüßende Leute. Es gab eine Zeit, da wollte ich unbedingt dabei sein. Oder eher: dabei stehen. Nicht für das Gefühl dazuzugehören. Nein, Prominenz war mir so etwas von egal, aber, eines ist doch klar: Es braucht schon ein paar Stars um einen herum, damit das Egalfinden einigermaßen glaubwürdig rüberkommt, oder?
Ich war knapp zwanzig und zu Besuch bei einer etwas älteren Freundin in Berlin, die als Künstlerin hauptsächlich damit beschäftigt war, auf Partys und Ausstellungseröffnungen herumzuhängen, um „Kontakte zu knüpfen“; sie war also dauernd dort, wo ich hinwollte, nämlich zwischen Prominenten. Das war (unter anderem) ein Grund gewesen, sie zu besuchen, was ich aber natürlich nicht zugeben konnte, weil mir das ja eigentlich völlig egal war - was sie, wie sie betonte, auch an mir schätzte, woraufhin wir eine Woche lang Ausflüge ins Grüne machten. Und sie waren gut und schön diese Ausflüge, man kann nichts anderes sagen, als dass wir eine gute Zeit hatten.
Und trotzdem konnte ich in der letzten Nacht nicht schlafen, weil ich das Gefühl hatte, etwas verpasst zu haben. Ich stand wieder auf, zog mich an und ging eine Runde spazieren, um mir Gedanken über das Glück zu machen und wo man es finden könnte und um bei der Gelegenheit noch Zigaretten zu kaufen. Ich bog gerade um die Ecke, als Jürgen Vogel auf Rollerblades knapp an mir vorbeiraste. Dass jemand wie Jürgen Vogel nachts auf Rollerblades in einer ziemlich dämlichen Gegend Berlins alleine herumfährt, ließ meine Gedanken eher Richtung „Glück findet man auf Ausflügen mit unbedeutenden aber netten Leuten im Grünen“ tendieren.
Ich zog gerade meine Zigaretten aus dem Automaten, als erneut Jürgen Vogel auf Rollerblades an mir vorbeizog. Er sah eher genervt als glücklich aus. „Hey, ich war heute am Wannsee und habe mit einer netten Frau Beach-Ball gespielt und das war toll“, hätte ich ihm am liebsten zugerufen. Aber das hätte er natürlich nicht verstanden und mich ziemlich blöd aussehen lassen. Also rief ich nichts, zündete mir eine Zigarette an und ging weiter. Nach weniger als zwei Minuten begegnete mir wieder Jürgen Vogel auf Rollerblades und sein nun schon beinahe gequälter Gesichtsausdruck ließ geradezu Mitleid in mir aufsteigen. Ich war mir inzwischen fast sicher, dass das Schicksal sich beim Entwurf meines Lebens etwas gedacht haben könnte und mir jetzt ein wenig beleidigt und ziemlich aufdringlich die Alternativen aufzeigte. Gedankenversunken und auch etwas verwundert über das wiederholte Erscheinen von Jürgen Vogel auf meinem Spazierweg ging ich bis zum Ende des Blocks, bog in die abzweigende Strasse ein und befand mich plötzlich mitten in Filmaufnahmen. „Alle wieder auf die Plätze, das machen wir noch mal. Licht?, Ton? Und ab.“ Eine Café-Szene. Jürgen Vogel auf Rollerblades kommt um die Ecke, fährt zu einer Frau an den Tisch, zwei belanglose Sätze und noch mal das selbe.
Nun konnte ich mir zwar nicht mehr einbilden, dass Prominente, wenn sie nicht auf Partys abhängen allein und verzweifelt um die Blocks kurven, aber auch das was ich sah war alles andere als glamourös. Drei, vier mal habe ich dem Prozedere zugeschaut, habe nie verstanden was daran immer noch nicht in Ordnung war und bin dann, ein wenig ermüdet, wieder gegangen.
O.k., es war nur Jürgen Vogel und bestimmt nur irgendeine belanglose TV-Produktion, aber es reichte für das Happy End eines kleinen persönlichen Dramas, das man an diesem Abend am Rande der Dreharbeiten hätte beobachten können, in Gestalt eines unscheinbaren Heranwachsenden der an seiner Zigarette ziehend mit den Achseln zuckte, sich umdrehte, losschlurfte und plötzlich mit seinem Leben sehr einverstanden war und sich auf ein angewärmtes Bett freute.
Ich war knapp zwanzig und zu Besuch bei einer etwas älteren Freundin in Berlin, die als Künstlerin hauptsächlich damit beschäftigt war, auf Partys und Ausstellungseröffnungen herumzuhängen, um „Kontakte zu knüpfen“; sie war also dauernd dort, wo ich hinwollte, nämlich zwischen Prominenten. Das war (unter anderem) ein Grund gewesen, sie zu besuchen, was ich aber natürlich nicht zugeben konnte, weil mir das ja eigentlich völlig egal war - was sie, wie sie betonte, auch an mir schätzte, woraufhin wir eine Woche lang Ausflüge ins Grüne machten. Und sie waren gut und schön diese Ausflüge, man kann nichts anderes sagen, als dass wir eine gute Zeit hatten.
Und trotzdem konnte ich in der letzten Nacht nicht schlafen, weil ich das Gefühl hatte, etwas verpasst zu haben. Ich stand wieder auf, zog mich an und ging eine Runde spazieren, um mir Gedanken über das Glück zu machen und wo man es finden könnte und um bei der Gelegenheit noch Zigaretten zu kaufen. Ich bog gerade um die Ecke, als Jürgen Vogel auf Rollerblades knapp an mir vorbeiraste. Dass jemand wie Jürgen Vogel nachts auf Rollerblades in einer ziemlich dämlichen Gegend Berlins alleine herumfährt, ließ meine Gedanken eher Richtung „Glück findet man auf Ausflügen mit unbedeutenden aber netten Leuten im Grünen“ tendieren.
Ich zog gerade meine Zigaretten aus dem Automaten, als erneut Jürgen Vogel auf Rollerblades an mir vorbeizog. Er sah eher genervt als glücklich aus. „Hey, ich war heute am Wannsee und habe mit einer netten Frau Beach-Ball gespielt und das war toll“, hätte ich ihm am liebsten zugerufen. Aber das hätte er natürlich nicht verstanden und mich ziemlich blöd aussehen lassen. Also rief ich nichts, zündete mir eine Zigarette an und ging weiter. Nach weniger als zwei Minuten begegnete mir wieder Jürgen Vogel auf Rollerblades und sein nun schon beinahe gequälter Gesichtsausdruck ließ geradezu Mitleid in mir aufsteigen. Ich war mir inzwischen fast sicher, dass das Schicksal sich beim Entwurf meines Lebens etwas gedacht haben könnte und mir jetzt ein wenig beleidigt und ziemlich aufdringlich die Alternativen aufzeigte. Gedankenversunken und auch etwas verwundert über das wiederholte Erscheinen von Jürgen Vogel auf meinem Spazierweg ging ich bis zum Ende des Blocks, bog in die abzweigende Strasse ein und befand mich plötzlich mitten in Filmaufnahmen. „Alle wieder auf die Plätze, das machen wir noch mal. Licht?, Ton? Und ab.“ Eine Café-Szene. Jürgen Vogel auf Rollerblades kommt um die Ecke, fährt zu einer Frau an den Tisch, zwei belanglose Sätze und noch mal das selbe.
Nun konnte ich mir zwar nicht mehr einbilden, dass Prominente, wenn sie nicht auf Partys abhängen allein und verzweifelt um die Blocks kurven, aber auch das was ich sah war alles andere als glamourös. Drei, vier mal habe ich dem Prozedere zugeschaut, habe nie verstanden was daran immer noch nicht in Ordnung war und bin dann, ein wenig ermüdet, wieder gegangen.
O.k., es war nur Jürgen Vogel und bestimmt nur irgendeine belanglose TV-Produktion, aber es reichte für das Happy End eines kleinen persönlichen Dramas, das man an diesem Abend am Rande der Dreharbeiten hätte beobachten können, in Gestalt eines unscheinbaren Heranwachsenden der an seiner Zigarette ziehend mit den Achseln zuckte, sich umdrehte, losschlurfte und plötzlich mit seinem Leben sehr einverstanden war und sich auf ein angewärmtes Bett freute.