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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Johnston, Daniel (bekommt was zu essen)



Jost Breuer
20.02.2003, 22:28
In einem Zeitungsartikel las ich einst ein paar wenige Zeilen über dieses Forum. Der Text war nicht sehr lang geworden, beschäftigte sich jedoch mehr als zur Hälfte nur damit, dass ja „auch Max Goldt, Hermes Phettberg und Fritz Ostermayer“ im „Alles Bonanza“-Forum regelmäßig ihre Beiträge schrieben. Als ich mich dann sehr viel später auch selbst angemeldet hatte, zählte ich erst einmal kurz durch: Phettberg hatte durchaus so einiges „gepostet“, Max Goldt jedoch sich nach nur acht Beiträgen wieder davon gemacht (vermutlich passte ihm irgendwas nicht), Fritz Ostermayer schrieb gar nur einen Text. Und doch wurde vor allen Dingen Goldt im besagten Text immer wieder als schlagendes Argument für die Qualität der „Alles Bonanza“-Webseite genannt. Ich überlegte im Anschluss, ob alleine die Aussage „Max Goldt treibt sich da rum“ als Wegweiser in die goldene Welt der Geschichten, Lügen und sprachlich fein arrangierten Phantastereien zu gebrauchen ist. Ich breche hier ab, denn Goldt kann nichts für das offensichtlich recht blinde Fantum des Zeitungsmenschen; und nein, nicht überall wo Goldt seinen Körper hinschwingt, wird wohl auch gleich konsequente Anmut vorherrschen. Der Mann geht schließlich auch mal auf die Toilette. Was weiß ich.

Ich weiß aber, was Daniel Johnston und Max Goldt gemeinsam haben! Beide werden überwiegend vorbehaltlos von der Presse verehrt. Goldt, weil ihm keiner so recht auf die Schliche kommen kann und er sich eitel verweigert; Johnston, weil die Deppenjournalisten das Unbegreifbare ausnahmsweise auch mal als unbegreifbar hinnehmen und daher nur „Oh ja“ wispern. Schön muss es sein in der Wohnung von Jemandem, der ein Goldt-Buch liest und dazu eine Vinyl-Ausgabe von Daniel Johnston hört. Ich sage mal: Studentinnen-Venusfalle, aber wieso auch nicht.

Daniel Johnston hat im Juni 1999 einen einzigen Live-Auftritt in Berlin gespielt. Johnston ist ein an Schizophrenie erkrankter Mann, der alle paar Dekaden in einem beliebigen Menschen den Satan erkennt und diesen daraufhin aus dem Fenster schmeißt oder sonst wie umbringen will. Ein ganz normaler Irrer, würde der Volksmund greinen, aber Johnston malt und singt seine etwas merkwürdige Weltkamera seit Jahren. Das findet ein zumindest kleiner Teil des Volksmunds recht gut. Es erschallen geklimperte Klavier-Rotzer, dazu die gekrächzten sehnsuchtsvoll-vitriolen Texte, die Melodie ist zumeist kein Thema. Alles Lo-Fi, alles amateurhaft und „gerade das ist ja das Faszinierende, dieses direkte, nicht verstellte beim Daniel“ sagt mein Bekannter Peter.

Peter ist Gelegenheitsautor und wurde beauftragt, sich zu dem Konzert hinzubegeben und hinterher einen Bewunderungstext zu schreiben. „Feuilleton-Nutte“, dachte ich still bei mir. Doch er hatte zwei Karten bekommen, und deshalb lud er mich ein, ihn zum Gig zu begleiten und ich nahm gerne an. Zunächst gingen wir jedoch noch zu einer am Veranstaltungsort (die verschissene Volksbühne, wo auch sonst) gelegenen Filiale der Fast-Food-Kette McDonald’s, um dort eine Kleinigkeit zu essen.

Vor uns in der Schlange standen zwei ältere, kleingewachsene Männer, die angespannt auf Englisch miteinander sprachen. „He wants 20 Nuggets, he wants French Fries, he wants three Hamburgers, he wants Coke and so on. I don’t know if I shall get this all for him. He maybe won’t eat it, I am sure, he won’t eat it, he never eats it when I bring it to him, it’s just a game.” Der andere Mann sagte nur so etwas wie “But if you don’t bring the food to him, he will be very upset. You might better bring it to him.” Der kleinere der Beiden schnaufte ein kurzes “You’re right” und orderte entsprechend das Essen beim Personal.

Hinterher klärte mich Peter auf, dass der eine Mann der Vater von Daniel Johnston gewesen ist. Einfach muss es Herr Johnston mit seinem Sohn nicht haben, denn Peter wusste auch zu berichten, dass Daniel Johnston seinen Vater während eines gemeinsamen Flugs in einer Kleinmaschine attackiert hatte. Das war insofern gefährlich, als das Herr Johnston Senior die Maschine flog, und, so Peter, seinen Sohn nur mit Mühe davon abhalten konnte, einen Absturz herbeizuführen. „You might better bring it to him“, dachte ich leicht erschaudernd. Einige Zeit später sah ich auf der Bühne einen dicklichen, unsicher wirkenden Mann, der ein ordentliches Konzert spielte und nur ob der gelegentlichen technischen Störungen (und der anbiedernden, durch spitze Schreie während der Stücke ausgerufenen Begeisterung aus dem Publikum) etwas verschreckt war. Vielleicht war es auch Abneigung

Birger Sellin
20.02.2003, 22:33
Das Wort Fantum verrät dich, du Pseudoneuling! (Nein, der ganze Rest eigentlich auch.)

Ignaz Wrobel
20.02.2003, 23:01
Gekonnt gemacht, lässig und nett abgeschwiffen!

Du komischer Birger, ich bins nicht, falls Du das meinst.

oliverk
20.02.2003, 23:42
"Doch er hatte zwei Karten bekommen, und deshalb lud er mich ein"

Mein Bruder empfand als abstoßend die Reaktion des Publikums bei Johnstons Konzert in Bremen 2002. Dieses Los-Daniel-jetzt-schaffst-du´s-Klatschen nachdem dieser ein-, zweimal absetzte.
Johnston ließ sich davon jedoch nicht sonderlich beeindrucken. Und dann erklärte er, er möge Germany, weil er etliche seiner Spielzeugpanzer hier gekauft habe.
Ich hatte schon Kopfschmerzen. Später auf dem Weg zum Klo stand er dann vor mir, weil die Tür zu seinem Kabuff neben den Becken sich befand.